Digitalisierung im Energiesystem: Weniger Kosten und mehr Sicherheit – aber neue Risiken
Chancen für Wirtschaft und Energiewende
Das KONTEXT Institut für Klimafragen hat in einer aktuellen Analyse vier zentrale Chancen der Digitalisierung identifiziert:
Geringere Energiekosten und Emissionen:
Durch digital gesteuerte Lastverschiebung können energieintensive Betriebe ihren Verbrauch in Zeiten niedriger Strompreise verlagern. Da diese meist mit hoher Einspeisung erneuerbarer Energie zusammenfallen, sinken gleichzeitig die CO₂-Emissionen.
Neue Exportmärkte für österreichische Unternehmen:
Der globale Markt für digitale Energietechnik – etwa Steuerungssysteme, Energiemanagement und Smart Grids – wächst jährlich um rund neun Prozent. Das eröffnet innovative Chancen für heimische KMU, die im europäischen Vergleich besonders stark in diesem Bereich sind.
Mehr Versorgungssicherheit:
Intelligente Netze ermöglichen es, Engpässe frühzeitig zu erkennen und Ausfälle zu vermeiden. Sensoren, digitale Zwillinge und automatisierte Steuerungen machen das System robuster.
Einfachere Beteiligung an Energiegemeinschaften:
Digitale Plattformen erleichtern es Bürgerinnen und Bürgern, Strom gemeinschaftlich zu erzeugen, zu speichern und zu teilen – ein wichtiger Schritt hin zu dezentralen Energieformen.
„Wenn wir die Digitalisierung für die Energiewende richtig einsetzen, kann das ein komplett neues Betriebssystem für unsere gesamte Wirtschaft schaffen“, sagt KONTEXT-Vorständin Katharina Rogenhofer. „Die zentralen digitalen Lösungen sind längst vorhanden. Entscheidend ist nun, sie unter den richtigen Rahmenbedingungen verfügbar zu machen und intelligent zu verknüpfen.“
Damit die Digitalisierung ihre volle Wirkung entfalten kann, braucht es politische und rechtliche Weichenstellungen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG). Es schafft den rechtlichen Rahmen für flexible Netztarife, Flexibilitätsmärkte und die Nutzung von Verbrauchsdaten.
Allerdings fehlen im aktuellen Begutachtungsentwurf noch klare Vorgaben etwa für die flächendeckende Ausstattung der Verteilnetze mit Sensoren. Auch der Ausbau digitaler Zwillinge im gesamten Stromnetz und die gezielte Förderung internationaler Marktzugänge für österreichische Unternehmen gelten als zentrale Investitionserfordernisse.
Neben den Chancen weist die Studie auf neue Herausforderungen hin. Digitale Systeme können selbst energieintensiv sein, insbesondere wenn sie mit KI-Technologien kombiniert werden. Hinzu kommen Cyberrisiken und Datenschutzfragen durch die Verarbeitung sensibler Verbrauchsdaten.
Auch die digitale Kluft darf nicht außer Acht gelassen werden: Haushalte ohne stabile Internetverbindung, geeignete Geräte oder technisches Wissen können von den neuen Möglichkeiten nur eingeschränkt profitieren. Zudem erhöhen kritische Rohstoffe für digitale Hardware die Abhängigkeit von globalen Lieferketten.
Um diese Risiken zu begrenzen, braucht es ein Bündel an Maßnahmen:
Energieeffizienz digitaler Systeme muss systematisch mit deren Nutzen abgewogen werden.
Kreislaufwirtschaft kann helfen, Rohstoffe mehrfach zu nutzen und Importabhängigkeiten zu senken.
Verbindliche Sicherheitsstandards auf EU-Ebene sind notwendig, um Cyberangriffe zu verhindern.
Barrierefreie digitale Lösungen, mehrsprachige Benutzeroberflächen und analoge Informationskanäle können digitale Exklusion verringern.
Klare Datenschutzregeln schützen die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher.
So kann die Digitalisierung im Energiesystem nicht nur die Energiewende beschleunigen, sondern zugleich neue Perspektiven für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft eröffnen – wenn sie klug gestaltet wird.
Was versteht man genau unter „digitalen Energiesystemen“?
Unter diesem Begriff fasst die Studie eine Reihe technischer Komponenten zusammen:
Sensoren in Netzinfrastruktur und Transformatoren
Smart-Meter-Zähler in Haushalten
Steuerbare Erzeugungsanlagen (z. B. Photovoltaik, Speicher, Wärmepumpen)
Digitale Zwillinge: virtuelle Abbilder von Netzen, die in Echtzeit Netzzustände beobachten
KI-gestützte Prognosen zur Einspeisung, Belastung und Steuerung
Diese Technologien zusammen liefern die Basis dafür, dass das Energiesystem effizienter, flexibler und robust gegenüber Störungen wird.