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Retro "Energiemasterplan" der WKO: Ein Angriff auf Klimaschutz und demokratische Grundrechte

12.10.2024

Geleaktes Dokument zeigt geplanten Angriff auf Demokratie, Bürgerbeteiligung und Klimaschutz - Rat an nächste Regierung, Plan nach Erhalt direkt zu entsorgen

© Chris LeBoutillier auf Pixabay / Fossile Energie
© Chris LeBoutillier auf Pixabay / Fossile Energie
Die Umweltschutzorganisationen GLOBAL 2000, ÖKOBÜRO und Greenpeace warnen vor vehementen Rückschritten beim Umwelt- und Klimaschutz, wenn sich jene Forderungen durchsetzen, die im gestern geleakten Dokument des WKO Energiemasterplans enthalten sind. Greenpeace kritisiert, dass der geplante "Energiemasterplan" eine Katastrophe ist, sowohl aus ökologischer als auch demokratiepolitischer Sicht.
"Die Wirtschaftskammer zeigt mit diesem Retro-Dokument eine rückschrittliche Mentalität, wie wir sie seit Jahrzehnten in Österreich nicht mehr kennen. Bürger:innen und Umweltorganisationen aus Genehmigungsverfahren auszuschließen, zeigt das mangelnde Demokratieverständnis von Teilen der Wirtschaftskammer. Wir fordern Harald Mahrer als Präsident der WKO auf, diesen sogenannten "Energiemasterplan" wieder zurück an den Start zu schicken und endlich einen zukunftsorientierten Zugang zu Energiewende, Umwelt- und Klimaschutz zu finden. Viele Unternehmen leisten längst ihren Beitrag zu Energiewende und Klimaschutz, hier agiert die Wirtschaftskammer auch an den vielen konstruktiven Kräften in Unternehmen vorbei", so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.
Viktoria Ritter, Umweltjuristin bei ÖKOBÜRO, unterstreicht die Kritik am geleakten Energiemasterplan der WKO: "Anerkannte Umweltschutzorganisationen sind am Genehmigungsverfahren von umweltrelevanten Projekten zu beteiligen, sie müssen auch Beschwerderechte haben - alles andere verstößt gegen das Völker- und Europarecht. Schon derzeit betreibt die Europäische Kommission wegen der mangelhaften Beteiligungsrechte von Umweltschutzorganisationen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik, das bei Nicht- Umsetzung in einer Klage beim EuGH münden kann. Eine Einschränkung so wie die WKO sie vorschlägt, würde die Vertragsverletzung noch verstärken. Die Verfahrensbeteiligung von Umweltschutzorganisationen dient der Sicherstellung von Umweltschutzstandards und stützt die öffentliche Akzeptanz von Energieprojekten."
Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen Genehmigungsbescheide führt dazu, dass Projekte während eines Beschwerdeverfahrens vor dem Gericht bereits gebaut werden dürfen. Das widerspricht dem europarechtlichen Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes: Es werden Schäden an der Umwelt verursacht, die im Nachgang schwer rückgängig gemacht werden können. Die Streichung von Beschwerderechten an den Verwaltungsgerichtshof führt zu mehr Rechtsunsicherheit: Dadurch wird verhindert, dass grundsätzliche Rechtsfragen durch den Gerichtshof auch für zukünftige Fälle geklärt werden und diese müssen im nächsten Verfahren wieder aufgerollt werden.

WKO bleibt im fossilen Zeitalter gefangen

Auch sonst sieht GLOBAL 2000 viel Rückschrittliches im vorliegenden WKO-Dokument. So möchte die WKO erreichen, dass zahlreiche Steuerbegünstigungen eingeführt werden, darunter auch eine Steuersenkung auf fossiles Erdgas. Damit würde umweltschädliche Energie günstiger werden und die notwendige Energiewende behindern.
Gleichzeitig hält man an Scheinlösungen fest und will E-Fuels im Straßenverkehr einsetzen, obwohl diese Treibstoffe schlicht nicht vorhanden sind und als ineffizienteste und teure Technologie sich mit einem Fahrzeug fortzubewegen auch in Zukunft keinen nennenswerten Beitrag zur Mobilität leisten können.
Die mangelnde Bereitschaft, selbst zur Lösung des Problems beizutragen und stattdessen die Kosten für Energiewende und Transformation der Allgemeinheit aufzubürden zeigt sich klar im WKO- Dokument. So will man etwa eine "Zwischenfinanzierung" der öffentlichen Hand für die CCS-Infrastruktur (Abscheidung von CO2). Das würde ein Milliardenloch in öffentliche Finanzen reißen und entspricht nicht dem Verursacherprinzip, dem zufolge diejenigen, die das Problem verursachen, auch zur Lösung beitragen.
"Die Wirtschaftskammer will sich jeden Beitrag zum Klimaschutz von den Steuerzahler:innen finanzieren lassen und schreckt nicht einmal davor zurück, den Ausbau von umweltschädlichen Subventionen vorzuschlagen, obwohl im kürzlich vorgestellten Nationalen Energie- und Klimaplan genau das Gegenteil vorgesehen ist. Sie stellt sich damit gegen die Erreichung der Klima- und Energieziele in Österreich und gegen die vielen Unternehmen, die schon jetzt einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, Innovationen voranbringen und ihre Verantwortung ernst nehmen. GLOBAL 2000 fordert die Wirtschaftskammer auf, endlich in die Zukunft gerichtet zu denken und einen Energiemasterplan zu erarbeiten, der tatsächlich einen Beitrag zum Erreichen der österreichischen Klimaziele leisten kann" so Johannes Wahlmüller.
Link zu Energiemasterplan: https://www.global2000.at/sites/global/files/Energiemasterplan WKO.pdf

Ein absoluter "Retro"-Plan, der fossile Energien fördern will!

Im Plan ist kein Ausstieg aus fossilen Energien vorgesehen, im Gegenteil: Klimaschädliches Gas soll gefördert werden. Gleichzeitig wird auf Greenwashing-Maßnahmen wie E-Fuels und gefährliche Technologien wie CO2-Speicherungen gesetzt. Umweltorganisationen, die nach internationalem Recht Verfahrensbeteiligungsrechte haben, sollen ausgeschlossen werden.
Greenpeace-Sprecherin Ursula Bittner ist schockiert: "Der geleakte Entwurf der WKO ist kein Masterplan, sondern ein Kniefall vor der fossilen Industrie, inklusive Maulkorb für Umweltschutzorganisationen."
Besonders das klimaschädliche Erdgas soll laut WKO sogar gefördert werden. So soll es "Sondergenehmigungen" geben, wenn die Versorgungssicherheit betroffen ist. Für die fossile Gasförderung in Österreich soll ein "investitionsfreundliches Klima" geschaffen, Energiesteuern z.B. auf Erdgas sollen dauerhaft auf das EU-Minimum begrenzt werden.
Weiters soll die Parteistellung von Umweltorganisationen ausgehebelt werden. Diese ist ein zentrales Werkzeug, um Projekte zu stoppen, die gravierende negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dieses Recht auf Information und Klagemöglichkeiten wird durch die internationale Aarhus-Konvention sichergestellt.
Bittner: "Dass die WKO diese demokratischen Grundrechte tatsächlich untergraben will, zeigt, dass sie nicht im Interesse der Menschen in Österreich handelt, sondern in erster Linie den Weg für fossile Konzerne frei machen will. Wir raten der kommenden Regierung, diesen Plan am besten gleich nach Erhalt direkt zu entsorgen."
Quelle: GLOBAL 2000, ÖKOBÜRO & GREENPEACE
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12.10.2024 | Autor*in: hackenberg
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