6. Konferenz Zivilgesellschaft in Wien zeigt große Vielfalt nachhaltiger "Lebensfreude"
Tierschützer Martin Balluch plädiert gegen Repression und Vordenker Joe Ofenböck präsentiert 26 Meter Vorschläge zur Rettung des Gemeinwohls
Vergangenen Freitag und Samstag fand in Wien die 6. Konferenz Zivilgesellschaft statt. Getagt wurde in der sehr sympathischen Berufschule für Gartenbau und Floristik, inmitten eines sehenswerten Areals in Kagran in Wien 21. So vielfältig wie die Blütenpracht des parkartigen Schulgartens war das Programm, das unter dem Titel "Zivilgesellschaft in der EU - die lebensfreundliche Alternative gestalten" eine Fülle an Spektrum, Information und Workshops bot.
Horst Grützke aus Potsdam, Vorsitzender des Europäischen Bürger-Netzwerks EUROPA JETZT ! trug in seinem Eröffnungsimpuls über Zivilgesellschaft in Europa vor und vermittelte einen interessanten Einblick in die zahlreichen partizipativ-demokratischen, von einer breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Aktivitäten der Zivilgesellschaft auf europäischer, sprich EU-Ebene.
So soll zum Beispiel im Herbst dem EU-Kommissär für Soziales ein Manifest vorgelegt werden, welches von einer elfköpfigen Gruppe bestehend aus Vertretern der Zivilgesellschaft in Frankreich, Deutschland, Belgien, Portugal, Finnland, Italien und auch Österreich ausgearbeitet wurde. Unter dem Namen "Manifeste de Castellina" wird nachdrücklich ein sozial solidarisches und ökologisch rücksichtvolles, ein aktuell menschengerechtes Europa eingefordert.
Im Anschluß konnte unter drei Workshops gewählt werden : Wirtschaftswachstum - Fortunas Füllhorn oder Pandoras Büchse von Adolf Staufer vom Energie-Arbeitskreis Molln, ein zinsenkritischer Ansatz, der den Wachstumzwang hinterfrägt und als Strukturfehler im Wirtschaftssystem identifiziert. Weiters "Die globalen Herausforderungen eines Neuen Europas" von Wolfgang Pekny, Obmann der Initiative
Zivilgesellschaft (IZ) und Betreiber der PLATTFORM FOOTPRINT, der sich ein globalsolidarisches Europa als Vorbild für den Aufbau einer ebenso partizipativen wie zukunftsfähigen Weltgesellschaft wünscht. Und als Dritter : Soziokratie - eine effektive und menschliche Organisation : gleichwertig - verbunden - selbstorganisierend von Christian Rüther, Soziokratisches Zentrum Dach.
Nach der Zusammenfassung der Workshop-Ergebnisse im Plenum rundete ein "Speed dating" der Teilnehmer den Tag in kontaktfreudiger, dynamischer Art ab.
26 Meter gute Vorschläge und mehr..
Der zweite Tag war fulminant und glänzte mit zwei singulären Höhepunkten : einerseits die eindringliche Schilderung der unfassbaren Schieflage der behördlichen Vorgangsweisen in Sachen Tierschutz und andererseits die Präsentation von 26 Metern uter Vorschläge für eine lebensfreundlichere Welt im Rahmen einer Pfingstbotschaft.Beginnend mit Anton Winter von NOUVELLE ALLIANCE, der anläßlich des von der EU
proklamierten "Europäischem Jahr 2009 der Kreativität und Innovation" einen Überblick zur Bündelung einschlägiger Projekte bot, über Gabriele Pekny vom ÖKOBÜRO, die sich um eine engere Vernetzung sozial- und umweltpolitischer Maßnahmen bemühte, bis zur OFFENEN GESELLSCHAFT - das angedachte "Wikipedia" der politischen Willensbildung - spannte sich der Bogen interessanter Anstöße.
Erster Höhepunkt : der Tierschützer Martin Balluch berichtete in einnehmender, besonnener und ruhiger Art aus erster Hand über "Staatliche Repression gegen zivile
Mitbestimmung". Unfassbar die Schieflage des behördlichen Vorgehens in dieser Causa.
Aufwand und Einsatz stehen in keinster Weise im Verhältnis zum Anlaßfall. Eine irregeleitete Beamtenschaft behelligt auf das allergröbste den menschenwürdigen Einsatz engagierter Bürger gegen Tierleid und zerstörerische Geschäftemacherei und deckt skrupellose Profitgier. Die Vorgangsweise ist so rücksichtslos und brutal, dass man an Orwell denken muß. Vor den Augen einer größtenteils teilnahmslosen Öffentlichkeit wird der international renomierte österreichische Tierschutz existentiell auf das Schwerste geschädigt und Bürgerrechte brutal beschnitten. Martin Balluch und Mitstreiter kommen so durch ihren beharrlichen Einsatz in eine Märtyrerposition und die ganze Angelegenheit gewinnt an sozialer Sprengkraft. (Details link : Rede M.B. IZ). Die Worte Martin Balluchs waren bewegend und hinterliessen einen starken Eindruck.
Bei dem anschließendem Workshop "Wie klappt ein lebensfreundlicher Alltag" gemeinsam mit Franz Gratzer wurde dieser noch vertieft. Ein weiterer Workshop beleuchtete die Fortschritte des BGE (Bedingungsloses Grundeinkommen) im deutschsprachigem Raum und in der EU. Klaus Sambor vom Runden Tisch Grundeinkommen berichtete von Konferenzen in Bozen und Deutschland. Der Dritte Workshop war dem demokratischem Dialog und seiner zeitgemäßen Umsetzung gewidmet.
Anschließend gab es eine Video-Grußbotschaft aus Innsbruck zum Thema Vollgeldreform. Veronika Spielbichler, Initiative Neues Geld vom Unterguggenberger Institut in Wörgl knüpfte daran an und berichtete vom aktuellen Stand der Petition
Neues Geld (bitte um Unterschriften : ...) und von der geplanten Konferenz Neues Geld für den Herbst 2009 in Sachen Komplementärwährungen.
Gerhard Schuster, eine der maßgeblichen Stützen der IZ, referierte für die IG-EuroVision über den "Aufruf zur Alternative", der vor 31 Jahren von Joseph Beuys in der Frankfurter Rundschau ganzseitig veröffentlicht worden war und für : "eine gewaltfreie Revolution für eine auf Zukunftoffenheit angelegte evolutionäre Alternative" warb. Beuys trat ein Jahr später unter diesem Motto als Kandidat der Grünen auch zur damaligen Europawahl an. An inhaltlicher Gültigkeit hat diese Forderung bis heute nichts verloren und es schließt sich der Kreis mit dem Hinweis auf die aktuellen Europawahlen.
Zweiter Höhepunkt : die Pfingstbotschaft von Vordenker Joe Ofenböck, der in seinem Vortrag zum Handeln, Einbringen und genmeinsam bewegen aufrief und in einer Art Performance ein sensationelles "Papier" in Form einer 26 Meter langen Rolle entfaltete und im Foyer ausbreitete. Die Rolle stellt die von Joe Ofenböck zusammengestellte Sammlung aktueller und hochkarätiger Vorschläge und Ideen zur Verbesserung und Heilung des Gemeinwesens dar und enthält eine solche Fülle und geballte Kraft von
lebensenfreundlichen Ansätzen, dass in Verbindung mit der beeindruckenden Größe der graphisch sehr ansprechenden und optisch einnehmenden Rolle, sowie der kollektiven Aktion der "Entrollung" eine eben fast an Beuys´sche Aktionen gemahnende Gruppendynamik sich im Raum breit machte.
Gestärkt durch diesen wohlinszenierten und mitreißend umgesetzten Beitrag, der inhaltlich noch viel Sensationelleres birgt als die schon begeisternde Präsentation verspricht, ging es in die letzte Workshop-Runde. Gestaltet von Rudo Grandits ein Komplementärwährungs-Design : Geld als Werkzeugkasten zur Regionalwährung. Weiters ein Ausblick auf gleichberechtigten Zugang zu lebensnotwendigen Gütern von Harald J. Orthaber vom Zukunftsforum Systemwandel und "Es geht ums Ganze - Darstellung des Projektes einer Neuen sozialen Architektur" von Gerhard Schuster und Mitarbeitern der IG-Eurovision.
Abschließend gab es noch die kollektive gemeinsame Arbeit am Konferenzthema im Rahmen des sogenannten "Welt-Cafe" und die einstimmige Annahme zweier Anträge durch das Plenum der IZ.
Die vorzügliche und köstliche Bewirtung in veganer Form durch die vegane Gesellschaft trug das ihre zum Konferenzerfolg bei.
Durch das Programm führte in gekonnter und bewährter Weise Gaby Pekny. Ein schönes Stück zivilgesellschaftlicher Arbeit mit zuversichtlichem Ausblick in doch nicht "leichten Zeiten" konnte bewältigt und sehr motivierend präsentiert werden. "Glück auf !" sagen die Bergleute.
Mehr dazu: Unterguggenberger.org
Harald Hutterer - Konferenzeröffnung
Dr. Peter Weish bei der Initiative Zivilgesellschaft
6. Konferenz Zivilgesellschaft - mehr Emotion zur Nachhaltigkeit (JETZT)!
Verwandte Artikel:
- Tag 6 der Windradtour: Windpark Rohrau
- WAVE 2015: Tag 5 und Tag 6
- Green Week 2015: Ursula Hudson - Slow Food
- Green Week 2015: Laudato si
- Energieeffiziente Musikveranstaltungen in der Steiermark
- ZEIGE ALLE BERICHTE ZU DIESEM THEMA
_____
Wenn Sie kein Videofenster sehen, haben Sie keinen Macromedia Flash Player installiert. Klicken Sie hier, um den Flash-Player zu installieren.
GastautorIn: Daniel Hackenberg für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /