© Peter Korrak
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Kontroverse Diskussion über umweltpolitischen Kurs im Parlament

Umweltminister meint, Atomenergie kann nicht zum Klimaschutz beitragen

Wien – Vorwiegend klima- und energiepolitische Fragen standen beim Budgetausschuß im Mittelpunkt. Energiewende, Atomkraftausstieg, Klimaschutz, e-Mobilität, Wasserwirtschaft und Bio-Treibstoffe standen im Fokus der Fragen, die von Seiten der Abgeordneten an Umweltminister Nikolaus Berlakovich gerichtet wurden. .

Für den Bereich Umwelt werden im Budget 2012 Ausgaben in Höhe von rund 987,5 Mio. € veranschlagt. Damit verzeichnet man einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahr, in dem man 845,6 Mio. € dafür aufgewendet hat. Zuwächse sind auch auf Seite der Einnahmen zu verzeichnen: Diese steigen von 352,5 Mio. € (2011) auf 360,8 Mio. € (2012).

Berlakovich: Atomkraft darf keine Alternative sein

Angesichts der jüngsten Stellungnahmen von EU-Energiekommissar Oettinger zum Thema Atomkraft interessierten sich die MandatarInnen zunächst für die Einschätzung der Lage durch Umweltminister Berlakovich. Die Abgeordneten Susanne Winter (F), Walter Schopf (S) und Rainer Widmann (B) hinterfragten vor diesem Hintergrund vor allem jene Maßnahmen, die Österreich setzt, um die Sicherheitsrisiken, die von Reaktoren im Umland ausgehen, zu reduzieren und den Atomausstieg auf europäischer Ebene zu forcieren.

Den Ansatz Oettingers, wonach Kernenergie als "low-carbon-technology" einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten könne, teile er nicht, sagte Umweltminister Berlakovich. Dass Österreich diesbezüglich eine völlig konträre Position vertritt, sei auf EU-Ebene schon hinlänglich bekannt. Dort habe man sich schließlich auch für die Implementierung ordentlicher Stresstests mit dem Ziel der Schaffung einheitlicher Überprüfungsstandards für AKWs in Europa eingesetzt. Diese sollten Atomkraft nicht "reinwaschen", sondern auf tatsächlich bestehende Sicherheitsdefizite hinweisen.

Den Ausbau der Kernkraft in anderen Staaten verfolge man natürlich kritisch. Man versuche deshalb, eine breit aufgestellte Anti-Atom-Allianz zu schaffen. Sein Ressort unterstütze auch Anti-Atom-Gruppierungen, erläuterte Berlakovich. Außerdem würden alle Vorkehrungen getroffen, um die Sicherheitsinteressen Österreichs in Hinblick auf grenznahe AKWs zu wahren. Einen explosionsartigen Anstieg der Energiepreise durch einen Ausstieg aus der Atomkraft fürchte er nicht, stellte er fest: Schließlich stiegen die Energiepreise schon heute ohne irgendein Zutun.

Für die konkreten Maßnahmen des Bundesministers in Hinblick auf die Herbeiführung der angestrebten Energieautarkie und die angenommenen Wirkungseffekte des Ökostromgesetzes interessierten sich die Abgeordneten Hannes Weninger (S), Erwin Hornek (V) und Susanne Winter (F). Sie informierte Berlakovich zunächst über die Förderschwerpunkte des vorliegenden Budgets, um sodann auf das Ökostromgesetz zu sprechen zu kommen, das er als "wirklichen Meilenstein" bezeichnete. Mit diesem würde schließlich ein "gewaltiger Investitionsimpuls" gegeben, zeigte sich der Umweltminister überzeugt. Gerade dieses Beispiel verdeutliche, dass wirtschaftliche Entwicklung und Umwelt- bzw. Klimaschutz kein Widerspruch sein müssten.

Überaus positiv äußerte sich Berlakovich in diesem Zusammenhang auch zur thermischen Sanierung, die er als "eines der erfolgreichsten Projekte der Bundesregierung" bezeichnete. Wie Abgeordnete Ruth Becher (S) angesprochen habe, gelte es dabei aber, die Kooperation zwischen Bund und Ländern zu intensivieren – ein Ziel, das man mit dem neuen Klimaschutzgesetz verfolge. Natürlich wolle man auch den mehrgeschoßigen Wohnbau in den Blick nehmen, versicherte Berlakovich, dazu wären jedoch auch eine Änderungen wohnrechtlicher Bestimmungen erforderlich, erläuterte er.

Opposition übt Kritik an Klimapolitik der Bundesregierung

Durchaus kritisch setzten sich Abgeordnete von FPÖ, BZÖ und Grünen mit dem klimapolitischen Kurs der Bundesregierung insgesamt auseinander. Die MandatarInnen Susanne Winter (F), Christiane Brunner (G) und Rainer Widmann (B) äußerten dabei unter anderem Bedenken in Hinblick auf das JI/CDM-Programm, für das man nicht unbeträchtliche Budgetmittel einsetze. Ziel dieses Programms ist es, durch Ankauf von Emissionsreduktionen aus Joint Implementation (JI)- und Clean Development Mechanism (CDM)-Projekten im Ausland einen Beitrag zur Erreichung des österreichischen Kyoto-Ziels zu leisten.

Die Kritik an JI/CDM konnte Umweltminister Berlakovich nicht nachvollziehen, schließlich sei es angesichts des klaren Fokus, den man auf Klimaschutzmaßnahmen im Inland setze, nicht verwerflich, diesbezügliche Kompetenzen auch im Ausland zum Einsatz zu bringen. Die Unterstützung von Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern wäre dabei nicht nur vor dem Hintergrund der Möglichkeit des Ankaufs von Emissionsreduktionseinheiten (EREs) aus JI- und CDM-Projekten, sondern auch aus entwicklungspolitischen Erwägungen zu begrüßen, stellte er fest. Es handle sich damit um weit mehr als nur den simplen Einkauf von Verschmutzungsrechten.

Vor Ende der Kyoto-Periode gebe es außerdem noch viel zu tun, um die drohenden Strafzahlungen gering zu halten, stellte Berlakovich fest. Von Abgeordnetem Harald Jannach (F) auf die Höhe derselben angesprochen, erläuterte Berlakovich, man könne derzeit noch nicht genau abschätzen, wie hoch sie ausfallen werden. Mit dem Emissionszertifikategesetz (EZG) habe man jedoch Vorsorge für die Finanzierbarkeit getroffen. Schließlich sollten die Einnahmen aus der Versteigerung der Zertifikate für klimapolitische Zwecke aufgewendet werden. Angesichts der Tatsache, dass man im EZG keine derartige Zweckbindung verankert habe, zeigten sich G-Abgeordnete Christiane Brunner und B-Mandatar Rainer Widmann allerdings skeptisch, dass man die Zahlungen auf diesem Wege tatsächlich werde abfedern können.

Kosten könnten auf Österreich aber auch vor dem Hintergrund einiger im Umweltbereich anhängiger Vertragsverletzungsverfahren zukommen, erinnerte Widmann. Bundesminister Berlakovich erläuterte, es seien derzeit 11 diesbezügliche Verfahren anhängig, wovon sich zwei auf Ebene der Klagserhebung vor dem EuGH befänden. Bislang wären Österreich zwar noch nie derartige Kosten erwachsen, dass es nunmehr zu Zahlungen komme werde, könne man aber nicht ganz ausschließen.

Zahlreiche Detailfragen zu Klima- und Energiefonds, Umweltförderungsmaßnahmen, strategischer Umweltprüfung, Klima- und Energieprogramm sowie Bildungsinitiativen im Klimaschutzbereich stellten die Abgeordneten Andrea Gessl-Ranftl (S), Hermann Schultes (V), Erwin Hornek (V), Michael Hammer (V), Peter Stauber (S), Johann Rädler (V) und Hermann Gahr (V). Umweltminister Belakovich informierte sie über die genaue Mittelausstattung der einzelnen Bereiche und den besonderen Erfolg einiger angesprochener Projekte. Was die von V-Mandatar Franz Hörl monierte Belastung von Unternehmen durch kostenintensive und vor allem langwierige Umweltverträglichkeitsprüfungen anbelangt, hielt der Bundesminister fest, man sei an einer möglichst effizienten Gestaltung der Verfahren interessiert. Mit der letzten Novelle der gesetzlichen Grundlage habe man deshalb Schritte gesetzt, um ihre Entbürokratisierung voranzutreiben. Es gelte, diese Bestimmungen nun auch von Seiten der Länder mit Leben zu erfüllen.

S-Mandatar Rudolf Plessl zeigte sich ob des Auslaufens von Förderungen im Bereich der Wasserwirtschaft besorgt. Umweltminister Berlakovich informierte über die diesbezüglichen Erwägungen und bezeichnete die Verbesserung der Wasserqualität und die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung als wesentliche Ziele in diesem Bereich. V-Abgeordnetem Michael Hammer erläuterte er außerdem das Prozedere der Entsorgung radioaktiven Abfalls, der in verschiedenen Sektoren anfällt.

Umweltminister für Versachlichung der Diskussion um Kraftstoff E10

Von Abgeordnetem Josef Auer (S) auf die Kritik eines Autofahrerklubs am Biotreibstoff E10 angesprochen, mahnte Berlakovich eine Versachlichung der diesbezüglichen Diskussion ein. Er halte die Beimischung von 10% Ethanol für möglich und angesichts der Forderung nach mehr Unabhängigkeit von fossilen Treibstoffen auch für erstrebenswert. Importe von Bio-Treibstoffen im großen Stil und aus tropischen Gebieten lehne er – im Gegensatz zur Nutzung eigener diesbezüglicher Ressourcen – aber ab.

Was die von Abgeordneter Susanne Winter (F) angesprochene e-Mobilität betrifft, habe man es, so der Umweltminister, mit einer Entwicklung zu tun, die vor allem in Hinblick auf den Individualverkehr an Bedeutung gewinnen werde. Ziel sei es, 1.000 Ladestationen für mit Strom betriebene Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Das diesbezügliche Programm laufe noch, informierte Berlakovich: Angesichts der bislang erfolgten Einreichung von 318 Projekten sei es aber noch nicht ganz ausgeschöpft.

In Hinblick auf die Fragen der Abgeordneten Hannes Weninger (S) und Gabriela Moser (G) betreffend Niederschlag der Maximen des Gender Budgeting hielt Berlakovich fest, Chancengleichheit werde in allen Zuständigkeitsbereichen seines Ressorts angestrebt und manifestiere sich deshalb auch in sämtlichen Teilen des vorliegenden Budgets.

Quelle: Parlamentskorrespondenz


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /