Erster Welttag der Gletscher: Lückenloser Schutz ist MUSS
„2025 ist das ,Internationale Jahr des Gletscherschutzes‘ - die österreichischen Gletscher und ihre umliegenden Bereiche wie Vorfelder und Moränen sind landschaftliche Wahrzeichen von kultureller Bedeutung, Lebensraum für zahlreiche bedrohte Arten und mit einem menschengemachten Ablaufdatum versehen. In spätestens 50 Jahren wird Österreich de facto eisfrei sein. Jetzt sind klare Maßnahmen gefragt - wir fordern die Politik auf, den steigenden Nutzungsdruck durch Tourismus- und Energieprojekte zu stoppen und Gletscherflächen und ihre sensiblen Vorfelder als Prozessschutzgebiete auszuweisen. Somit würden auch die landschaftlich wertvollen und attraktiven Folgelandschaften vor Eingriffen bewahrt - wie man sie in Form von Sanderseen, Pioniervegetation und Toteislöchern beispielsweise auf den Gletscherwegen im Nationalpark Hohe Tauern bereits besichtigen kann. Gleichzeitig muss das EU-Renaturierungsgesetz konsequent umgesetzt werden, um Naturgefahren in den Alpen durch naturbasierte Lösungen zu minimieren“, so Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
Eisige Wahrzeichen Österreichs schmelzen dahin
„Österreichs Gletscher sterben schneller als je zuvor: Im Gletscherjahr 2023/24 zogen sich fast alle Gletscher zurück - im Schnitt um alarmierende 24,1 Meter, wie unser aktueller Gletscherbericht belegt. Zudem kommt: Europäische Gebirgsregionen erwärmen sich etwa doppelt so schnell wie der Rest des Kontinents und bieten somit einen Vorgeschmack auf die Zukunft, die uns in anderen europäischen Regionen bevorsteht. In Anbetracht dessen ist es ein völlig falsches Signal, wenn touristische Infrastrukturprojekte, wie etwa die geplanten Erweiterungen der Skigebiete ,Pitztaler Gletscher‘ oder ,Kaunertaler Gletscher‘ weiter vorangetrieben werden“, so Wolfgang Schnabl, Präsident des Österreichischen Alpenvereins.
Internationale Zusammenarbeit stärken
„Der Gletscherschwund ist ein unübersehbares Warnsignal. Die Politik muss jetzt handeln: durch internationale Zusammenarbeit, ambitionierte Emissionsziele und eine konsequente Schutzstrategie für Alpine Ökosysteme. Als wirksames Instrument würde sich die grenzüberschreitende Ausarbeitung einer Alpinen Raumordnung anbieten, um die unterschiedlichen Nutzungsinteressen und Schutzaspekte in hochalpinen Lagen zu koordinieren und abzusichern“, sagt Stephan Tischler, Vorsitzender von CIPRA Österreich.
Um die gemeinsamen Forderungen zu unterstützen, unterzeichnete der Umweltdachverband das „European Manifesto for a Governance of Glaciers and Connected Ressources“, das auf der Website der italienischen Umweltschutzorganisation Legambiente veröffentlicht wird.
Lückenloser Gletscherschutz ist Notwendigkeit
Auch die Naturschutzorganisation WWF Österreich fordet einen lückenlosen Gletscherschutz im Land. „Aufgrund der extremen Klimaveränderung könnte es bei uns schon in wenigen Jahrzehnten kaum noch Gletscher geben. Daher muss die Politik endlich aufwachen und vorbeugend handeln – vom umfassenden Schutz des Klimas bis zum Stopp neuer Gletscher-Skigebiete„, sagt WWF-Expertin Ann-Kristin Winkler.
Aktuelle Negativbeispiele dafür finden sich im Tiroler Kaunertal und im Pitztal. Dort soll es auf dem bisher noch völlig naturbelassenen Gepatschferner (Kaunertal) zur höchstgelegenen Erschließung Österreichs kommen. Im Pitztal liegt nach dem Aus des Mega-Projekts “Pitztal-Ötztal” die Verbauung der Gletscherflächen um den Linken Fernerkogel auf dem Tisch.
Durch die beiden Projekte sollen die zwei größten Gletscher Tirols zu teuren Dauerbaustellen werden:
Auf den schmelzenden Eisriesen sind ständige Instandhaltungsmaßnahmen nötig, um den Skibetrieb zu sichern. „Die Landesregierung sollte solchen Plänen von vornherein einen Riegel vorschieben und den absoluten Gletscherschutz wiederherstellen“, fordert Winkler.
Schutz statt Verbauung ein Muss
Anstatt die Gletscher noch stärker zu verbauen sollten diese einzigartigen Naturräume in das umliegende Ruhegebiet “Ötztaler Alpen” eingegliedert werden, empfiehlt der WWF. “Alpine Freiräume werden immer mehr zu Zufluchtsorten für seltene Tiere und Pflanzen. Wenn es in niedrigeren Höhenlagen aufgrund der Klimakrise zu heiß wird, braucht die Natur Platz und Zeit, um in höhere Gebiete auszuweichen und sich anzupassen. Deshalb ist die langfristige Erhaltung dieses unerschlossenen Naturraumes unverzichtbar”, sagt Ann-Kristin Winkler vom WWF. Zudem sind die Eisriesen für die Forschung von enormer Bedeutung – unter anderem, um den Verlauf der Klimakrise zu untersuchen. Auch deswegen haben die Vereinten Nationen 2025 zum Jahr des Gletscherschutzes ernannt.
„Ohne Trendwende und ohne ein grundlegendes Umdenken seitens der Politik und der Seilbahn-Wirtschaft wird sich die Situation weiter verschärfen“, warnt Ann-Kristin Winkler vor einer ungebremsten weiteren Ausbeutung.