VIRUS kritisiert Lobautunnel-Strategie als „Schildbürgerstreich S1-Nord“
Wien - Die Umweltorganisation VIRUS, spezialisiert auf die Verkehrsachse S1, übt scharfe Kritik an der Kommunikation von Verkehrsminister Hanke zum geplanten Lobautunnel. „Am Donnerstag wurde von Hanke eine Nebelgranate gezündet: Alle sollen glauben, der Lobautunnel werde tatsächlich gebaut. Gleichzeitig wird der Zeithorizont 2030 bis 2040 in den Raum gestellt – genau bis zu jenem Jahr, in dem Österreich klimaneutral sein muss. Im Windschatten läuft jedoch der Schildbürgerstreich S1-Nord ab: Wir können zwar den Tunnel nicht bauen, aber betonieren tun wir trotzdem, um unsere Interessen abzusichern“, sagt VIRUS-Sprecher Wolfgang Rehm.
Rehm kritisiert, dass die aktuelle Strategie im Nordosten Wiens zu einem „Dauerprovisorium besonderer Art“ führe. „Wenn diese Salamitaktik so weitergeht, entsteht ein Verkehrsmagnet, der die bestehenden Probleme verschärft. Den Menschen im Viertel scheint Hanke völlig egal zu sein.“
Auch die nun kolportierte Bauzeit des Projekts hält Rehm für unrealistisch: Bei einem geplanten Baubeginn im Frühjahr 2026 für den Nordabschnitt bis zum Ende 2032 ergibt sich eine Gesamtdauer von 16 Jahren – deutlich länger als die sechs Jahre, die die Asfinag 2017 vor Gericht noch in Aussicht gestellt hatte. „Von Leistungssteigerung kann hier keine Rede sein“, so Rehm.
Die mediale Begleitmusik zur Pressekonferenz des Ministers bezeichnet Rehm als „Konzert fokussierter Unintelligenz“, insbesondere von S1-befürwortenden Politiker:innen und Interessensvertreter:innen. Dabei falle auch die Wiener Planungsstadträtin Sima negativ auf: Ein Änderungsverfahren für die Seestadt Aspern, das VIRUS bereits vor Jahren vorgeschlagen hatte, sei unbemerkt von ihr abgeschlossen worden. „Jetzt könnte ein weiterer Teil dieses noch wunderschönen Geländes für die Betonstadt geopfert werden – ohne, dass auf irgendeine Straße gewartet werden müsste“, erklärt Rehm.
Die Umweltorganisation benotet den Evaluierungsprozess von Hanke mit „Nicht Genügend“. Statt eines umfassenden Berichts oder wissenschaftlicher Untersuchung habe es lediglich eine verdeckt angekündigte Pressekonferenz mit der Asfinag sowie eine späte, inhaltsarme Ministeriums-Homepage gegeben. Verkehrsentlastungen für den in Wien kaum relevanten Durchzugsverkehr würden ebenso wenig belegt wie hohe Arbeitsplatz- oder Staukostenzahlen, die lediglich aus Boulevardmedien stammen.