470 Organisationen warnen: EU plant beispiellosen Angriff auf soziale und ökologische Schutzvorschriften
Brüssel - Die EU-Kommission plant einen beispiellosen Angriff auf soziale und ökologische Schutzvorschriften. Unter dem Vorwand des „Bürokratieabbaus“ will sie in den nächsten vier Jahren rund ein Drittel der EU-Regeln, die Konzerne betreffen, abschaffen oder verwässern – gebündelt unter anderem in großen Gesetzespaketen namens „Omnibus“. Dazu zählen beispielsweise schwächere Klimaschutz- und Chemikaliengesetze oder die Schwächung der Lieferkettenrichtlinie und der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Am Tag vor Ursula von der Leyens „Rede zur Lage der EU“ warnen daher weltweit 470 Organisationen in einem gemeinsanen Statement vor diesem beispiellosen Kahlschlag - darunter z.B. Attac Österreich, ÖGB, AK Europa, der Umweltdachverband und GLOBAL 2000. Die Organisationen kritisieren zudem den privilegierten Zugang von Unternehmen zum Gesetzgebungsprozess. Sie fordern die Gesetzgeber auf, Menschenrechte, soziale Rechte und Umweltschutz zu fördern, anstatt sie Profitinteressen zu opfern.
„Für Konzerne sind Regeln, die Arbeitnehmer*innen, Konsument*innen und die Umwelt schützen, ein Kostenfaktor. Nun sollen viele Schutzvorschriften in einem nie dagewesenen Umfang Profitinteressen zum Opfer fallen. Die Folge wären mehr Macht für Konzerne, weniger Schutz für Menschen und Demokratie“, erklärt Mario Taschwer von Attac Österreich. „In Zeiten wachsender Ungleichheit, Klimakrise und Demokratieabbau braucht Europa das Gegenteil: starke Regeln zum Schutz von Arbeitsrechten, Umwelt und Demokratie.“
Von der Deregulierungswelle bedrohte Bereiche (Auswahl):
Klimaschutz und Umwelt:
Die Klimaziele sollen aufgeweicht werden: Das nun vorgeschlagene 2040-Reduktionsziel von 90 Prozent enthält zahlreiche Schlupflöcher. In der Landwirtschaft sollen zentrale Umweltauflagen wie der Schutz von Mooren und Feuchtgebieten aus der Gemeinsamen Agrarpolitik gestrichen werden
Soziale Rechte und Arbeitsrechte:
Das geplante „28. Regime“ soll Unternehmen erlauben, sich anstelle der (27) nationalen Regeln für ein paralleles, schwächeres EU-Regelwerk zu entscheiden. Das könnte Unternehmen ermöglichen, nationale Arbeits- Sozial- und Steuerrechte zu umgehen und einen Wettlauf nach unten in Gang setzen.
Gesundheit und Verbraucher*innenschutz:
Geplante Lockerungen bei Chemikalien- und Kosmetikregelungen gefährden die Gesundheit von Konsument*innen. Transparenzvorschriften für Industrie und Finanzsektor sollen massiv zurückgenommen werden.
Digitale Rechte und Datenschutz:
Selbst die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wird wieder aufgeschnürt. Damit könnte die Verarbeitung sensibler Daten ohne ausreichenden Schutz möglich werden. Auch das EU-Regelwerk zu Künstlicher Intelligenz (AI Act) steht zur Disposition – eine Einladung zu mehr Überwachung und Missbrauch durch Staat und Konzerne.