© djedj auf pixabay.com
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LNG-Pläne der deutschen Bundesregierung: Neues Gutachten offenbart erhebliche Zweifel an Verfassungsmäßigkeit

Die Umweltorganisationen Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), ClientEarth – Anwälte der Erde und Green Legal Impact (GLI) haben ein Rechtsgutachten zum LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) veröffentlicht.

Die Autorinnen bezweifeln, dass das LNGG mit dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot im Einklang steht — vor allem weil die deutsche Bundesregierung von einem stark überdimensionierten erwartbaren Bedarf an Flüssiggas-Terminals ausgeht.

Berlin/Brüssel. Ein neu veröffentlichtes Rechtsgutachten von Green Legal Impact (GLI) und ClientEarth in Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigt erhebliche verfassungsrechtliche Probleme des „Gesetzes zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases“ (LNG-Beschleunigungsgesetz – LNGG) vom Mai letzten Jahres auf. In dem Gesetz hatte die Bundesregierung festgestellt, dass rund zwölf neue Flüssiggas-Terminals notwendig seien, um die Energieversorgung in Deutschland sicher zu stellen. Behörden und Gerichte werden durch das Gesetz dazu gedrängt, die LNG-Projekte möglichst problemlos durchzuwinken. Unabhängige wissenschaftliche Studien zeigen aber, dass die LNG-Pläne der Bundesregierung den tatsächlichen Energiebedarf weit übersteigen und die Klimakrise weiter befeuern. Im Rechtsgutachten der drei Umweltorganisationen wird geprüft, ob die Regelungen des LNGG mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Marie Bohlmann, Rechtsexpertin von Green Legal Impact (GLI) kommentiert: „Im LNG-Gesetz hatte der Klimaschutz bei der Abwägung mit der Versorgungssicherheit deutlich das Nachsehen. Nicht nur ist der zugrunde gelegte Bedarf unvollständig bzw. unzutreffend ermittelt worden, die verfassungsrechtlich gebotene umfassende und nachvollziehbare Abwägung mit Klimaschutzbelangen wurde ebenfalls nicht vorgenommen. Es ist zu befürchten, dass der Klimaschutz bei Entscheidungen von Behörden und Gerichten gerade aufgrund des LNGG zu kurz kommt und dadurch Überkapazitäten aufgebaut werden. Damit würde Deutschland jedoch gegen seine verfassungsmäßige Pflicht verstoßen, Freiheitsrechte in der Zukunft zu wahren – wie im Klimabeschluss des Verfassungsgerichts von 2021 gefordert.“

Paula Ciré, Umweltjuristin bei ClientEarth ergänzt: „Mit dem LNGG verstößt der deutsche Gesetzgeber gegen seine verfassungsrechtlichen Pflichten, die Klimakrise zum Schutz von Leben und Gesundheit effektiv zu bekämpfen. Das LNGG stellt nicht sicher, dass die erheblichen Klimaeffekte von LNG bei Behördenentscheidungen über Umfang und Dauer der Terminal-Zulassungen eine maßgebliche Rolle spielen. Auch konterkariert der deutsche Staat mit dem LNGG seine internationalen Klimaschutzbestrebungen. Für andere Staaten wird ein Anreiz gesetzt, fossile Gasgewinnung weiterzuführen oder sogar auszuweiten. Das ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Olaf Bandt, Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fügt hinzu: „Das LNG-Beschleunigungsgesetz muss jetzt einem Klimastresstest unterzogen und umfassend novelliert werden. Die Belange des Klimaschutzes müssen gestärkt werden und sollten in der Genehmigungspraxis der Behörden das nötige Gewicht erhalten. Eine alleinige Fokussierung auf die Versorgungssicherheit mit dem Ergebnis großer Überkapazitäten ist nicht mehr vertretbar. Die Liste der geplanten LNG-Terminals muss gekürzt werden, anstatt über die Aufnahme weiterer Vorhaben zu diskutieren.“


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /