© Atelier Brückner / Wildlife Embassy
© Atelier Brückner / Wildlife Embassy

Eine Tür zur Natur: „Wildlife Embassy“ in der HafenCity Hamburg

Lebensraum von Wildtieren im Fokus

Die neue „Wildlife Embassy“, die Ende August im „roots“ Hamburg, Deutschlands höchstem nachhaltig gebauten Holzhochhaus in Hamburg, eröffnete, erzählt von der Schönheit, Vielfalt und ökologischen Bedeutung heimischer Wildtiere. Wie und wo leben die 48.000 Wildtierarten in Deutschland? Warum sind sie gefährdet? Und was können wir tun, um sie zu schützen? Die Ausstellung für Kinder und Familien zeigt Lebensräume der Wildtiere auf andere Art.

Die 2.200 Quadratmeter große Ausstellungsfläche ist in zwei Themenbereiche gegliedert: Im ersten Abschnitt erfahren die Besucher, wie Wildtiere in Deutschland leben. So unterschiedlich Wildtiere und Menschen sind, so ähnlich sind ihre Lebensweisen: Wie Menschen bewegen sich auch Tiere, fressen, wohnen, haben Sex, gründen eine Familie und nehmen ihre Umwelt wahr. Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich dem Zusammenleben von Mensch und Tier: Der Mensch greift seit jeher in die Natur ein. Das ist weder grundsätzlich gut noch schlecht; der Mensch kann die Situation verschlechtern oder etwas Gutes für Natur und Wildtiere tun.

ATELIER BRÜCKNER fungierte bei diesem Projekt als Generalunternehmer und war für die Generalplanung sowie die Ausstellungs-, Grafik- und Mediengestaltung für Foyer, Shop, Ausstellung, Lernwerkstatt und Naturfilmkino verantwortlich. Das szenografische Konzept der Ausstellung konzentrierte sich darauf, den Besucher durch die Lebensräume der Wildtiere bewegen und aktiv Teil davon werden zu lassen: Große Panoramen mit Wimmelbild, kombiniert mit ästhetischen und realistischen Illustrationen sowie eine Vielzahl an Mitmachstationen versetzen den Besucher mitten in die Natur. Spielen und Erleben, Staunen und Entdecken, Lernen und Verstehen sind die zentralen Ansätze der Präsentation. 8 lebensgroße Tiermodelle, 105 echte Tierpräparate, 6 inszenierte Landschaften in Dioramen, 5 Meter lange Leuchtkästen, 3 Zoetrope (Wundertrommeln) und zahlreiche audiovisuelle Medienstationen bringen den Besuchern das faszinierende Leben der Wildtiere näher.

Das 19-geschossige „roots“ ist Deutschlands höchstes Holzhochhaus. Allein für den Bau wurden rund 5.500 Kubikmeter Nadelholz verbaut, dazu kommen Fassaden, Fenster und Verschalungen. Der natürliche Holzwerkstoff spart schätzungsweise 26.000 Tonnen CO2 gegenüber der Produktion, dem Transport und der Entsorgung konventioneller Baustoffe.

Die Gestaltung der Ausstellung greift die Themen nachhaltiges Bauen und den Umgang mit natürlichen Ressourcen auf: Eine klare Formensprache und schlichte Möblierung schaffen eine Verbindung zu Natur und Tierwelt. Die Verwendung von organischem Reishülsenmaterial in der Sockelverkleidung erzeugt eine warme und organische Atmosphäre, ebenso wie Naturkautschuk, der ebenfalls zu den verwendeten Materialien gehört.

Natürliche und organische Formen und Farben leiten die Besucher durch den ersten Teil der Ausstellung und zeigen die Lebensräume von Wölfen, Füchsen und Rotmilanen. Im Prolog werden sieben Tiergruppen im Portrait vorgestellt: eine bewusste Begegnung auf Augenhöhe mit Insekten, Fischen, Vögeln etc. Im „Free Flow“ erkunden die Besucher die Themeninseln Essen, Wohnen, Sinne, Bewegung, Sex und Familie. Echte Tierpräparate wie Wolf, Reh und Wildschwein stehen gemeinsam am Tisch. Menükarten verraten, was sie essen und ob sie Pflanzenfresser, Fleischfresser oder Allesfresser sind. Ihre Zähne und ihr Verdauungstrakt sind auf Scheiben vor ihnen eingraviert und werden mit Licht und Audio erklärt. Ein raumhohes Baummodell und ein Hügelquerschnitt veranschaulichen, wie Tiere in Höhlen oder Nestern leben. Der Sinnesbereich erklärt, wie Tiere ihre Umwelt wahrnehmen und klärt Themen wie: Wie sieht eine Fliege im Gegensatz zum Menschen oder wie hört ein Kaninchen? An Mitmachstationen lässt sich das nachstellen, etwa mit eigens angefertigten Lautsprechern, die aussehen wie Hasenohren. Den verschiedenen Fortbewegungsarten zu Lande, im Wasser und in der Luft ist jeweils ein Ausstellungstisch gewidmet. Auf Glasplatten finden sich Tierspuren, die die Besucher den Tieren zuordnen können. Im Bereich Sex verraten interaktive Spiele alles über Balz und Paarung. Dioramen zeigen die unterschiedlichen Familienformen: z.B. eine kleine Bärenfamilie mit drei Jungen.

Das Zusammenleben von Mensch und Wildtier ist das Thema des zweiten Teils der Ausstellung, der eine strengere Besucherführung und eine schlichte, vom Menschen gestaltete Ästhetik aufweist. Die Lebensräume Wald, Wiesen & Weiden, Feld, Stadt, Küste & Meer stehen für die Begegnung von Wildtieren und Menschen. Jeder Lebensraum wird durch zwei Protagonisten repräsentiert: Im Wald sind es zum Beispiel das Reh und der Förster, der in einer Audiostation über seinen Beruf spricht. Auf den Wiesen und Weiden steht die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund, während es auf den Feldern um Energiethemen wie Bewässerung und Solaranlagen geht. Ein Highlight der Ausstellung ist das begehbare Feld: Die Besucher können durch ein überlebensgroßes Weizenfeld wandern. Im Lebensraum Stadt befinden sich drei Häuser. Die Vorder- und Rückseiten erklären zum Beispiel, warum es Tiere in die Stadt zieht und welche bereits in Hamburg gesichtet wurden. In einem Supermarktregal finden sich Vogelfutter und Nisthilfen ebenso wie Ameisengift und Fliegenklatschen - das regt zum Nachdenken an: Welche Tiere wollen wir schützen und welche wollen wir lieber nicht um uns haben? Der Bereich Küste und Meer beschreibt in einer simulierten Meereslandschaft die fünf zentralen Bereiche Deutschlands: Strand und Sandbank, das offene Meer, Seegraswiesen, Watt und Bodden. Auch drängende Themen wie Lärm, Überfischung und eingeschleppte Arten werden angesprochen.

Die Lernwerkstatt mit ihrem naturpädagogischen Programm ist ein Ort des freien und entdeckenden Lernens. Deutschlands erstes Naturfilmkino zeigt Dokumentarfilme über Europas wilde Bewohner und ist Gastgeber des neuen Naturfilmfestivals, das den European Wildlife Film Awards im Februar 2025 zum ersten Mal verleihen wird.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /