© Gerhard Gellinger - pixabay.com / Flugzeug
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Nun doch Bau der dritten Piste am Flughafen Wien?

Ein Rückschritt für den Klimaschutz - Hohe Treibhausgasemissionen, sinkender Bedarf und viele Verlagerungsmöglichkeiten auf die Bahn

Nach der heutigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, das den Bau der dritten Piste in Wien-Schwechat ermöglicht, äußern sich zahlreiche Stimmen auch vehement gegen die Umsetzung des Projekts.

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 meint: "Dieses klimaschädliche und unnötige Projekt darf nicht gebaut werden! Klimaschädliche Emissionen aus dem Flugverkehr sind bereits in den letzten Jahren massiv angestiegen, ein weiterer Anstieg um 250 Prozent durch den Bau der dritten Piste kann einfach nicht verkraftet werden. Mit einem Ausbau von umweltfreundlichen Alternativen wie der Bahn können zudem mindestens ebensogut Arbeitsplätze geschaffen werden", betont Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.


"Schon die derzeitige Belastung durch den Flugverkehr ist extrem hoch. Anstatt den nächsten Anschlag auf unser Klima zu planen, sollten Pläne entwickelt werden, wie die bereits hohe Belastung verringert werden kann, dafür braucht es die Entwicklung von nachhaltigen Mobilitätsangeboten", sagt Wahlmüller.

Sinkendes Flugaufkommen und Verlagerungsmöglichkeiten

Der Bau der dritten Piste ist auch aus verkehrspolitischer Sicht nicht notwendig, weil seit Jahren das Flugaufkommen beständig sinkt. Gab es im Jahr 2012 noch 244.650 Flugbewegungen am Standort Wien, waren es im Jahr 2016 nur noch 226.395, das entspricht einer starken Abnahme um 7,5 Prozent. Die Anzahl der Fluggäste stieg in diesem Zeitraum allerdings von 22,17 auf 23,35 Mio. Personen. Zudem besteht großes Verlagerungspotenzial auf die Bahn. Rund 40 Prozent der Flüge gehen in Städte in Nachbarländer, die auch direkt mit der Bahn erreichbar sind. Durch schnelle und bequeme Verbindungen steigt die Konkurrenzfähigkeit der Bahn derzeit an.

Wahlmüller: "Die Bundesländer Wien und Niederösterreich sind mit jeweils 20 Prozent am Flughafen Wien beteiligt, indirekt könnten somit auch die BürgerInnen eine teure Rechnung präsentiert bekommen, wenn sich das Projekt wirtschaftlich nicht rechnet. Diese Sorge ist berechtigt, denn es besteht großes Verlagerungspotenzial auf die Bahn, die immer konkurrenzfähigere Angebote entwickelt."

Unfaire Steuervorteile für den Flugverkehr

Die für die Rechtfertigung des Bauvorhabens verwendeten hohen prognostizierten Wachstumsraten im Flugverkehr haben andere Ursachen. Denn die klimaschädlichste Art zu reisen wird durch Steuervorteile künstlich verbilligt, im Verkehrsbereich ist keine Kostenwahrheit gegeben. Fluglinien müssen im Gegensatz zur Bahn keine Steuern für Treibstoff (Kerosin) bezahlen, keine Mehrwertsteuer auf Tickets entrichten und der Flughafen selbst ist von der Grundsteuer befreit. Allein für Österreich beläuft sich der Steuerentfall durch diese unfairen Wettbewerbsvorteile laut WIFO auf mehr als 500 Mio. Euro jährlich (2).

"Unfaire Wettbewerbsvorteile für den Flugverkehr müssen endlich der Vergangenheit angehören. Mit dem Ausbau der Bahninfrastruktur können mindestens ebensogut Arbeitsplätze geschaffen werden, wie mit einem Ausbau des Flughafens. Eine Verlagerung auf andere Flughäfen wird es nicht geben, wenn günstige, umweltfreundliche und komfortable Mobilitätsangebote geschaffen werden", betont Wahlmüller.

Dritte-Piste-Entscheidung: Ein Rückschritt für den Klimaschutz

Greenpeace bedauert die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts den Bau der dritten Landebahn auf dem Flughafen Wien jetzt doch noch zu genehmigen. "Die heutige Entscheidung ist ein deutlicher Rückschritt für das Klima. Der Verkehr ist das größte Sorgenkind der österreichischen Klimapolitik. Anstatt klimaschädliche Infrastruktur auszubauen, sollte die Politik in umweltfreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn investieren”, fordert Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher bei Greenpeace in Österreich.

Im Februar 2017 hatte sich das Bundesverwaltungsgericht bereits gegen den Ausbau des Flughafens ausgesprochen. Als Grund wurde der Klimaschutz angeführt. Denn der Bau würde die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen deutlich erhöhen. Der Verfassungsgerichtshof hob jedoch kurz darauf die Entscheidung auf. Ab heute ist klar, dass die dritte Landebahn nun doch gebaut werden kann. "Schon jetzt steht Österreich in Sachen Klimaschutz denkbar schlecht da. Mit der heutigen Entscheidung wird sich die Klimabilanz deutlich verschlechtern”, sagt Pawloff. In Österreich sind die Emissionen im Verkehrssektor zwischen 1990 und 2015 um 60 Prozent gestiegen, in der EU um 16 Prozent. Besonders der Flugverkehr hat in diesem Zeitraum zugenommen, um insgesamt 106 Prozent, und verursacht in der EU jährlich rund 143 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase. Das ist fast das Doppelte der Menge, die Österreich pro Jahr an Treibhausgasen ausstößt. Treibhausgasemissionen der Luftfahrt sind besonders klimaschädlich, da sie in großen Höhen in die Atmosphäre gelangen.

"Ein Großteil der Flugreiseziele ab Wien könnten ganz einfach mit der Bahn zurückgelegt werden”, betont der Klima- und Energiesprecher. Städte wie Frankfurt, Zürich oder Berlin sind mit der Bahn in weniger als neun Stunden zu erreichen, München sogar schon in vier Stunden. Fünf der zehn beliebtesten Reiseziele sind direkt mit dem Nachtzug zu erreichen. Zudem ist die Bahn pro zurückgelegtem Kilometer um rund 50 Mal klimaschonender als das Fliegen.

"Es kann nicht sein, dass ein Bahnticket besteuert wird und somit spürbar teurer ist als der Flugverkehr, der von solchen Abgaben ausgenommen ist. Hier braucht es mindestens eine Angleichung, besser wäre es wenn die Bahn steuerlich im Vorteil wäre”, so Pawloff. "Die Bundesregierung muss sich klar zu mehr Klimaschutz und zur Bahn bekennen. Das heißt auch Geld für den Ausbau der Bahn in die Hand zu nehmen”, fordert Pawloff abschließend.

Wer klimaschädliche Infrastruktur ausbaut, landet in teurer Sackgasse

Der WWF Österreich sieht ebenfalls ein falsches Signal. "Österreich Klimabilanz wird sich damit weiter verschlechtern, die Abhängigkeit von fossilen Energien weiter erhöhen. Daher muss die Bundesregierung in Zukunft deutlich mehr in Klimaschutz und nachhaltige Mobilität investieren. Zusätzlich müssen umweltschädliche Subventionen wie zum Beispiel für Kerosin und Diesel rasch abgebaut werden", sagt Hanna Simons vom WWF Österreich in einer ersten Reaktion auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts. "Denn wer trotz der Vorgaben des Pariser Abkommen weiter in klimaschädliche Infrastruktur investiert, landet langfristig in einer teuren Sackgasse", kritisiert Simons, die deshalb von Umweltministerin Elisabeth Köstinger und Infrastrukturminister Norbert Hofer eine ambitionierte und naturverträgliche Klima- und Energiestrategie einfordert.

Der WWF Österreich verweist darauf, dass mit der jetzigen Entscheidung auch der bisher vorgeschobene Anlass für die Staatsziel-Bestimmung Wirtschaftsstandort endgültig wegfällt. "Die Bundesregierung sollte ihre Pläne zurückstellen und sich endlich den wahren Herausforderungen einer naturverträglichen Energiewende widmen. Zubetonieren statt Klimaschützen ist der falsche Weg", bekräftigt Hanna Simons.
Als Gründe für die ursprüngliche Absage wurden der steigende CO2-Ausstoß und der Bodenverbrauch durch Versiegelung genannt. Die Probleme sind heute noch dieselben, nur das Urteil ist ein völlig anderes.

"Dieses Urteil spielt der Regierung perfekt in die Hände", meint Martha Bißmann, Umweltsprecherin der Liste Pilz, und weiter: "Tempo 140, die Halbierung der Ticketabgabe, Budgetkürzungen bei der ÖBB und nun der Bau der 3. Piste am Flughafen Schwechat: Das sind alles Schritte in Richtung einer klimaschädlicheren Mobilität. Wir dürfen die 3. Piste nicht gesondert betrachten, sondern müssen uns den Gesamtkontext vor Augen führen."

"Die Regierung verhindert in jeder Hinsicht, Österreich endlich wieder zu einem Umwelt-Musterland zu machen. Künftig sollen sogar die Interessen der Wirtschaft als Staatsziel in die Verfassung. Wer sich die Entwicklungen der letzten Monate vor Augen führt, muss sich fragen, inwiefern das überhaupt noch nötig ist", sagt Bißmann.




(1) Vgl. Umweltbundesamt (2017): Klimaschutzbericht, S. 101

(2) Vgl. WIFO (2016): Subventionen und Steuern mit Umweltrelevanz in den Bereichen Energie und Verkehr


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /