Jüngster Greenwashing-Betrug von Umweltverschmutzern aufgedeckt
Im Rahmen des EU- Clean Industrial Deal hat die Kommission die Veröffentlichung des Delegierten Rechtsakts für kohlenstoffarmen Wasserstoff beschleunigt. Eine neue Untersuchung von Corporate Europe Observatory zeigt, wie große fossile Ölkonzerne Lobbyarbeit betreiben, um Emissionsbilanzierungsmodelle zu verfälschen und so die irreführende Bezeichnung von aus fossilem Gas hergestelltem Wasserstoff als „sauber“ zu ermöglichen. Dies könnte den Weg für Milliarden neuer Subventionen für fossile Brennstoffprojekte ebnen, die die Klimakrise verschärfen.
Eine dreistufige Strategie zum Greenwashing von Wasserstoff
Belén Balanyá, Forscherin und Aktivistin bei Corporate Europe Observatory, erklärt: „Trotz aller Greenwashing- und Lobbykampagnen war bereits vor einigen Jahren klar, dass die Lobby der fossilen Brennstoffe in Bezug auf Wasserstoff eine klare Drei-Stufen-Strategie verfolgt. Zunächst überzeugten sie die EU, Wasserstoff als den „sauberen“ Brennstoff der Zukunft zu akzeptieren, und zwar durch regulatorische und finanzielle Unterstützung für grünen Wasserstoff. Im nächsten Schritt drängen sie weiterhin auf die Unterstützung von blauem Wasserstoff. (aus fossilen Brennstoffe wie Erdgas, Kohle oder Öl erzeugt, kombiniert mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung/unterirdischer Lagerung des Co2)
Im dritten Schritt geht es darum, „jede Art von Wasserstoff“ zu akzeptieren, unabhängig von seinem fossilen Ursprung, da es einfach nie genug grünen oder blauen Wasserstoff geben wird. Bis dahin werden Jahre ohne einen konkreten Plan für einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen vergangen sein, die Umweltverschmutzer werden das Geld der Steuerzahler kassiert haben und die fossilen Brennstoffe und ihre Infrastruktur werden stark ausgebaut sein. Währenddessen verschärft sich die Klimakrise weiter.“
Lobbyregeln, vorgetäuschte Klimavorteile
Der Bericht „EU Clean Industrial Deal in Aktion: Schleusen für schmutzigen Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen öffnen“ deckt auf, wie die großen Umweltverschmutzer der fossilen Brennstoff- und energieintensiven Industrien EU-Politiklücken nutzen, um weitere Investitionen in fossile Brennstoffe zu rechtfertigen. Der Bericht skizziert die umfangreichen Lobbyaktivitäten der Öl- und Gaslobby sowie der energieintensiven Industrien, darunter Chemie und Stahl. Zu den Strategien dieser Industrien gehören:
- Tricks bei der Emissionsbilanzierung: Die Vorschläge der Industrie zielen darauf ab, die Bilanzierung der Emissionen im Zusammenhang mit der Produktion von fossilem Gas, dem Rohstoff für sogenannten blauen Wasserstoff, zu senken oder sogar ganz zu vermeiden.
- Abschwächung der Vorschriften für grünen Wasserstoff: Dies beinhaltet auch einen erneuten Angriff auf die Vorschriften für grünen Wasserstoff, die bereits in den sogenannten delegierten Rechtsakten der RFNBO (erneuerbare flüssige und gasförmige Brennstoffe nicht-biologischen Ursprungs) vereinbart wurden. Diese sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Wasserstoffproduktion nicht nur zu einer stärkeren Stromerzeugung aus Gas und Kohle führt.
Nathan Stewart, Koordinator der Kampagne „Fossil Free Politics“ , warnt: Die Giganten der fossilen Brennstoffindustrie nutzen Wasserstoff als Deckmantel, um ihr schmutziges Geschäft am Leben zu erhalten. Indem sie die EU-Politik manipulieren, vermarkten sie fossilen Wasserstoff als „kohlenstoffarm“ – ein eklatantes Greenwashing, das echte Klimalösungen weiter zu gefährden droht. Anstatt die Verbindungen zu den Interessen der fossilen Brennstoffe zu kappen, überlassen Entscheidungsträger den Lobbyisten der Industrie die Gestaltung unserer Energiezukunft. Wir brauchen eine Firewall zwischen den Interessen der fossilen Brennstoffe und den Entscheidungsträgern, bevor es zu spät ist."
Es besteht Grund zur Sorge, dass die irreführenden Modellierungsvorschläge der Lobby für fossile Brennstoffe und ihre umfassendere Darstellung des delegierten Rechtsakts offenbar auf höchster Ebene der Europäischen Kommission sowie in den EU-Mitgliedsstaaten angenommen wurden, wobei die deutsche Regierung die Führung übernimmt.
Neelke Wagner, Aktivistin für Klima- und Ressourcengerechtigkeit bei PowerShift, sagt: „Es ist eine Schande, dass die Europäische Union, angetrieben von Deutschland, immer mehr Türen für fossilen Wasserstoff geöffnet hat. Die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), die Technik hinter dem sogenannten „blauen“ Wasserstoff, ist eine Illusion und ein Schwindel. Die Verwendung von fossilem Gas zur Herstellung von blauem Wasserstoff als Ersatz für fossiles Gas ist aus klimapolitischer Sicht offensichtlich Unsinn. Dennoch hat die Europäische Kommission diese Methode begrüßt.“
Ein Teil des Clean Industrial Deal und eine umfassendere Agenda für Wettbewerbsfähigkeit und Deregulierung
Die Untersuchung zeigt, dass die Lobbyarbeit für den delegierten Rechtsakt zur CO2-armen Wasserstoffpolitik Teil einer umfassenderen Agenda ist, die von der neuen Europäischen Kommission priorisiert wurde. Der Einfluss der Unternehmen auf die verschiedenen Bestandteile des Rechtsakts droht einen Dominoeffekt mit erheblichen negativen Folgen für die Klimapolitik auszulösen.
Ein Beispiel hierfür: Große Umweltverschmutzer nutzen das „Vereinfachungsmantra“ und das Omnibus-Paket der Kommission, um hart erkämpfte Klimaschutzmaßnahmen wie die EU-Methan-Verordnung von 2024 zurückzufahren. Dies könnte den Weg für weitere Importe von hochgradig umweltschädlichem Flüssigerdgas aus Fracking-Gas in den USA ebnen, obwohl dieses wahrscheinlich die EU-Klimaanforderungen nicht erfüllen wird. Die Fortsetzung und Ausweitung der US-LNG-Importe wird auch im Rahmen des Aktionsplans für bezahlbare Energie gefördert.
Elena Gerebizza, Energie- und Infrastrukturforscherin und Aktivistin bei ReCommon, sagt: „Die Europäische Kommission nutzt die Vereinfachung auf gefährliche Weise, um falsche Lösungen wie CCS und blauen Wasserstoff voranzutreiben. Dies kommt den fossilen Konzernen zugute, blockiert einen gerechten Übergang und zwingt uns in ein fossiles Brennstoffmodell. Die Menschen werden zunehmend von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen, und das können wir nicht akzeptieren.“
Hintergründe:
- 99 Prozent der derzeitigen Wasserstoffproduktion erfolgt mit fossilen Brennstoffen, hauptsächlich Gas. Infolgedessen verursacht die globale Wasserstoffproduktion mehr CO2-Emissionen (920 Mio. t. im Jahr 2023) als die Luftfahrtindustrie 545 Mio t.) und Deutschland, das umweltschädlichste Land der EU (572 Mio. t.) . (www.iea.org/reports/global-hydrogen-review-2024/ghg-emissions-of-hydrogen-and-its-derivatives)
- Der Delegierte Rechtsakt für kohlenstoffarmen Wasserstoff wird definieren, was als sogenannter „kohlenstoffarmer“ Wasserstoff und Kraftstoffe gilt. Die EU-Gasgesetzgebung vom letzten Jahr (das Gaspaket ) legt bereits die groben Parameter fest und bestimmt, dass kohlenstoffarmer Wasserstoff 70 Prozent weniger Treibhausgasemissionen verursachen soll als herkömmlicher Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen. Die genaue Methode zur Berechnung der Emissionsminderung fehlt jedoch noch.
- Die Untersuchung untersuchte die Konsultationsantworten zum Entwurf des delegierten Rechtsakts, der im September 2024 veröffentlicht wurde. Von 228 Antworten auf die Konsultaiton der Kommission zum delegierten Rechtsakt zur CO2-armen Energiewende stammten weniger als 3 Prozent von Wissenschaftlern und Forschungsinstituten. Die überwiegende Mehrheit, über 70 Prozent der Rückmeldungen, kam von Unternehmen und Wirtschaftslobbygruppen und übertraf damit die 10 Prozent der Antworten von Umwelt- und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen bei weitem.
- Zu den Lobbyaktivitäten gehörte ein erneuter Angriff auf die Vorschriften für grünen Wasserstoff. Die Kriterien wurden in sogenannten delegierten Rechtsakten (RFNBO) festgelegt (kurz für „ erneuerbare flüssige und gasförmige Brennstoffe nicht-biologischen Ursprungs“) . Ihr Zweck besteht darin, sicherzustellen, dass Fabriken für grünen Wasserstoff nicht einfach den knappen vorhandenen Strom aus erneuerbaren Energien verbrauchen.
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