Dreifachbelastung für Tirol im Vergleich zum Gotthard in der Schweiz: Brennerroute bleibt Europas Lkw-Hotspot
Wien – Trotz eines leichten Rückgangs bleiben die Transitbelastungen über den Brenner alarmierend hoch: 2,37 Millionen Lkw überquerten im Jahr 2024 den wichtigsten alpenquerenden Verkehrskorridor Österreichs – das sind mehr als dreimal so viele wie über den größten Schweizer Alpenübergang, den Gotthard! Darauf macht der VCÖ – Mobilität mit Zukunft – aufmerksam und fordert wirksame Maßnahmen auf Bundes- und EU-Ebene, um den Schadstoff- und Lärmausstoß auf der Straße sowie den Wettbewerbsnachteil für die Bahn zu reduzieren.
„Vor zehn Jahren fuhren doppelt so viele Lkw über den Brenner wie über alle vier Schweizer Alpenübergänge zusammen – mittlerweile ist es fast das Dreifache“, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Während sich der Lkw-Verkehr durch die Schweiz in den letzten zehn Jahren um 82.000 Fahrzeuge verringerte, stieg er über den Brenner um 512.000 Lkw an – Tendenz ungebrochen.
Diesel dominiert – Umwelt zahlt
Nach wie vor dominiert der Dieselantrieb den Schwerverkehr. Laut Umweltbundesamt verursacht ein 40-Tonnen-Lkw achtmal so viele Stickoxide und fünfmal so viel Feinstaub wie der Gütertransport per Bahn – und stößt 15-mal mehr CO₂ aus. Trotzdem wird Diesel in Österreich steuerlich begünstigt – allein 2024 mit rund 560 Millionen Euro. Rund die Hälfte dieses sogenannten Dieselprivilegs kommt dem Lkw-Verkehr zugute.
Auch Reifen- und Bremsabrieb belasten die Umwelt massiv – insbesondere auf Gebirgsstrecken. Zudem sind Lärm und Straßenschäden weiterhin gravierend: Ein einziger 40-Tonnen-Lkw beansprucht die Straßeninfrastruktur so stark wie 60.000 Pkw.
Falsche Anreize: Transit über Tirol sind günstiger
Die Schweiz setzt auf eine konsequente Maut- und Steuerpolitik: Dort wird Diesel höher besteuert als Benzin, und die Lkw-Maut ist spürbar teurer. In Österreich hingegen begünstigen niedrige Kosten den sogenannten Umwegtransit. Laut einer Studie des Landes Tirol von 2018 machen diese Fahrten rund 30 Prozent des Lkw-Verkehrs am Brenner aus.
Der VCÖ sieht daher dringenden Handlungsbedarf: „Österreich könnte mit einem CO₂-Mautaufschlag wie in Deutschland jährlich über 500 Millionen Euro einnehmen und gleichzeitig die Verlagerung auf die Schiene fördern.“ Auch eine Abschaffung der Dieselsteuerbegünstigung sowie die Einführung einer EU-weiten Mindestmaut für Lkw seien laut VCÖ zentrale Schritte in eine nachhaltigere Zukunft.
Vorbild Schweiz: Kontrolle schafft Fairness
Neben fairer Bepreisung fordert der VCÖ auch häufigere Lkw-Kontrollen nach Schweizer Vorbild. Am Gotthard werden rund fünf Prozent aller Lkw auf technische Mängel, Überladung oder Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten geprüft. Das erhöhe nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern verhindere auch Wettbewerbsverzerrung zwischen Straße und Schiene.
Der VCÖ appelliert an die Politik: „Wer ernsthaft eine Reduktion des Transitverkehrs will, muss klare Anreize für die Bahn setzen und umweltschädlichen Verkehr stärker zur Kasse bitten.“
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