Geleakter Entwurf der EU-Kommission zu Förder-Richtlinien für Erneuerbare Energie
GLOBAL 2000 sieht Ausnahmen für Industrie und massive Einschnitte für den Ausbau erneuerbarer Energie.
In diesen Tagen verhandelt die EU-Kommission darüber, wie in Zukunft erneuerbare Energie innerhalb der EU gefördert werden darf. Bereits Anfang April könnte die Entscheidung fallen. Der geleakte Entwurf der neuen Regelung liegt GLOBAL 2000 vor und beinhaltet wenig Erbauliches: "Die EU-Kommission hält offenbar an ihrem Plan fest, effektive und funktionierende Fördersysteme für erneuerbare Energie in Europa abzuschaffen. Stattdessen sollen nun großzügige Ausnahmeregelungen für die Industrie geschaffen werden - die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energie werden somit verstärkt auf die Haushalte geschoben", ist Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000 empört.
Lokale Initiativen werden ausgebremst
Konkret sieht der Vorschlag der EU-Kommission ein Ende für Einspeisegesetze - wie das erfolgreiche österreichische Ökostromgesetz - vor, stattdessen sollen Ausschreibungen vorgenommen werden. Ein System, das bis dato unerprobt ist, die bürokratischen Kosten erhöhen würde und kleine Initiativen, die sich keine großen Rechtsabteilungen leisten können, de facto ausschließen würde. Neu ist im Entwurf, dass eine Übergangszeit bis 2017 eingeführt wurde und die EU-Kommission - scheinbar - auf die zahlreiche Kritik ihres unüberlegten Vorschlags eingegangen ist. So kündigt die EU-Kommission weniger Strenge an, wenn die Mitgliedsstaaten nachweisen, dass ein Ausschreibesystem in ihrem Land nicht funktioniert. Wie dieser Nachweis zu erbringen ist, ist aber fraglich. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten drohen. Ausnahmen solle es nur für Kleinprojekte geben, bei Wind liegt die Grenze bei 6 MW, das sind etwa zwei Windräder in Österreich. "Kommt der Vorschlag in dieser Form, schafft die EU-Kommission Rechtsunsicherheit und beinahe skurrile Ausnahmen: Das Ökostromgesetz dürfte dann nur noch Windparks in der Größe von zwei Windrädern nach den derzeitigen Regeln fördern. Das ist absurd. Wir fordern stabile Förderbedingungen für erneuerbare Energie. EU-Kommissar Johannes Hahn, der für regionale Entwicklung zuständig ist, darf dabei nicht zusehen, wie lokale Initiativen, die vielerorts die Energiewende tragen, ausgebremst werden und soll dem Vorschlag nicht zustimmen", sieht Wahlmüller eine letzte Chance, den Vorschlag noch zu kippen.
Großzügige Ausnahmen für die Industrie und Förderungen für CCS
Gleichzeitig wurden im aktuellen Entwurf großzügige Ausnahmeregelungen für die Industrie geschaffen. Vorgesehen ist, dass von den zusätzlichen Kosten auf Unternehmensebene mindestens 20 Prozent von der Industrie auch getragen werden müssen, für eine ganze Reihe von Branchen wurden jedoch weitere Ausnahmeregelungen geschaffen, die die Kosten auf bis zu 2,5 Prozent drücken würden. Wenn die Industrie weniger an den Kosten trägt, werden andere dafür verstärkt zur Kasse gebeten - damit würde vor allem den Haushalten Kosten aufgebürdet. "Anstatt die Chance zu ergreifen, EU-weit einheitliche Regeln zu schaffen, die gewährleisten, dass auch die Industrie ihren fairen Beitrag zur Energiewende leistet, werden großzügige Ausnahmen angestrebt. Das gefährdet die Akzeptanz der Energiewende, die davon lebt, dass alle ihren fairen Beitrag leisten", so Wahlmüller weiter.
Obergrenze für die Unterstützung von CCS: 100 Prozent Förderung
Die neuen Vorgaben sehen auch Richtlinien für die Obergrenze der Förderung von verschiedenen Technologien vor: Erneuerbare Energie soll je nach Größe der Anlage maximal mit 45 bis 65 Prozent gefördert werden dürfen, Energieeffizienzmaßnahmen (ohne Ausschreibesystem) dürfen mit 30 bis 50 Prozent gefördert werden. CCS-Kohlenstoffsequestrierung und Abscheidung - eine fragwürdige Technologie, die in Österreich verboten ist - darf hingegen mit 100 Prozent gefördert werden, auch KWK (Kraft-Wärme-Kopplung zur Fernwärmeproduktion) darf mit einer Förderung von bis zu 100 Prozent rechnen. "Hier wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen, erneuerbare Energie und Energieeffizienz werden ausgebremst, selbst bedenkliche Technologien wie das Verpressen von CO2 in geologische Gesteinsformen sollen hingegen hohe Förderungen bekommen. Dieser Vorschlag ist undurchdacht, unausgewogen und gefährlich und daher klar abzulehnen. Wir fordern EU-Kommissar Johannes Hahn auf, diesem Vorschlag nicht zuzustimmen und eine bessere Lösung im Sinne regionaler, dezentraler und sauberer Energieprojekte auszuhandeln", so Wahlmüller abschließend.
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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /