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Gipfel in Paris: Ein globaler Finanzpakt gegen die Schuldenkrise, für Klimaschutz und Resilienz

Reform ist eine Notwendigkeit - Konkrete Signale Richtung Entschuldung sind gefragt

Berlin - In Paris findet an diesem Donnerstag und Freitag, 22. und 23. Juni 2023, der Gipfel für einen neuen globalen Finanzpakt statt, zu dem neben zahlreichen Staatsoberhäuptern aus China, Brasilien, Indonesien und afrikanischen Ländern auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz anreist. Das von Präsident Emmanuel Macron auf der COP27 auf Anregung der Premierministerin von Barbados Mia Mottley initiierte Gipfeltreffen zielt auf eine Reform der globalen Finanzarchitektur ab, um einen Pakt zwischen den Ländern des Nordens und denen des Südens zu schließen. Bei den Diskussionen im Vorfeld ist die wachsende Verschuldungskrise vieler Entwicklungsländer immer stärker in den Fokus gerückt.

Sarah Ribbert, Referentin für Entschuldung und grüne Transformation der Heinrich-Böll-Stiftung: „Ausgangspunkt für die Initiative von Macron und Mottley ist die enorme Finanzierungslücke für die Erreichung des Pariser Klimaziele und der Nachhaltigkeitsziele (SDGs) für Entwicklungs- und Schwellenländer.“ Ein hochrangiges Expert*innengremium um Vera Songwe und Nicholas Stern (Independent High-Level Expert Group on Climate Finance) schätzt den Finanzierungsbedarf auf allein 1,3 Billionen US-Dollar jährlich. Seit der Zinswende in den Industrieländern haben besonders klimavulnerable Länder mit extrem hohen Kapitalkosten von im Durchschnitt 10,5 Prozent zu kämpfen. „Ursächlich für die Verschuldungskrise sind weiterhin die Folgen der COVID-19-Pandemie und die Energie- und Nahrungspreisschocks in Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine – alles Entwicklungen, für die die Entwicklungsländer keine Verantwortung tragen“, so Ribbert.

Ulrich Volz, Professor am Centre for Sustainable Finance der SOAS University of London und Co-Chair des von der Heinrich-Böll-Stiftung mitinitiierten Projekts „Debt Relief for a Green and Inclusive Recovery“, führt weiter aus: „Alle suchen nach Wegen, wie mehr Kapital, insbesondere privates Kapital, mobilisiert werden kann für Investitionen in Klimaschutz und -anpassung in Entwicklungs- und Schwellenländern. Es ist aber wichtig hervorzuheben, dass die Mobilisierung privaten Kapitals nicht erfolgreich sein wird, wenn Länder überschuldet sind – da hilft auch kein De-Risking durch öffentliche Gelder. Um die Rahmenbedingungen für neue öffentliche und private Investitionen zu schaffen, wird für viele Länder ein Schuldenschnitt unabdingbar sein.“ Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds gelten etwa 60 Prozent der Länder mit niedrigem Einkommen als hochverschuldet oder gar überschuldet.

Das Projekt „Debt Relief for a Green and Inclusive Recovery“ kommt in einer aktuellen Studie zu dem Ergebnis, dass 61 hoch verschuldete Länder des globalen Südens auf eine Umstrukturierung ihrer Auslandsschulden in Höhe von mehr als 800 Milliarden US-Dollar angewiesen sind, als Voraussetzung für die Erreichung von Klima- und Entwicklungszielen. Mindestens 30 Milliarden Dollar an Schuldendienstzahlungen sollten in den nächsten fünf Jahren für die am stärksten verschuldeten Länder ausgesetzt werden, um eine umfassende Schuldenlösung zu ermöglichen.

Hoffnung auf Fortschritte bietet eine neue Initiative Kolumbiens. Staatspräsident Gustavo Petro hat bei seinem Besuch in Berlin am vergangenen Freitag einen Vorstoß zur Verknüpfung von Schuldenerlass und Klimaschutz angekündigt und Kanzler Scholz um Unterstützung gebeten: Eine Expert*innengruppe soll einen konkreten Vorschlag für einen weltweiten Tausch von Schulden gegen verstärkten Klimaschutz erarbeiten. Jörg Haas, Referent für Globalisierung und Transformation der Heinrich-Böll-Stiftung: „Es wäre wichtig, dass die deutsche Bundesregierung die kolumbianische Initiative aufgreift, damit von Paris ein konkretes Signal in Richtung Entschuldung ausgeht.“


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /