Tschechien: ČEZ nutzte über ein Jahr lang illegalen Drei-Milliarden-Euro-Kredit
Prag - Der halbstaatliche Energiekonzern ČEZ nahm während der Energiekrise mehr als ein Jahr lang einen staatlichen Kredit in Höhe von drei Milliarden Euro (rund 75 Milliarden Kronen) in Anspruch - ohne die dafür notwendige Genehmigung der Europäischen Kommission. Erst Ende Juli 2023 wurde die Beihilfe in Brüssel offiziell gebilligt. Bis dahin war das Darlehen eigentlich europarechtlich illegal, wie aus einem Schreiben der Generaldirektion Wettbewerb hervorgeht, auf das sich das Portal Česká justice beruft.
„Die Tschechische Republik startete das Programm, bevor die Kommission es genehmigte. Die gewährte Beihilfe ist daher als illegal einzustufen“, so Pierre-Arnaud Proux von der Generaldirektion Wettbewerb in dem offiziellen Schreiben. Zwar habe die EU die Maßnahme später als vereinbar eingestuft, doch Juristen warnen, dass die Einstufung als unrechtmäßig Klagen gegen den tschechischen Staat ermöglichen könnte.
Das tschechische Finanzministerium verteidigt den Kredit mit Verweis auf die dramatische Lage nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Auch ČEZ-Sprecher Ladislav Kříž betonte den Ausnahmecharakter der Situation. Das Unternehmen sei 2022 dem Risiko eines „totalen Zusammenbruchs“ ausgesetzt gewesen. Der Kredit sei auf Grundlage des „Europäischen Befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen“ vergeben worden, der Mitgliedsstaaten schnelle Unterstützung in der Energiekrise ermöglichen sollte. Ähnliche Maßnahmen habe es auch Deutschland, Österreich und Finnland gegeben.
Allerdings räumte Kříž ein, dass im Jahresbericht von ČEZ zwar über den Kredit berichtet wurde, nicht jedoch über die fehlende Notifizierung durch die EU-Kommission.
Für zusätzliche Kritik sorgt die Entscheidung der ČEZ-Hauptversammlung im Juni 2023, eine Rekorddividende von 78 Milliarden Kronen an die Aktionäre auszuschütten - zu einem Zeitpunkt, als der Kredit noch nicht genehmigt war. Erst wenige Tage vor Auszahlung der Dividende erteilte die Kommission ihre Zustimmung.
Das Finanzministerium habe damit bewusst ein Risiko eingegangen, berichtet Česká justice. Der Kreditvertrag vom 29. Juni 2022 sah einen Rahmen von bis zu drei Milliarden Euro vor: zwei Milliarden in Form klassischer Darlehen (A und B) sowie eine Milliarde als revolvierenden Kredit (C). Die Mittel waren ausschließlich zur Hinterlegung von Sicherheitsleistungen im Strom-, Gas- und Emissionshandel bestimmt und wurden laut ČEZ inzwischen vollständig zurückgezahlt.