Stillgewässer in Österreich: Lebensräume im Wandel
Wien - BirdLife Österreich hat nun erstmals eine bundesweite Langzeitbilanz für Wasservögel vorgelegt und damit ein umfassendes Bild über 30 Jahre Veränderungen an 198 Stillgewässern geschaffen.
Hotspots der Biodiversität
Ob Teiche, Lacken, Stauseen oder natürliche Seen – auf nur rund drei Prozent der Landesfläche brütet ein Viertel aller heimischen Vogelarten. „Zwei Drittel unserer Sumpf- und Wasservögel stehen auf der Roten Liste oder gelten als besonders schutzbedürftig“, erklärt Remo Probst von BirdLife Österreich. Die Tiere sind auf intakte Schilfgürtel und Verlandungszonen angewiesen – Lebensräume, die zunehmend unter Druck geraten. Besonders in der Zugzeit und im Winter dienen die Gewässer als wichtige Rastplätze für Zugvögel aus dem Norden.
Ein einzigartiger Zeitvergleich
Die aktuelle Erhebung (2024–2025) knüpft an die erste Stillgewässerbewertung von 1988–1991 an. Auf Basis von rund 20.000 Datensätzen wurde die Entwicklung über mehr als drei Jahrzehnte sichtbar gemacht. Von den damals definierten 38 Zielarten konnten 37 erneut nachgewiesen werden; der Rothalstaucher gilt inzwischen in Österreich als erloschen.
Veränderungen im Überblick
Die Analyse zeigt: 43 % der Gewässer behielten ihre ursprüngliche Bedeutung, 37 % wurden abgewertet und 21 % konnten aufgewertet werden. Besonders betroffen sind die Lacken im Seewinkel, wo sinkende Grundwasserstände zum Austrocknen ganzer Brutareale führen. Auch an vielen Alpenrandseen, etwa in Kärnten und Oberösterreich, wirken Freizeitdruck und Wellenschlag motorisierter Boote negativ auf die Vogelbestände.
Gleichzeitig zeigen Renaturierungen positive Effekte: Im Weidmoos (Salzburg), an den Stauseen von Inn und Drau oder auf Ausgleichsflächen wie Großwilfersdorf (Steiermark) haben sich vielfältige Brutgemeinschaften etabliert, die natürlichen Lebensräumen in nichts nachstehen.
Regionale Schwerpunkte
Zu den wichtigsten Wasservogelgebieten zählen der Neusiedler See (Burgenland), der Bodensee, Stauseen an Inn, Enns und Drau, die Waldviertler Teiche, das Weidmoos (Salzburg) und das Klagenfurter Becken. Hier leben die größten Bestände und die höchste Artenvielfalt, diese Gebiete sind zentrale Rückzugsräume für spezialisierte Wasservögel.
Klimawandel verändert Lebensräume
Der Klimawandel führt zu einer Verlagerung der Brutgebiete in höhere Lagen. Arten wie Zwergtaucher, Reiherente oder Blässhuhn brüten mittlerweile bis über 1.700 Meter Höhe, etwa am Schwarzen See in Tirol. Diese Verschiebung kann die Verluste in tieferen Lagen jedoch nicht ausgleichen.
Ausblick: Monitoring als Schlüssel zum Schutz
Die Langzeitbilanz bildet die Grundlage für ein zukünftiges Monitoring. Künftige Erhebungen sollen in kürzeren Abständen erfolgen, um Ursachen für Bestandsveränderungen – von Lebensraumqualität über Freizeitdruck bis zu Klimafaktoren – gezielt zu erfassen.
„Nur wer den Zustand seiner Lebensräume kennt, kann sie auch wirksam schützen“, betont Remo Probst. „Stillgewässer sind unverzichtbare Hotspots der Biodiversität – ihr Erhalt erfordert entschlossenes Handeln und nachhaltiges Management.“