Lobauautobahn: Fossiles Verkehrsmonster oder einfach nur Auslaufmodell?
Essling – Die Initiative Esslinger für die Lobau lud am Montagabend zu einer gut besuchten Vortragsveranstaltung in den Pfarrsaal Essling. Unter dem Titel „Verkehrshölle Essling adieu?“ präsentierte der Verkehrsplaner Ulrich Leth von der Technischen Universität Wien fundierte Analysen und Alternativen zur umstrittenen Lobauautobahn.
Vor über hundert interessierten Bürgerinnen und Bürgern legte Leth dar, warum neue hochrangige Straßen wie die Lobauautobahn nicht zur erhofften Entlastung der Donaustadt führen werden – im Gegenteil: Sie könnten bestehende Probleme noch verschärfen.
Mythos Entlastung
Obwohl Politik und Wirtschaft den Bau der Lobauautobahn mit Versprechen wie Entlastung der Tangente, weniger Durchzugsverkehr und wirtschaftlichem Aufschwung bewerben, widersprechen aktuelle Studien dieser Erzählung. Leth zeigte auf, dass das Verkehrsaufkommen in Wien trotz Bevölkerungswachstums in den letzten Jahren rückläufig ist – eine Entwicklung, die sich durch konsequente Maßnahmen im öffentlichen Verkehr weiter fortsetzen ließe.
Eine neue Autobahn hingegen würde zusätzlichen Verkehr erzeugen, zu mehr Zersiedelung führen und die städtischen Zentren weiter entleeren. Auch das oft bemühte Arbeitsplatzargument hält einer kritischen Prüfung kaum stand: Der Straßenbau schafft vergleichsweise wenige, zudem nur kurzfristige Jobs – deutlich weniger als Investitionen in den Ausbau von Öffis oder verkehrsberuhigende Maßnahmen.
Alternative Wege zur Verkehrswende
Leth betonte, dass Wien seine selbst gesetzten Klimaziele nur erreichen könne, wenn der Anteil des motorisierten Individualverkehrs bis 2030 halbiert werde. Dafür seien gezielte Schritte nötig: ein massiver Ausbau des öffentlichen Verkehrs, attraktivere Taktungen, strengere Tempolimits, durchdachte Parkraumbewirtschaftung und neue Regelungen für Stellplätze in Wohnanlagen.
Viele Besucherinnen und Besucher kamen nach dem Vortrag zum Schluss, dass die Verkehrspolitik Wiens und des Bundes längst nicht mehr den Anforderungen der Zeit entspricht – und eine grundlegende Neuausrichtung nötig ist.
Ein Projekt von vorgestern
Nicht zuletzt rief Leth auch die Probleme des Tunnelprojekts in Erinnerung: Er legte wissenschaftlich seriös dar, dass eine Lobauautobahn die Verkehrssituation in Essling, Aspern und in der Region insgesamt nicht entspannen würde. Anhand aktuellerrStudien zeigte er auf, dass einerseits das KFZ-Verkehrsaufkommen in Wien trotz wachsender Bevölkerung in den vergangenen Jahren sinkt, andererseits eine Lobauautobahn wieder mehr Verkehr anziehen würde.
Die Menschen würden wegen des Grundpreisgefälles noch stärker ins Umland siedeln und damit die Entkernung der städtischen Zentren beschleunigen. Selbst das oft bemühte Arbeitsplatzargument wurde entkräftet: Gerade Straßenbau beschäftigt im Vergleich zu verkehrsberuhigenden Infrastruktur- oder Schienenprojekten wenig Menschen. Und das nur kurzfristig.
Die Initiative Esslinger für die Lobau wies darauf hin, dass die geplanten Baustellen und der Betrieb der Lobauautobahn das sensible Ökosystem des Nationalparks massiv beeinträchtigen würden. Luft- und Wasserverschmutzung, Lärmbelastung sowie irreversible Schäden an Flora und Fauna seien zu befürchten. Besonders kritisch sei die geplante 50 Meter tiefe Baugrube bei der Stadler Furt und das Abpumpen von Grundwasser – Maßnahmen, die nicht nur das Landschaftsjuwel „Elferl“, sondern auch den Großenzersdorfer Arm bedrohen würden.
Vor diesem Hintergrund wird einmal mehr deutlich: Die Lobauautobahn steht sinnbildlich für ein überholtes Verkehrskonzept – und für ein fossiles Denken, das sich die Region auf lange Sicht gesehen nicht mehr leisten kann.