© succo - pixabay.com
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VfGH bestätigt gravierendes Rechtsschutzdefizit von Kindern in der Klimakrise

Der Verfassungsgerichtshof verpasst eine einmalige Chance und entscheidet gegen die Klimaklage, die 12 mutige Kinder gegen das aktuell geltende und unwirksame Klimaschutzgesetz eingebracht haben.

Wien – Der Gerichtshof thematisierte die Kinderrechte nicht und zog sich mit seiner Entscheidung auf formale Gründe zurück. Das Klimaschutzgesetz ist scheinbar so irreparabel, dass auch der Verfassungsgerichtshof hier nicht weiterhelfen kann. Das ändert jedoch nichts an der starken Stellung der Kinderrechte in der Verfassung und daran, dass Österreich ein wirksames Klimaschutzgesetz braucht.

Zwölf Kinder reichten im Februar einen Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof ein. Sie argumentierten, dass das geltende Klimaschutzgesetz 2011 unwirksam sei und den Ausstoß von Treibhausgasen nicht im erforderlichen Ausmaß senke. Vor allem, weil es seit Anfang 2021 keinerlei Reduktionsverpflichtungen, sprich keinen Plan gibt. Dadurch seien sie in ihren Verfassungsrechten auf Wahrung des Kindeswohls und Generationengerechtigkeit, darüber hinaus aber auch auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt. Die Argumentation ist schlüssig, doch der Verfassungsgerichtshof zieht sich auf formale Gründe zurück. Eine einfache Reaktion, die angesichts der komplexen Situation fatal ist. Für CLAW - Initiative für Klimarecht, bestätigt die Entscheidung des VfGH, dass der Ernst der Klimakrise in Österreich noch nicht angekommen ist: „Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, wir machen weiter und setzen uns dafür ein, dass der Hebel von Klimaklagen größer wird.“

Verfassung besagt: Kinder müssen geschützt werden.

Kinder haben ein in der Verfassung festgeschriebenes Recht auf Schutz und Fürsorge, bestmögliche Entwicklung und Entfaltung und auf Wahrung ihrer Interessen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Das beinhaltet zwangsläufig auch ein Recht auf wirksamen Schutz vor der Klimakrise und ihren Auswirkungen. Dieses Recht wurde im gegenständlichen Fall jedoch nicht thematisiert, weil der Verfassungsgerichtshof eine einmalige Chance verstreichen ließ und den Antrag mit einer schlichten formalen Begründung zurückwies. Die Entscheidung unterstreicht damit das in der Klage thematisierte Rechtsschutzdefizit der Kinder. Den Kindern wurde vorgeworfen, zu spezifisch argumentiert zu haben. Allerdings würde es ihre Lage auch nicht verbessern, wenn man das gesamte Gesetz angefochten hätte und es aufgehoben worden wäre. Denn dann gäbe es gar kein Klimaschutzgesetz und somit auch keinen Fahrplan, wie lebensnotwendige Treibhausgasreduktionen erfolgen sollen.

Schutz der Kinder braucht ein wirksames Klimaschutzgesetz.

“Dass der Verfassungsgerichtshof eine Klage aus formellen Gründen nicht zulässt, ändert nichts an der Tatsache, dass das bisherige Klimaschutzgesetz inhaltlich eine Katastrophe ist. Das Urteil führt uns vor Augen, dass wir keine Möglichkeit haben, uns vor Gericht über die Zerstörung unserer Zukunft zu beschweren. Das werden wir nicht so einfach hinnehmen! Kinderrechte müssen einforderbar werden”, erklärt Daniel Shams von Fridays For Future. “Und wenn der Regierung das Wohl der Kinder wichtig ist, muss sie ein neues und tatsächlich wirksames Klimaschutzgesetz beschließen.”

„Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Weg gezeigt, wie die Rechtsverletzung der Kinder beseitigt werden kann. Im Gegenteil: er hat eine verfassungswidrige Pattsituation aufgezeigt, denn ein zu weit gefasster Antrag beseitigt wiederum nicht den verfassungswidrigen Zustand. Erschreckend ist die Tatsache, dass die Kinder sich nicht einmal erfolgreich dagegen wehren konnten, dass wir in Österreich ein Klimaschutzgesetz ohne Reduktionsziele haben. Da die Entscheidung allerdings rein formell ist, werden wir inhaltlich im Dialog bleiben und über den Sommer das nächste Verfahren ausarbeiten. Schritt für Schritt, Verfahren für Verfahren und irgendwann geht die Tür auf”, sagt die Klimaanwältin Michaela Krömer.

Klimaschutzgesetz-Demo von Fridays For Future.

Für Montag 10. Juli um 17.00 Uhr (Start am Ballhausplatz) kündigt Fridays For Future eine Großdemo an und ruft alle Menschen zur Teilnahme auf, denen die Zukunft unserer Kinder am Herzen liegt. “Wenn der Verfassungsgerichtshof unsere Rechte nicht schützen möchte, müssen wir die Klage außerhalb des Gerichts gewinnen. Wir haben ein Recht auf eine Zukunft, doch momentan haben wir keine Möglichkeit, diese Rechte einzuklagen. Das ist ein Skandal! Was sind Kinderrechte in Österreich dann überhaupt wert?

Deswegen rufen wir alle Menschen dazu auf, mit uns die Straßen zu füllen und für unser Recht, ein Recht auf eine lebenswerte Zukunft einzustehen. Die Regierung muss endlich ein wirksames Klimaschutzgesetz beschließen. Es ist zu heiß und die Politik dreht sich im Kreis!”, sagt Klara König von Fridays For Future.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /