©  Foto von Ralph W. lambrecht von Pexels/ Unwetter
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Notruf des Weltklimarats: Die Klimakrise eskaliert!

Rasche und ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen sind ein Muss, um die Klimakatastrophe zu verhindern

Wir sind mitten drin im Klimawandel: Waldbrände, Hochwasser, Überflutungen nach Unwettern, Sturmböen... nicht irgendwo in Asien, sondern auch in Europa. Die erste Teilveröffentlichung des 6. Sachstandsberichts des Weltklimarats zeichnet ein dramatisches Bild. Bereits bis zum heutigen Tag ist die globale Durchschnittstemperatur um fast 1,1 Grad Celsius gestiegen. Sofortiges umfassendes Handeln in der Klimakrise ist dringend notwendig. Ein Weiter-wie-Bisher wird den Kollaps des heutigen Klimasystems nicht mehr verhindern können, schreiben die weltweit besten Klimawissenschaftler*innen. Konsequenz eines Nichthandelns ist die Heimat von Millionen von Menschen sowie Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Einige Veränderungen des Planeten, wie die Erhitzung und Versauerung der Ozeane, sind bereits heute unumkehrbar. Das was wir bereits erleben ist aber nur ein Vorgeschmack darauf, mit welchen Folgen bei weiter steigenden Temperaturen zu rechnen ist. Die Szenarien im Bericht zeigen, dass in den nächsten Dekaden mit einem weiteren Anstieg von Naturkatastrophen und anderen Auswirkungen zu rechnen ist - je höher die Temperatur steigt, desto drastischer werden diese ausfallen. Auch bisher noch nicht erlebte Hitze- und Extremwetterwellen können auf uns zukommen. Der weitere Meeresspiegelanstieg wird zu einer Bedrohung für Küstenregionen und Städte werden. Das sorgt für große Besorgnis unter Umwelt-NGOs und sollte auch die Politik zu einem schnellen Handeln aufrütteln.

Schülerin und FridaysForFuture-Aktivistin Ida Ploner fasst zusammen: “Als Jugendliche macht mir der neue Bericht große Angst. Er prophezeit eine Zukunft, vor der man sich fürchten muss. Und trotzdem bleibt die Politik untätig. Mir wird immer klarer, dass wir noch viel lauter und wütender die Untätigkeit der Politik aufzeigen müssen, damit Österreich endlich auf Klimakurs kommt. “Wenn eine einzelne Studie den Weltuntergang an die Wand malt, sollte man das mit Vorsicht genießen. Wenn aber tausende der besten Studien weltweit vor dramatischen Folgen der Klimakrise warnen, spätestens dann müssen unsere Alarmglocken läuten”, sagt sie.

Extremwetterereignisse nehmen dramatisch zu

Dr. Daniel Huppmann, Forscher am IIASA in Laxenburg und einer der Autoren des 2018 erschienen IPCC-Berichts zur 1.5°C- Erderwärmung, erklärt weitere Details: “Das Neue im aktuellen Bericht ist die Analyse zu Extremwetterereignissen. Wir sollten uns von den Worten Jahrhundert-Hochwasser und Jahrhundert-Waldbrände verabschieden, denn der heute veröffentlichte Bericht des IPCC zeigt klar: wir befinden uns bereits mitten in einem Jahrhundert der Extremwetterereignisse. Diese Ereignisse hängen direkt mit dem Klimawandel zusammen und werden in den nächsten Jahren weltweit zunehmen – auch hier in Österreich.”

Ida Ploner ist überzeugt: “Wir dürfen die Warnungen der Wissenschaft nicht weiterhin ignorieren. Was in der Klimakrise passiert ist so, als würde die Politik in der Covid-19-Pandemie jegliche Empfehlungen der Wissenschaft missachten. Seit über 200 Tagen fehlt ein nationales Klimaschutzgesetz, eine Liste mit allen klimaschädlichen Subventionen hätte längst vorliegen müssen und es werden weiterhin Autobahnprojekte vorangetrieben, die vor dem Pariser Klimaabkommen geplant wurden - all das steht im Widerspruch.”

IPCC-Bericht war Auslöser für die FFF-Bewegung

Es war der IPCC-Sonderbericht zur 1.5°C-Erderwärmung aus dem Jahr 2018, der Jugendliche auf der ganzen Welt dazu bewegte, unter dem Namen Fridays for Future die Schule zu streiken. Der heute erschienene Bericht zeigt, die Lage hat sich weiter zugespitzt. Am 24. September werden daher wieder tausende Menschen auf die Straßen gehen und von den Verantwortlichen mutige Klimapolitik einfordern, bevor es dafür zu spät ist.

Umgehend weitreichende Klimaschutzmaßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene ein Muss

Greenpeace Österreich hat die zentralen Ergebnisse des IPCC Berichts zusammengefasst..

"Die wissenschaftlichen Erkenntnisse waren nie eindeutiger, die Zeit nie knapper: Der neue Bericht des Weltklimarats zeigt, dass die Welt wie wir sie kennen auf Messers Schneide steht. Wir sehen die bereits heute verheerenden Auswirkungen der Klimakrise. Der Bericht warnt aber vor noch drastischeren Zukunftsszenarien", so Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich. Bei der Weltklimakonferenz (COP26) im November in Glasgow sind alle Statten dazu angehalten, ihre Zielversprechungen an den Pariser Klimavertrag anzupassen und ambitionierte Pläne vorzulegen. "Die Staatsmänner und -frauen dieser Welt müssen den Bericht als Alarmsignal erkennen. Klimaschutz muss zur Priorität werden. Die schwachen Klimaschutzpläne der Länder sind offensichtlich bei weitem nicht ausreichend."

Greenpeace fordert: Aus dem "Fit-for-55"-Paket der EU muss schleunigst ein "Fit-for-65"-Paket geschnürt werden. Die Reduktion um 55% der Treibhausgasemissionen ist viel zu gering angelegt, mindestens 65% sind zwingend notwendig. Auch Österreich hinkt hinterher: Zwar wurde die Klimaneutralität im Regierungsprogramm vereinbart, von einer gesetzlichen Verankerung - beispielsweise im Klimaschutzgesetz - fehlt aber nach wie vor jede Spur.

Eindämmung der Gefahr noch möglich, wenn entschlossen gehandelt wird

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 sieht den Bericht ebenfalls als alarmierenden Weckruf an die Politik: "Es ist eins vor zwölf und der Zustand des Planeten verschlimmert sich schnell. Die positive Nachricht ist, dass wir es immer noch schaffen können, die Gefahr einzudämmen, wenn rasch und wirksam gehandelt wird. Es braucht auch in Österreich Konsequenzen und einen "Green Deal". Mit einer öko-sozialen Steuerreform, einem rechtlich verbindlichen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle und einem Milliarden-Investitionspaket in unsere Zukunft können wir Österreich klimafit machen. Die Politik soll nicht länger auf fossile Energiekonzerne hören, die weiter nur freiwillige Maßnahmen ergreifen wollen, sondern endlich wirksame Maßnahmen ergreifen", so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Während in Italien, Griechenland, der Türkei, Russland und vielen anderen Staaten Wälder brennen und Menschen um ihr Leben fürchten, haben wir auch in Österreich Erntausfälle und Überschwemmungen zu beklagen. Die aktuelle Debatte, ob uns Klimaschutz in die Steinzeit bringt, sieht GLOBAL 2000 daher als völlig befremdlich an: "Es geht beim Klimaschutz um Menschenleben und unser aller Überleben. Wer weiter nur auf freiwillige Empfehlungen setzen will, hat die Ernsthaftigkeit der Situation einfach nicht begriffen. Die Unverbindlichkeit der Klimapolitik hat uns an den Rand des Abgrunds gebracht, jetzt braucht es wirksame Maßnahmen, damit die Trendwende doch noch geschafft werden kann. Damit modernisieren wir unser Land, machen uns unabhängig von Energieimporten und schaffen tausende Arbeitsplätze", sieht Johannes Wahlmüller viele Vorteile von wirksamen Klimaschutzmaßnahmen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, rasch ihre Hausaufgaben zu machen und ein umfangreiches Klimaschutzpaket zu beschließen. Auch Österreich braucht einen "Green Deal", mit einem Klimaschutzgesetz, mit einem wirksamen Sofortmechanismus und einem stufenweisen, rechtlich verbindlichen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle bis spätestens 2040. Kritisch sieht GLOBAL 2000, dass die Bundesregierung bei den Vorarbeiten säumig ist und die Liste an umweltschädlichen Subventionen noch immer nicht vorgelegt wurde, obwohl diese bis Juli versprochen wurde. Ohnehin ist bekannt, dass das Dieselprivileg die größte umweltschädliche Subvention ist, die rasch abgeschafft werden könnte.

Gleichzeitig gilt es in der Raumwärme einen verbindlichen Ausstiegsplan aus Öl- und Gasheizungen zu entwerfen und eine zukunftsfähige Infrastruktur im Verkehr aufzubauen. Milliardengelder sollen in den Bahnausbau, statt in noch mehr Autobahnbau fließen: "Es macht überhaupt keinen Sinn, erst Autobahnen zu bauen und nachher zu versuchen, die Menschen zum Umstieg vom Auto zu motivieren. Besser ist es gleich eine klimafitte Infrastruktur zu errichten, die den Menschen einen einfachen Umstieg auf klimafreundliche Fortbewegungsmittel ermöglicht Wer weiter verzögert und Ablenkungsmanöver inszeniert, nimmt nach den erschütternden Ergebnissen des Berichts des Weltklimarates eine schwere Verantwortung auf sich", so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Ein alarmierender Notruf

Der WWF Österreich sieht im neuen Bericht des Weltklimarates (IPCC) einen "alarmierenden Notruf der Klimawissenschaft". Der Report ist ein weiterer Beweis dafür, dass die menschengemachte Klimakrise rasant voranschreitet: "Jede zusätzliche Erhitzung vergrößert die Intensität und Häufigkeit von Klimakatastrophen und gefährdet damit das Überleben vieler Menschen und Tierarten. Daher muss die Politik rasch handeln, bevor es zu spät ist" sagt Lisa Plattner, Expertin für internationale Klimapolitik beim WWF Österreich. "Wir haben nur mehr sehr wenig Zeit, die Erderhitzung einzudämmen, aber es ist noch möglich. " Ein weiteres politisches Scheitern wäre fatal: "Das würde zu einer Erhitzung von drei bis sechs Grad Celsius führen. Verheerende Dürren und Feuer, wie wir sie jetzt schon in Ausnahmejahren sehen, werden dann zum Normalfall. Viele Naturkatastrophen würden noch extremer ausfallen", warnt Plattner unter Bezug auf den IPCC-Bericht.

Notwendig ist, so der WWF, ein Klima-Rettungsplan mit ganzheitlichem Ansatz: "Österreich muss sich auf der EU-Ebene für eine Klimaneutralität bis 2040 statt 2050 einsetzen und dieses Ziel auch in der Heimat rasch mit Leben erfüllen. Das erfordert naturverträgliche Klimaschutzmaßnahmen in allen Bereichen", sagt Lisa Plattner. Konkret braucht es eine ökologisch und sozial gerechte Steuerreform, die Streichung umweltschädlicher Subventionen, eine umfassende Mobilitäts- und Ernährungswende, einen konsequenten Schutz der Natur und den naturverträglichen Ausbau von Erneuerbaren Energien. In Österreich ist es seit Beginn der Industrialisierung um rund zwei Grad wärmer geworden. Ohne Trendwende könnte die Erwärmung laut ZAMG bis zum Jahr 2100 bei mindestens fünf Grad liegen.

Österreich braucht jetzt mutigen Klimaschutz statt leeren Versprechen

Der IPCC-Bericht verdeutlicht: Wenn wir so weiter machen wie bisher, ist die Klimakatastrophe unausweichlich. Um das zu verhindern, braucht es jedoch keine leeren Versprechen und vage Ziele. Es braucht jetzt - vor allem auch im besonders vulnerablen Österreich - klare, verbindliche Maßnahmen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Daniel Huppmann, Wissenschaftler vom IIASA, findet klare Worte: "Die Frage ist nicht nur, wann wir Klimaneutralität erreichen, sondern auch wie viel CO2 wir bis dahin ausstoßen. Jede Tonne, jedes Gramm an Treibhausgasen zählt und trägt zur Erderhitzung bei."

Düstere Vorhersagen aus dem IPCC-Bericht von 2014 sind heute - nur sieben Jahre später - bereits schreckliche Realität geworden: "Nahezu täglich neue Wetterextreme, Überschwemmungen, Hitzerekorde und ganze Inseln, die in Flammen stehen: Die Klimakrise passiert hier und jetzt. Weitermachen wie bisher ist keine Option," betont Katharina Rogenhofer, Sprecherin des Klimavolksbegehrens. Der neue IPCC-Bericht zeigt deutlich, dass Wetterextreme, wie wir sie in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben, die neue Normalität darstellen.

"Wir befinden uns bereits mitten in einem Jahrhundert der Extremwetterereignisse, und diese Ereignisse werden in den nächsten Jahren weltweit zunehmen - auch in Österreich", stellt Huppmann fest.

In Österreich ist die Durchschnittstemperatur bereits doppelt so stark gestiegen wie im weltweiten Mittel. Dennoch bleibt die Regierung wesentliche Klimaschutzmaßnahmen schuldig. "Statt uns das bis zum Sommer versprochene Klimaschutzgesetz und die Liste der klimaschädlichen Subventionen vorzulegen, debattiert die Spitzenpolitik über Technologie und Verzicht", kritisiert Rogenhofer. "Wir verzichten schon jetzt etwa auf saubere Luft und gute Verkehrsanbindungen und werden künftig auf weit mehr verzichten müssen, wenn wir nichts tun. Durch mutigen Klimaschutz können wir jedoch eine lebenswerte Zukunft gewinnen. Die Technologien dafür gibt es längst, was fehlt ist die Umsetzung konkreter, verbindlicher Maßnahmen."

"Die Politik kann sich keine weiteren Verzögerungen im Klimaschutz leisten. Es braucht jetzt eine gemeinsame Anstrengung der gesamten Regierung und vor allem ein klares Bekenntnis von Bundeskanzler Kurz", mahnt Rogenhofer. "Denn wenn der IPCC-Bericht eines deutlich macht, dann, dass uns die Zeit davonläuft."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /