Schweiz: E-Roller der Post als virtuelles Kraftwerk
Virtuelles Kraftwerk
Im Rahmen des Projekts testet das Projektteam zusammen mit dem Freiburger Netzbetreiber Groupe-e, ob die Batterien der Roller zusammen als virtuelles Kraftwerk genutzt werden können, um den effizienten Stromnetzbetrieb zu unterstützen. «Sobald die Roller am frühen Nachmittag im Depot eintreffen, berechnen wir Lade- und Entladeprofile gemäss dem variablen Tarif der Groupe-e, um den maximalen Nutzen der Fahrzeuge zur Unterstützung des Stromnetzes zu erreichen», sagt Severin Nowak von der HSLU. Einzige Bedingung ist, dass die Batterien morgens um 5 Uhr wieder voll aufgeladen sind, wenn die Zustelltouren beginnen. Die Batterien der Zustellfahrzeuge sollen zum Ausgleich der Netzauslastung genutzt werden können.
Wenn die Post die Batterien ihrer Roller in der Nacht mit einem tiefen Stromtarif lädt und den Strom dafür tagsüber zu einem hohen Tarif ins Netz zurückspeist, könnte sie damit Geld verdienen. Diese Differenz auf Basis von dynamischen Stromtarifen bezeichnet man in der Fachsprache als Arbitrage. Noch sind dynamische Tarife nicht grossflächig verfügbar, daher sind die wirtschaftlichen Bedingungen für die Rückspeisung ins Netz nicht überall in der Schweiz gegeben. Im Netzgebiet der Groupe-e können durch das bidirektionale Laden aber schon heute dank variablen Tarifen entscheidende Einsparungen beim Verbrauch innerhalb desselben Areals erreicht werden. «Mit dem Projekt in Fribourg wollen die Beteiligten herausfinden, ob die Skaleneffekte durch die hohe Zahl an Rollern gross genug wären, damit die Post mit Hilfe der Arbitrage Geld verdienen könnte.», sagt Michael Graf, der die Post im Projekt vertritt. Gegenwärtig ergeben die Hochrechnungen einen Mehrwert von CHF 2500 pro Fahrzeug über dessen ganze Lebensdauer. Das Projekt in Fribourg in Zusammenarbeit mit Groupe-e soll aufzeigen, ob diese Modellierung auch dem Realitäts-Check standhält. In Zukunft könnten durch höhere Preisvariabilität noch höhere Erträge möglich werden.
Neben diesen wirtschaftlichen Fragen geht es im Projekt aber vor allem um die technische Machbarkeit des bidirektionalen Ladens mit Wechselstrom (AC). Während der ganzen Projektdauer von vier Monaten läuft der Zustellbetrieb im gewohnten Umfang weiter, die Roller müssen deshalb täglich einsatzbereit sein.
Die Firma Kyburz, die schon 2023 Fahrzeuge mit bidirektionaler Ladetechnologie präsentierte, hat die für die Realisierung des Projekts erforderlichen Akteure zusammengebracht. Sie rüstete insgesamt neun Roller der Post um, damit sie für den Test des bidirektionalen Ladens bereit waren. Weitere Installationen im Depot waren nicht nötig. Es ist das erste Mal in der Schweiz, dass das bidirektionale Laden mit Fahrzeugen der letzten Meile getestet wird. Die Post wechselt für die Dauer des Tests am Standort Fribourg zu variablen Stromtarifen, um den Arbitrage-Effekt ausschöpfen zu können. Die Steuerung der Fahrzeuge erfolgt dabei mit Hilfe des Backend-Systems von Kyburz Switzerland AG sowie auf Basis von Lade-/Entlade-Algorithmen der Hochschule Luzern, die direkt auf die jeweils gültigen Tarife von Groupe-e abgestimmt sind.