© Sumanley pixabay EIB oekonews.
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Was wirklich wirkt: Erfolgs-Check für die Klimapolitik aus zwei Jahrzehnten

Internationales Forschungsteam analysiert 1500 Interventionen in 41 Ländern. Entscheidend: die Einbettung von Preisinstrumenten.

Berlin - Ein internationales Forschungsteam hat jetzt eine beispiellose Analyse klimapolitischer Maßnahmen der letzten 20 Jahre vorgelegt. Es identifiziert aus 1500 Politik-Interventionen der Jahre 1998 bis 2022 nur 63 Fälle erfolgreicher Klimapolitik, die zu nennenswerten Emissionsminderungen von durchschnittlich 19 Prozent führten. Das Hauptmerkmal dieser erfolgreichen Fälle ist die Einbettung von Steuer- und Preisanreizen in einen gut durchdachten Policy-Mix. Die Studie wurde erstellt unter Leitung des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) sowie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in Zusammenarbeit der Universität Oxford, der Universität Victoria und der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD). Sie ist veröffentlicht in der renommierten Fachzeitschrift Science.

„Wir haben uns systematisch wirksame politische Maßnahmen angeschaut, die bislang selten untersucht wurden“, erklärt Nicolas Koch, Leiter des Policy Evaluation Lab am MCC und Leitautor der Studie. „Unser Ansatz liefert insbesondere neue Erkenntnisse zur wirksamen Kombination von Klimapolitik-Instrumenten. Daraus leiten wir bewährte Best-Practises ab – quer durch die Sektoren Gebäude, Strom, Industrie und Verkehr und sowohl in Industrieländern als auch in den oft vernachlässigten Entwicklungsländern. Unsere Ergebnisse verdeutlichen: Viel hilft nicht automatisch viel, es kommt auf den richtigen Mix der Maßnahmen an. So reicht es zum Beispiel nicht, auf Subventionen oder Regulierung allein zu setzen: Nur im Zusammenspiel mit preisgestützten Instrumenten, wie etwa CO2- und Energiesteuern, können Emissionen wirklich maßgeblich gesenkt werden.“

Verbote für Kohlekraftwerke im Stromsektor oder für Verbrennerautos im Verkehr sind Beispiele hierfür: Die Forschenden finden keinen Fall mit deutlicher Emissionsreduktion, wenn das Verbot allein eingeführt wurde. Erst im Tandem mit Steuer- beziehungsweise Preisanreizen führen die Maßnahmen zum Erfolg, wie es etwa für Großbritannien bei der Kohleverstromung oder in Norwegen bei Autos gezeigt wird.

Diese erste systematische Evaluierung von Politikmaßnahmen in 41 Ländern auf sechs Kontinenten berücksichtigt die ganze Palette von Interventionen, von energetischen Bauvorschriften über Kaufprämien für klimafreundliche Produkte bis hin zu CO2-Steuern. Die Forschenden arbeiten dabei mit einer neuen Datenbank der OECD, der bisher umfassendsten Bestandsaufnahme der weltweit umgesetzten Klimapolitik. Ein innovativer Ansatz, der Methoden des maschinellen Lernens mit etablierten statistischen Verfahren kombiniert, ermöglicht erstmals eine detaillierte Analyse aller erfassten Politiken und identifiziert diejenigen Maßnahmen, welche Emissionsreduktionen im großen Rahmen erzielen konnten.

„Auch wenn es schwierig bleibt, die Wirkung einzelner Maßnahmen in einem Mix genau zu entschlüsseln, gewinnen wir aus unseren 63 Erfolgsfällen systematische Erkenntnisse darüber, welche Maßnahmen sich gut ergänzen“, erklärt Annika Stechemesser vom PIK, Gastwissenschaftlerin am MCC und ebenfalls Leitautorin der Studie. „Wir sehen, wie der Erfolg von Instrumenten vom Sektor abhängt, aber auch vom Entwicklungsstand der Länder. Wir glauben, dass dieses Orientierungswissen von großer Bedeutung ist, um Politik und Gesellschaft bei der Transformation zur Klimaneutralität zu unterstützen.“

Diese und weitere Ergebnisse der Studie lassen sich im begleitenden Internet-Angebot „Climate Policy Explorer“ interaktiv nachvollziehen. Im Industriesektor zeigt das Beispiel China: Nach Einführung von Emissionshandelssystemen im Pilotprojekt konnten nach einigen Jahren effektiv Emissionen reduziert werden. Entscheidend waren hier auch der Abbau von Subventionen auf fossile Brennstoffe und stärkere Finanzierungshilfen bei Energieeffizienz-Maßnahmen. Im Stromsektor stellen die Forschenden deutliche Emissionsreduktionen in Großbritannien heraus: nach Einführung eines CO2-Mindestpreises in Kombination mit Subventionen für erneuerbare Energien und einem Plan zum Kohleausstieg. Die USA schafften erfolgreiche Emissionsreduktionen im Verkehr unter anderem durch Steueranreize und Subventionen für umweltfreundliche Fahrzeuge sowie CO2-Effizienzstandards. In Deutschland werden für den Verkehr die Ökosteuer-Reform ab 1999 und die Einführung der Lkw-Maut 2005 als Erfolgsfälle identifiziert.

Weitere Informationen

• Studie: Stechemesser, A., Koch, N., Mark. E., Dilger, E., Klösel, P., Menicacci, L., Nachtigall, D., Pretis, F., Ritter, N., Schwarz, M., Vossen, H., Wenzel, A., 2024, Climate policies that achieved major emission reductions: Global evidence from two decades, Science
www.science.org/doi/10.1126/science.adl6547

Interaktive Website „Climate Policy Explorer“


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /