© EU-Kommission - Vertretung in Österreich/APA-Fotoservice/Hörmandinger -  Helmut Burtscher (Umweltchemiker GLOBAL 2000) und Vytenis Andriukaitis (EU Gesundheitskommissar).
© EU-Kommission - Vertretung in Österreich/APA-Fotoservice/Hörmandinger - Helmut Burtscher (Umweltchemiker GLOBAL 2000) und Vytenis Andriukaitis (EU Gesundheitskommissar).

Mehr Transparenz: EU-Kommission sucht Österreichs Unterstützung

GLOBAL 2000 sieht „enormes Potential“ für Lebensmittelsicherheit

Wien - „Eine kleine Änderung des Lebensmittelrechts würde genügen, um das EU- Zulassungssystem im Lebensmittelbereich zu revolutionieren. Und zwar zum Vorteil der Landwirte, der Konsumenten und der Umwelt“, erklärt Helmut Burtscher-Schaden, Mit-Initiator der Europäischen Bürgerinitiative „Stop Glyphosat“ und GLOBAL 2000-Chemiker, bei einem Pressegespräch mit Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, in Wien.

Mitte April hatte die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der die automatische Veröffentlichung aller Studien zu EU-Zulassungsverfahren in puncto Lebensmittelsicherheit vorsieht. „Mit diesem Vorstoß für mehr Transparenz reagieren wir auf die Bedenken der Menschen in Europa“, erklärt Andriukaitis. „Ich hoffe, dass das Gesetz noch vor den Europawahlen im Mai 2019 verabschiedet werden kann. Dafür braucht es aber die Unterstützung des Europäischen Parlaments und der Mitgliedsstaaten. Der EU-Ratsvorsitz Österreichs kann dabei eine entscheidende Rolle spielen. Die positiven Signale von Bundesministerin Köstinger beim letzten Umweltrat waren insofern erfreulich.“

GLOBAL 2000 plädiert ebenfalls für eine Einigung vor den Europawahlen, warnt aber gleichzeitig vor möglichen Schlupflöchern: „Der Teufel steckt im Detail“, erklärt Burtscher-Schaden: „Da der Gesetzesvorschlag die Geheimhaltung bestimmter vertraulicher Informationen vorsieht und bereits existierende „geistige Eigentumsrechte“ der Hersteller unangetastet lässt, könnten Nachbesserungen durch Mitgliedstaaten und Parlament zur Verhinderung von Missbrauch erforderlich sein.“

Kritik an der Geheimhaltung von Studien war im Zuge der Glyphosat-Debatte laut geworden: Während die Weltgesundheitsorganisation WHO Glyphosat aufgrund vorliegender Studien als „möglicherweise krebserregend für Menschen“ eingestuft hatte, erklärte die EU-Lebensmittelbehörde EFSA das Pestizid für „wahrscheinlich nicht krebserregend“ und begründete diese Einschätzung mit vertraulichen Branchenstudien, die der WHO nicht vorlagen. Die Nicht- Überprüfbarkeit dieser Studien sorgte für allgemeine Kritik am EU-Zulassungsverfahren.

Andriukaitis führt aus: „Mit diesem Gesetzesvorschlag hat die EU-Kommission auf die Forderungen der Europäischen Bürgerinitiative „Stop Glyphosat“ reagiert, die von mehr als einer Million Menschen in Europa unterzeichnet wurde. In puncto Transparenz sind wir sogar noch einen Schritt weiter gegangen und haben die gleichen Regeln auch auf Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, Lebensmittelkontaktmaterialien, gentechnisch veränderte Organismen und andere lebensmittelbezogene Fälle angewendet.“

Während der Kommissionsvorschlag einerseits zentrale Forderungen der Bürgerinitiative unberücksichtigt ließ, enthält er andererseits Elemente, die darüber hinausgehen.

In ihnen sieht GLOBAL 2000 ein enormes Potenzial für einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz:

- Die EFSA richtet ein Verzeichnis aller in Auftrag gegebenen Studien ein, um sicherzustellen, dass Antragsteller alle durchgeführten Studien vorlegen, unabhängig vom Ergebnis.

- Die EFSA erhält die Möglichkeit, in Ausnahmefällen Gegengutachten in Auftrag zu geben, um sich im Falle widersprüchlicher Ergebnisse selbst ein Bild machen zu können.

- Ausbau der operativen und personellen Ressourcen der EFSA, um ihre wissenschaftliche Unabhängigkeit zu erhöhen.

Für die benötigten operativen und personellen Ressourcen sieht der Kommissionsvorschlag eine deutliche Erhöhung des EFSA-Budgets um 62,5 Millionen Euro jährlich vor.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /