© seagul pixabay.com / Erneuerbare Energien
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Erneuerbare Energien: Ausbau muss viel schneller vorangehen, um Pariser Ziel zu erreichen

Trotz beeindruckender Fortschritte im Jahr 2023 und positiver Erwartungen für 2024 ist das Ausbau-Tempo erneuerbarer Energien nicht hoch genug

Wien – Capgemini hat die 26. Ausgabe des World Energy Markets Observatory (WEMO) veröffentlicht. in diesem Report, der jährlich erstellt wird, analysiert das Unternehmen in Kooperation mit Hogan Lovells, Vaasa ETT und Enerdata den aktuellen Stand der Energiewende weltweit. Im Vorjahr ist trotz der Fortschritte ein weiterer Anstieg der Treibhausgasemissionen zu verzeichnen: 2023 erreichen sie mit 37,4 Milliarden Tonnen (Gt) einen neuen Rekordwert. Dies bestätigt, dass wir nicht auf Kurs sind, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Der Report zeigt auf, in welchen Schlüsselbereichen der Fokus fortan liegen müsste, um die komplexen Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen. Dazu zählt auch ein Perspektivwechsel beim Erfassen des Fortschritts bei erneuerbaren Energien sowie verstärkte Investitionen in das Stromnetz und in klimafreundliche Technologien.

Martina Sennebogen, Vorstandsvorsitzende bei Capgemini in Österreich, meint: „Die Energiewende ist der größte Hebel zum Schutz unseres Klimasystems – und wir müssen ihn schnell umlegen. Es ist entscheidend, die Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2050 zu erreichen, indem wir die Emissionen zügig und drastisch senken. Gleichzeitig steigt der weltweite Strombedarf weiter an. Deshalb müssen wir den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich beschleunigen. Neben flexiblen Stromnetzen und Energiespeichern braucht es einen neuen Ansatz: Statt nur den Primärenergieverbrauch zu betrachten, sollten wir uns auf den Endenergiebedarf konzentrieren. Das ermöglicht genauere Prognosen, eine bessere Bewertung der Fortschritte bei der Energiewende und sichert die Netzstabilität.“

Die wesentlichsten Erkenntnisse des Reports 2024:

Die Nutzung erneuerbarer Energien muss global und auch in Entwicklungsländern zügig erweitert werden, um die weltweiten Dekarbonisierungsziele für 2030 und 2050 zu erreichen. 2023 lag die Gesamtmenge der durch klimafreundliche Energiequellen bereitgestellten Endenergie bei etwa 40 % des weltweiten Bedarfs. Dabei stieg die Gesamtkapazität der Energien mit geringen CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 14 %, wobei Solarenergiekapazität stärker ausgebaut wurde (um 32 %) als die von Windenergie (um 13 %). Obwohl 2024 verspricht, einen weiteren Rekord zu erreichen – wie dies bereits in den 22 Jahren zuvor der Fall war - liegt das Wachstum weit unter dem, was erforderlich ist, um bis 2050 die CO2-Emissionen auf Netto-Null zu senken. Da die Marktdurchdringung erneuerbarer Energien wächst und Effekte auf die Netzstabilität hat, ist ein Zusammenspiel mit stationären Energiespeichern erforderlich. Laut dem Bericht sollte der Ausbau speicherbarer erneuerbarer Energie, z. B. aus Biomasse oder Geothermie, beschleunigt werden.

Wasserstoff ist ein strategischer Hebel zur Dekarbonisierung, vor allem in der Industrie. Die Zahl der Wasserstoff-Projekte mit Investitionszusagen hat sich in den letzten zwei Jahren vervierfacht. Dabei ist eine Neuausrichtung der Anträge zu beobachten, da die Kosten für die klimafreundliche Wasserstoffproduktion steigen, der Wettbewerb zwischen verschiedenen Einsatzzwecken zunimmt und neue Gesetze in Kraft treten. In dieser Situation haben nur bestimmte Anwendungsfälle in schwer zu dekarbonisierenden Industriezweigen wie der Schwerindustrie und der Schifffahrt starkes Potenzial.

Das Stromnetz ist von entscheidender Bedeutung für die Beschleunigung der Energiewende. Investitionen in das Stromnetz nehmen derzeit zu. 2024 werden sie voraussichtlich 400 Milliarden US-Dollar erreichen. Europa, die USA, China und Teile Lateinamerikas sind dabei führend. Laut dem Report ermöglichen Technologien wie KI präzisere Prognosen des Stromverbrauchs und feiner abgestimmte Optimierungsszenarien zur Netzstabilisierung.
Zwar hat KI das Potenzial, die Dekarbonisierung erheblich zu beschleunigen, doch mangelndes Know-how und ein Fokus auf nur kurzfristige Proof-of-Concepts bremsen die Einführung bisher aus. In Kombination mit entsprechenden Gen-AI-Workflows und –Modellen spielt KI jedoch eine wichtige Rolle als Katalysator – sei es zur Verbesserung der Netzeffizienz, zur E-Fuel-Erforschung, Entwicklung neuer Batteriesysteme oder Windturbinen, für die synthetische Biologie oder fundierte Erkenntnisse aus vielen Datenquellen zur Entscheidungsfindung.

Protektionistische Ansätze zur Erhöhung der Energiesouveränität können unerwünschte Auswirkungen haben. Die anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten beeinträchtigen die Energiemärkte und -systeme. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, verzerren Embargos, Zölle und Subventionen in fast allen Ländern die Energiemärkte und gefährden eine effiziente Bereitstellung von Kapital. Dem Report zufolge erweisen sich Embargos als ineffektiv; sie verringern die Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Energieversorgung, was für die Dokumentation von Maßnahmen zur Dekarbonisierung unerlässlich ist. Wenn der Zugang zu den günstigsten Energiequellen und Anlagen verweigert wird, steigen die Preise für die Verbraucher und die für die Energiewende verfügbaren Mittel reduzieren sich.
Laut WEMO ist der „Primärenergiebedarf“ im Kontext der Energiewende ein veraltetes Konzept. Den Endenergieverbrauch (in kWh) zu messen – statt den Primärenergieverbrauch – ermöglicht genauere Prognosen und größere Fortschritte bei klimafreundlich erzeugter Energie. Die Messung des Primärenergieverbrauchs ignoriert, wie viel effizienter neue, auf Elektrizität basierende Systeme sind – auch beim Einsatz für dieselben Zwecke mit gleich hohem Endenergiebedarf. Denn fossile Brennstoffe werden bei der Stromerzeugung in erheblichem Maße verschwendet. Darüber hinaus wird bei der Erschließung und Verarbeitung fossiler Brennstoffe Energie zusätzlich Energie verbraucht.

Der World Energy Markets Observatory (WEMO) ist ein jährlicher Report, in dem Capgemini gemeinsam mit Hogan Lovells, Vaasa ETT und Enerdata die Transformation der globalen Energiemärkte analysiert. Die Schwerpunkte liegen auf Europa, Nordamerika, Australien, Südostasien, Indien und China. Die aktuelle, 26. Auflage des Reports ist von einem globalen Team aus über 100 Experten erstellt worden und enthält 15 Artikel zu umfassenden Analysen. Der WEMO beginnt mit einem globalen Ausblick und behandelt die für die Energiewende entscheidenden Themen – darunter geopolitische Auswirkungen, nachfrageseitige Energiewende, Batterien, erneuerbare Energien, SMRs (Small Modular Reactors / Kernkraft), Wasserstoff, Industriewärme, Gen AI und den Inflation Reduction Act (IRA).

Gesamter Report zum Download


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /