Agri-PV im Praxistest: Was Landwirt:innen bei der Planung beachten müssen
Agri-Photovoltaik – kurz Agri-PV – ist der offizielle Ausdruck dafür, Landwirtschaft und Solarenergie auf derselben Fläche unterzubringen. Für viele Betriebe bietet sich dadurch die Chance, ihre Erträge zu stabilisieren, Investitionen abzusichern und zu einem aktiven Teil der Energiewende zu werden. Doch der Schritt in die Praxis will gut vorbereitet sein.
Effiziente Flächennutzung mit Mehrwert
Agri-PV verfolgt einen klaren Ansatz: Über Acker- oder Grünlandflächen werden Photovoltaikmodule installiert, ohne die Bewirtschaftung der darunterliegenden Flächen aufzugeben.
Sogar das Gegenteil ist der Fall. Bei passenden Kulturen und geeigneter Technik profitieren nämlich beide Seiten. Entsprechende Studien zeigen, dass unter bestimmten Bedingungen sogar positive Effekte auf das Pflanzenwachstum möglich sind, unter anderem durch die reduzierte Verdunstung und den Schutz vor Extremwetter. Daneben ist auch Viehhaltung unter PV-Anlagen grundsätzlich möglich.
In Österreich steigt das Interesse an diesem Konzept. Initiativen wie der Agri-PV-Praxisleitfaden der Technologieplattform Photovoltaik Österreich oder erste Pilotprojekte im Wein- und Obstbau verdeutlichen, dass sich das Modell zunehmend professionalisiert.
Wirtschaftliche Perspektive realistisch bewerten
Trotz des vielversprechenden Potenzial darf der wirtschaftliche Aufwand nicht unterschätzt werden.
Die Investitionskosten für Agri-PV liegen in der Regel über denen der klassischen Freiflächenanlagen – unter anderem aufgrund der nötigen Unterkonstruktionen, des erhöhten Planungsaufwandes oder den technischen Anpassungen. Förderungen wie jene im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes oder der Landesprogramme können die Finanzierung jedoch bereits deutlich erleichtern.
Daher ist es entscheidend, die Kosten einer Photovoltaikanlage realistisch zu kalkulieren und in die Gesamtrechnung einzubeziehen – inklusive potenzieller Fördermittel, Stromerlöse und der Fortführung der landwirtschaftlichen Produktion.
Rechtlicher Rahmen: Landwirtschaft bleibt Hauptzweck
Eine zentrale Bedingung für viele Förderprogramme besteht in dem Erhalt der landwirtschaftlichen Hauptnutzung.
Das bedeutet: Die Ernte darf durch die Photovoltaikanlage nicht in erheblichem Maße beeinträchtigt werden. In der Praxis erfordert dies eine sorgfältige Dokumentation und gegebenenfalls auch Nachweise, dass die Fläche weiter aktiv bewirtschaftet wird.
Zusätzlich gelten regional unterschiedliche Bauvorgaben. In einigen Bundesländern ist Agri-PV in landwirtschaftlichen Vorrangzonen bereits genehmigungsfähig, andernorts befindet sich die rechtliche Situation noch im Wandel. Daher empfiehlt sich vor Projektbeginn eine Abstimmung mit der zuständigen Baubehörde.
Welche Pflanzen eignen sich?
Darüber hinaus kommt nicht jede Kultur mit der Teilverschattung durch PV-Module zurecht. Gut geeignet zeigen sich schattentolerante Pflanzen wie Salate, Beerenobst oder bestimmte Kräuter. Auch im Obstbau haben sich PV-Strukturen bewährt. Sie schützen die Pflanzen zusätzlich vor Starkregen und Hagel. Lichtliebende Kulturen wie Mais oder Sonnenblumen reagieren hingegen oft mit Ertragseinbußen, wenn die Lichtverhältnisse nicht exakt abgestimmt sind.
In einem Farminar von Zukunftsraum Land wurde beispielsweise berichtet, dass Agri-PV-Anlagen im Obstbau nicht nur Schutz vor Extremwetter bieten, sondern auch die Qualität der Früchte durch kontrolliertere Reifebedingungen verbessern können. Eine pauschale Lösung gibt es jedoch nicht. Jede Fläche muss individuell bewertet werden.
Mit guter Planung zur doppelten Ernte
Agri-Photovoltaik eröffnet heute neue Chancen für die Landwirtschaft, sowohl in ökologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Der Weg dorthin ist mit Aufwand verbunden, aber durchaus machbar.
Mit der Bereitschaft, in Technik und Planung zu investieren, können auf lange Sicht Erträge gesichert, Risiken gestreut und ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell aufgebaut werden. Ausschlaggebend bleibt jedoch ein durchdachter Projektansatz, der landwirtschaftliche, technische und rechtliche Anforderungen gleichermaßen berücksichtigt.
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