© Markus Distelrath pixabay.com
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Einigung zum Ökostrom-Paket

Wenige Tage vor dem Wahlsonntag gab es einen Durchbruch bei den Verhandlungen der fünf Parlamentsparteien im Bereich der Erneuerbaren Energien.

Wien- Bei der kommenden Plenarsitzung am Mittwoch wird ein Allparteien-Antrag eingebracht, der dem dringend notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energie einen Schub geben soll. Insgesamt werden mit dieser Beschlussfassung umgehend für die kommenden Jahre rund 540 Millionen Euro für den Erhalt und den raschen Ausbau bei Ökostrom bewegt.

Das Erneuerbaren-Paket wird folgende Elemente beinhalten:

- Photovoltaik: jeweils 36 Millionen Euro Investitionsförderungen für die Jahre 2020, 2021 und 2022 für den Ausbau von Photovoltaik und Speichern. Das sind mehr als 100 Millionen Euro mehr für die nächsten drei Jahre.

- Windkraft: Die Warteschlange bei Wind wird komplett abgebaut – durch Umstellung der Kontingentberechnung sowie durch das Vorziehen des regulären Kontingents von 2021 auf 2020 können alle bereits genehmigten Projekte gebaut werden – dadurch werden 622 MW mehr erneuerbarer Strom erzeugt.

- Biomasse: Hier wurde eine Einigung zur Gewährung von Nachfolgetarifen für auslaufende Anlagen erzielt.

- Kleinwasserkraft: Die Warteschlange bei Kleinwasserkraft kann durch Umstellung der Kontingentberechnung komplett abgebaut werden.

- Biogas: Übergangslösung für Biogas-Anlagen, diese sollen durch "Greening the gas" in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung liefern.

- Mittlere Wasserkraft: zusätzliche Mittelerhöhung um 30 Millionen auf insgesamt 80 Millionen Euro.

"Das sind große und wichtige Schritte für die gesamte Erneuerbaren-Branche. Diese Maßnahmen werden uns dem Ziel, bis 2030 Strom ausschließlich aus erneuerbaren Trägern herzustellen, einen großen Schritt näherbringen. Ich bin glücklich, dass wir diese Einigung noch vor der bevorstehenden Nationalratswahl erzielen konnten. Das zeigt, dass bei allen Parteien der Wille vorhanden ist, in diesem so wichtigen Zukunftsthema Worten auch Taten folgen zu lassen", so der Energiesprecher der ÖVP Abg. Mag. Josef Lettenbichler.

"Wir brauchen mehr erneuerbare Energie, um den Wettlauf gegen die Klimakrise zu gewinnen. Unsere Fünfparteieneinigung wird sehr schnell sehr viel mehr Ökostrom in unsere Netze bringen. Wir sind damit nicht am Ziel, aber wir haben gemeinsam einen sehr guten Anfang gemacht. Zusammenarbeit für den Klimaschutz zahlt sich aus. Die nächste große Etappe wird die überfällige Neugestaltung der Ökoenergie-Förderung", sagt die SPÖ-Energiesprecherin Abg. Mag. Muna Duzdar.

"Eine grundvernünftige Novelle, die den notwendigen Ausbau erneuerbarer Energie vorantreibt, mit der sämtliche Warteschlangen bis Ende 2020 abgebaut, alle Technologien unterstützt und besonders für die Photovoltaik massive Impulse gesetzt werden", freut sich der Freiheitliche Energiesprecher Abg. MMMag. Dr. Axel Kassegger.

"Es freut uns sehr, dass sich unsere Vermittlungsarbeit ausgezahlt hat und jetzt doch noch ein Kompromiss erreicht wurde, der dem Ausbau der erneuerbaren Energien einen deutlichen Schub geben wird. Klar ist aber auch, dass wir uns jetzt nicht ausruhen können, sondern umgehend auf ein umfassendes und ambitioniertes EAG hinarbeiten müssen. Wir werden auch hier mit allen Parteien konstruktiv, sachlich und lösungsorientiert zusammenarbeiten, um das Beste für Österreichs Zukunft zu erreichen", so der Energiesprecher der NEOS Abg. Josef Schellhorn.

"Mit dieser Einigung können nun endlich fertig entwickelte Projekte realisiert werden. Besonders wichtig ist mir, dass die unnötigen Warteschlangen damit vollständig abgebaut werden. Die kommende Regierung ist aufgerufen, diesem Kompromiss ein umfassendes Gesetz folgen zu lassen", erklärt der Energiesprecher der LISTE JETZT Abg. Mag. Bruno Rossmann.

Nächste Regierung muss Ausbau-Tempo massiv beschleunigen

Die verkündete Anpassung des Ökostromgesetzes ermöglicht, einen Stillstand des Ausbaus 2020 zu verhindern. Der Ausbau beinhaltet jedoch erst einen Bruchteil der notwendigen Schritte bis 2030 - 100% Ökostrom im bisherigen Tempo würde erst 2050 erreicht.

"Es ist zu hoffen, dass dies der Anfang ehrlicher Partei übergreifender Zusammenarbeit und echter Verantwortung im Klimaschutz ist", so Peter Püspök, Präsident des Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ). "Allerdings reicht das derzeitige Ausbautempo nicht aus, um unsere Ziele bis 2030 zu erreichen."
Erfreulich ist, dass die teilweise seit 2016 in der Wartschlange festhängenden Windparks nun mit Förderverträgen bedient werden können, wenn auch mit schmerzlichen Einschnitten bei den Einspeisetarifen. Die Lösung erfolgt jedoch auf Kosten der Zukunft durch einen Vorgriff auf die Fördermittel von 2021. Durch den Abbau der Warteschlange werden diese Mittel aufgebraucht. Für neue Projekte gibt es damit keine Perspektive. "Das ist schade, angesichts der Klimakrise hätten wir mutige Schritte erwartet ", kommentiert Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft die Einigung.


Zumindest im Bereich der Kleinwasserkraft wird dadurch keine einzige Kilowattstunde zusätzlich produziert werden und die Benachteiligung für Überschusseinspeiser (das sind jene Betreiber die einen Teil des produzierten Stroms selbst verbrauchen und den Rest ins öffentliche Netz einspeisen) bleibt erhalten.

Für die Kleinwasserkraft ist nur eine einzige Maßnahme relevant, und zwar, dass eine bisher - nach Meinung von Juristen - falsch ausgelegte Passage klargestellt wird. "Dass diese Klarstellung - auf die unsere Betreiber ja ohnehin bereits Anspruch gehabt hätten - nun als Warteschlangenabbau verkauft wird, kann eigentlich nur unter Wahlkampf verbucht werden!" hält Kleinwasserkraft Österreich Präsident Christoph Wagner fest. Immerhin könnten aber zumindest jene mehr als 100 Anlagen die derzeit in der Warteliste stehen, spätestens 2020 mit einem Vertrag rechnen. Neue Projekte Im Bereich würden aber voraussichtlich wieder warten müssen.

"Wir begrüßen die Beendigung der Eigenstromsteuer bei Photovoltaik sehr," so Wagner weiter, "warum hier aber die anderen Erneuerbaren wie insbesondere die Kleinwasserkraft ausgenommen werden, ist unverständlich! Dies ist eine klare Benachteiligung von KMUs die ein Kleinwasserkraftwerk betreiben."

"Die Einigung zur Novellierung des Ökostromgesetzes ist für die Biogasbranche eine ganz Wesentliche. Den Biogasanlagen die Möglichkeit zu geben, bis zu einem Erneuerbaren Ausbaugesetz in Produktion zu bleiben, eröffnet die Möglichkeit, diese Anlagen Richtung Biomethaneinspeisung weiter zu entwickeln", so Nobert Hummel vom Kompost und Biogas Verband Österreich. Ohne Änderung der derzeitigen Rahmenbedingungen hätten Biogasanlagen mit großem Potential zur Gaseinspeisung stillgelegt werden müssen. "Die Novelle bringt eine kleine Verschnaufpause. Der Umbau unseres Energiesystems Richtung Erneuerbare wird aber noch weitere intensive Diskussionen und rasche Entscheidungen bedürfen. Der Kompost und Biogas Verband Österreich sieht hier die Bereiche der Versorgungssicherheit insbesondere im Winter, der Emissionsminderungsnotwendigkeit im Verkehrssektor und die Verbindung mit der heimischen Wertschöpfung als Themen der Biogas- und Biomethanbranche".

Mit den beschlossenen Fördermitteln wir der benötigte Ausbaukorridor in Richtung 100 Prozent erneuerbaren Strom beschritten. Es liegt aber noch ein sehr langer und intensiver Weg vor uns, um in den nächsten 10 Jahren vollständig erneuerbaren Strom zu garantieren. Dazu muss das Ausbautempo noch deutlich erhöht werden.", bekräftigt Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverband Photovoltaic Austria.

Bereits gestern wurde außerdem, nach mehrmaligen Ankündigungen, im Nationalrat die Streichung der Eigenstromsteuer, eine Abgabe auf selbst erzeugten und selbst verbrauchten Photovoltaik-Strom, beschlossen. Die Abschaffung der Abgabe ist ein sehr starker Motivator für Unternehmen, die hohe Stromverbräuche haben und in Photovoltaik investieren wollen. Vor allem auch für PV-Gemeinschaftsanlagen sowie zukünftig mögliche umfassendere Erneuerbare Energie-Gemeinschaften, die ihren Eigenverbrauch fokussieren, kommt die steuerliche Erleichterung rechtzeitig.

Trotz der Einigung im Parlament wird es notwendig sein, nach der Nationalratswahl sehr rasch mit Gesprächen für das geplante Erneuerbaren Ausbaugesetz zu beginnen. Die Energiewirtschaft braucht entsprechende Rahmenbedingungen, um ihren Beitrag zum Erreichen der 2030-Klimaziele leisten zu können. "Die heute im Parlament bewiesene Einigkeit und Entschlossenheit wird in Zukunft noch öfters gefragt sein. Die Energiewende ist eine große Herausforderung, die wir nur gemeinsam stemmen können", stellt Michael Gerbavsits, Vorstandsvorsitzender der Energie Burgenland, klar.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /