© Sebastian Ganso auf Pixabay
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Energiewende beschleunigen mit smarter Steuerung des dezentralen Systems

Mit welchen digitalen Tools kann das zunehmend selbstorganisierte erneuerbare Energiesystem gemanagt werden? - BMBF-Nachwuchsforschungsgruppe SteuerBoard Energie untersucht Rolle dezentraler Akteure, digitaler Tools und Finanzierungsmöglichkeiten

Das Energiesystem verändert sich fundamental: Es wird dezentraler und selbstorganisiert, viele Erneuerbare-Energien-Anlagen treten an die Stelle weniger Großkraftwerke – viel mehr Akteure, die technisch und organisatorisch in ein nachhaltiges Energiesystem eingebunden werden müssen. Wie kann das funktionieren? Die Nachwuchsforschungsgruppe SteuerBoard Energie von Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), der Leuphana Universität Lüneburg und dem Ecolog-Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung untersucht mit Förderung des Bundesforschungsministeriums, wie das erneuerbare dezentrale Energiesystem auf verschiedenen Ebenen gesteuert werden kann.

„Die Energiewende muss deutlich an Fahrt aufnehmen. In den letzten Jahren hat sich aber die Dynamik vor Ort verlangsamt. Grund dafür sind Änderungen in den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die lokale Akteure wie Energiegemeinschaften oder Quartiersprojekte ausbremsen. Diese Entwicklung ist bedenklich, denn die Energiewende braucht die innovativen, dezentralen Akteure“, so Swantje Gährs, Energieexpertin am IÖW und Leiterin der Nachwuchsforschungsgruppe. „Können lokale Akteure selbstorganisiert handeln, erhöht das die Motivation und Akzeptanz. Doch: Selbstorganisation braucht Handlungsräume. Noch fehlt ein rechtlicher Rahmen, der diesen Handlungsspielraum klar umreißt“, so Gährs. Die Forschenden gehen vom Konzept der Polyzentrizität aus: Mehrere steuernde Autoritäten auf unterschiedlichen Ebenen setzen Normen und Regeln.

Die Forschungsgruppe untersucht insbesondere, wie etwa passende Finanzierungs- und Beteiligungsinstrumente, aber auch digitale Anwendungen unterstützen können, damit noch mehr lokale Akteure bottom-up eigenständig und selbstorganisiert zur Energiewende beitragen. Die Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen entwickeln gemeinsam mit Praxisakteuren der Energie- und Finanzwirtschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Vision des Energiesystems der Zukunft.

Energiewende braucht Finanzierung

„Die Akteure brauchen Finanzierungsinstrumente, mit denen sie etwa Erneuerbare-Energien-Anlagen oder Netze betreiben können“, so Lars Holstenkamp, Leiter der Gruppe und Finanzierungsexperte der Leuphana Universität Lüneburg. „Welche Form der Finanzierung durch welche Akteure möglich ist, hängt wiederum vom rechtlichen Rahmen ab.“ So bergen etwa Ausschreibungen oder direkte Abnahmeverträge – sogenannte Power Purchase Agreements – zusätzliche Risiken, die kleine Akteure schwerer tragen können. Und die Anforderungen von Banken an diese Akteure steigen. Gleichzeitig hat die Europäische Union beschlossen, dass ihre Mitgliedsstaaten „Energiegemeinschaften“ von Bürgerinnen und Bürgern, lokale Unternehmen und Gemeinden fördern sollen.

Es ändert sich nicht nur das Energierecht, sondern auch der Rahmen für den Finanzsektor hin zu einem stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit. Die Forschenden nehmen im fünfjährigen Projektzeitraum daher auch Motive von Finanzmarktakteuren unter die Lupe und untersuchen, wie sie die soziale Mobilisierung im Energiesektor beeinflussen.

Digitalisierung: Energiesystem muss smart werden

Um erneuerbare Energie zu speichern und die Verbindung von Strom mit Wärme und Mobilität voranzubringen, spielen digitale Technologien eine immer wichtigere Rolle im Energiesystem. Die Forschenden untersuchen, wie digitale Tools polyzentrische Ansätze im Energiebereich unterstützen können – etwa indem smarte Automatisierungen, Datenaustausch oder Visualisierungswerkzeuge die Komplexität für lokale Akteure verringern. Auf diese Weise sollen technische, ökonomische und soziale Chancen der Digitalisierung für die Energiewende erschlossen werden. Dabei ist noch unklar, inwieweit die Digitalisierung auch neue Barrieren schafft. Digitale Tools können durch neue Möglichkeiten der Visualisierung oder der Mitsprache von Akteuren helfen, Verständnis und Transparenz zu schaffen. Es besteht aber auch die Gefahr, dass Prozesse intransparenter werden, wenn etwa die flexible Steuerung von Anlagen nicht nachvollziehbar ist und damit die Akzeptanz gegenüber digitalen Anwendungen oder der Energiewende sinkt.

Mehr Informationen zum Projekt: www.steuerboard-energie.org


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /