© Tyna_Janoch auf pixabay/ Wald
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Europas Wälder: Der Einfluss von Klimawandel und Waldpolitik auf die künftige Holzversorgung

Studie formuliert praktische Empfehlungen für Interessengruppen wie Vertreter:innen der holzverarbeitenden Industrie, Waldbesitzer:innen und politische Entscheidungsträger:innen.

Wien - TEAMING UP 4 FORESTS, eine Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, dieInteressengruppen entlang der gesamten forstwirtschaftlichen Wertschöpfungskette verknüpft, hat heute eine neue wissenschaftliche Studie mit dem Titel "Europe's Wood Supply In Disruptive Times" (Europas Holzversorgung in Zeiten des Umbruchs) präsentiert. Diese bietet erstmals einen umfassenden Überblick über jene Faktoren, die die Holzversorgung aus europäischen Wäldern zukünftig massiv beeinflussen werden. Die Studie beschreibt die Auswirkungen des Klimawandels und beschäftigt sich mit weiteren Einflussfaktoren, wie politischen Unsicherheiten und der Fragmentierung von Waldflächen.

Auf Basis zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen, Forschungsarbeiten und Dialogen mit verschiedenen Interessengruppen wurde die Studie von einem achtköpfigen, internationalen Autor:innenteam erstellt. Dadurch gelang es, wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischen Anwendungsmöglichkeiten zu verbinden und aufzuzeigen, welche Auswirkungen und Maßnahmen für die holzverarbeitende Industrie, die Forstwirtschaft und die politischen Entscheidungsträger:innen von zentraler Bedeutung sein werden.


Kluft zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Forstsektor überbrücken

Das Autor:innenteam der Studie setzte sich aus Forstwissenschaftler:innen und Expert:innen aus mehreren europäischen Ländern zusammen. Dr. Metodi Sotirov von der Universität Freiburg (Deutschland) leitete das Team und betont: "Obwohl der Studienbericht eine evidenzbasierte Veröffentlichung mit einer starken wissenschaftlichen Komponente ist, soll er vor allem Entscheidungsträger:innen außerhalb der Wissenschaft über Handlungsoptionen informieren. Damit wollen wir dazu beitragen, die Kluft zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Interessengruppen im Forst- und Holzverarbeitungssektor zu überbrücken."

Herausforderungen für Wälder und die holzverarbeitende Industrie
Die Wälder in Europa sind stark vom Klimawandel betroffen, mit weitreichenden Folgen für die Gesundheit der Wälder und die Leistungen der Ökosysteme, einschließlich der Holzversorgung. Baumarten von großer wirtschaftlicher Bedeutung werden durch Störungen wie extreme Dürreereignisse, Borkenkäferbefall, häufige Hitzewellen und Waldbrände erheblich beeinträchtigt. Die Wälder und die holzverarbeitende Industrie sind auch mit anderen Herausforderungen konfrontiert, wie z. B. politischen Unsicherheiten und fragmentierten Waldflächen.

Unterschiedliche Baumarten berücksichtigen

Da die Wälder sehr empfindlich auf den Klimawandel reagieren und durch Störungen wie Trockenheit oder Hitze erheblich beeinträchtigt werden, müssen Waldbesitzer:innen und –bewirtschafter:innen dringend Anpassungsmaßnahmen ergreifen. "Wir brauchen mehr gemischte und strukturell vielfältige Wälder. Dafür müssen wir unter anderem auf natürliche Verjüngung setzen und aktiv die Migration von Arten, die besser an künftige Klimabedingungen angepasst sind, unterstützen", erklärt Studienautor Dr. Manfred Lexer von der Universität für Bodenkultur (Österreich). "In den europäischen Wäldern, die für die Holzversorgung zur Verfügung stehen, gibt es sechs dominierende Baumarten: Kiefer, Fichte, Tanne, Buche, Eiche und Birke. Fichte, Buche und Kiefer gehören zu jenen Arten, die insbesondere bei Trockenheit, am stärksten unter Druck geraten", fügt er hinzu.

So wird beispielsweise die für Fichten geeignete Waldfläche in Europa je nach Klimawandel-Szenario um bis zu 50 % abnehmen, während die Eignung für andere Arten deutlich zunehmen wird. Für die holzverarbeitenden Industrie, die von der ausreichenden Verfügbarkeit von Holz als Rohmaterial abhängt, ist es zukünftig von entscheidender Bedeutung, sich von der Abhängigkeit von Nadelhölzern (wie Fichte und Kiefer) zu lösen und die Herstellung innovativer Produkte auf Holzbasis in Betracht zu ziehen. So sind etwa Kunststoffe auf Holzbasis, Textilfasern oder nanofibrillierte Zellulose für Verpackungen weniger von bestimmten Baumarten abhängig als herkömmliche auf Holz basierende Produkte.



"Angesichts dieser Herausforderungen und einer wachsenden Nachfrage nach holzbasierten Produkten müssen die holzverarbeitenden Industrien in Europa ihre derzeitigen Geschäftsmodelle überdenken. Technologische und digitale Innovationen sowie die Kaskaden- oder Mehrfach-Nutzung von Holz mit dem Ziel, Holz und holzbasierte Produkte möglichst lange in Verwendung zu halten, treiben den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft voran und unterstützen die Anpassung an künftige Veränderungen in der Holzversorgung", kommentiert Studienautorin Dr. Anne-Christine Ritschkoff vom VTT Technical Research Centre of Finland. "Die Zukunft von Forschung und Innovation sollte sich auf die ganzheitliche und ressourceneffiziente Nutzung von Holzmaterialien konzentrieren", sagt sie.

Die Rolle der Waldbesitzer:innen

Weitere Faktoren, die sich auf das Holzangebot auswirken, sind der Waldbesitz und die demografischen Veränderungen unter den Landbesitzer:innen. Zwar gibt es in Europa regionale Unterschiede, ganz allgemein hat aber der Anteil des privaten Waldbesitzes seit Anfang der 1990er Jahre zugenommen: So befinden sich aktuell 56 Prozent der europäischen Waldfläche in Privatbesitz. Darüber hinaus ist der Privatbesitz heterogener geworden, mit mehr nicht-traditionellen/urbanen oder passiven Eigentümer:innen. Dies führt häufig zu einem geringeren Interesse oder einer geringeren Kapazität der Waldbesitzer:innen, den Markt mit Holz zu versorgen.

"Holzernte und Gewinnmaximierung sind für viele Waldbesitzer:innen nicht die einzige – oder auch wichtigste – Motivation und daher auch nicht das Hauptziel ihrer Bewirtschaftungspraktiken. Daher ist es wichtig, dass politische Entscheidungsträger:innen Initiativen ergreifen, die private Waldbesitzer:innen einbinden und für sie Anreize schaffen, durch eine aktive und nachhaltige Waldbewirtschaftung zur Holzversorgung beizutragen ", kommentiert Studienautorin Dr. ¦pela Pezdev¨ek Malovrh von der Universität Ljubljana (Slowenien).

Politische Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung

Diese und andere Faktoren, die sich auf die Wälder und die Holzversorgung auswirken, erfordern entsprechende politische Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, von der globalen bis zur lokalen Ebene. Insbesondere eine bessere Harmonisierung und Integration von Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger Waldbewirtschaftungspraktiken ist entscheidend. Es braucht strategische Investitionen in Forschung und Innovation, um integrierte, nachhaltige Holzversorgungsstrategien und -technologien zu entwickeln. Diese müssen sich an veränderte Umstände anpassen können, z. B. an die Regionalisierung von Versorgungsketten und die sich verändernder Marktdynamiken. Nur so kann die Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit der europäischen Wälder gegenüber dem Klimawandel langfristig gewährleistet werden.

Zusammenarbeit zur Sicherung der zukünftigen Holzversorgung

Um die aktuellen und zukünftigen Unsicherheiten und Veränderungen erfolgreich zu meistern, sind Kooperationen und Partnerschaften in Europa von größter Bedeutung. Eine interdisziplinäre, transnationale und sektorübergreifende Zusammenarbeit erleichtert die Umsetzung erfolgreicher Strategien und kann die holzverarbeitende Industrie bei Innovationen, Anpassungen und der Erhöhung der Widerstandsfähigkeit ihrer Versorgungsketten unterstützen. Über die Zusammenarbeit hinaus zeigt die Studie, dass Bildung und Kommunikation innerhalb und außerhalb des holzverarbeitenden Sektors für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Einbindung künftiger Generationen von entscheidender Bedeutung sind.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /