© APA - Austria Presse Agentur/ Der Wissenschaftskommunikation kommt in der Klimakrise eine Schlüsselrolle zu
© APA - Austria Presse Agentur/ Der Wissenschaftskommunikation kommt in der Klimakrise eine Schlüsselrolle zu

Alles nur heiße Luft? Wissenschaftskommunikation und Klimakrise im Zentrum

Visionen statt Horrorszenarien - Wissensvermittlung "reine Privatangelegenheit" ?- APA-Science-Diskussionsrunde zum Thema "Alles nur heiße Luft? Wie man richtig übers Klima redet"

Wissenschaftskommunikation hat gerade in der Klimakrise eine wesentliche Schlüsselrolle. Es ist essentiell mehr Wissen zu den Menschen zu bringen und dafür die richtige und gemeinsame Sprache zu finden. Dashboards die rasche Information mit Überblick geben, ein Kodex für eine klare Berichterstattung oder die Vermittlung von Visionen durch die Medien, und mehr um das Ziel eine nachhaltige, gerechte Zukunft zu erreichen, sind vielversprechende Ansätze, erklärten Expertinnen und Experten bei einer Diskussionsrunde von APA-Science
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zeigte in ihrer Video-Botschaft auf, dass Klimaerwärmung und der Kampf gegen diese die größte Herausforderung sei, vor der die Menschheit aktuell steht. "Unser Maßstab dafür, was möglich ist, muss auf Wissenschaft, auf Expertise beruhen." Das sei offenzulegen sowie "Themen so zu transportieren, dass mehr als Verzweiflung übrigbleibt." Das dürfe aber nicht dazu führen, aktivistisch zu berichten oder Sand in die Augen zu streuen. Es muss ehrliche, transparente Berichterstattung sein.

Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke von der Universität Salzburg erklärte: "Es ist herausfordernd, nicht negativ zu kommunizieren und Horrorszenarien an die
Wand zu malen. Medien versuchen gegenzusteuern, indem sie positive Bilder aufzeigen, wie klimafreundliche, begrünte Städte aussehen können, in denen wieder Platz für die Menschen ist. Veränderung bietet viele Vorteile wie mehr Bewegung oder bessere Luft". Die Klimakrise zu betonen, führe hingegen zu einer gewissen Schockstarre bei den Menschen.

Die Psyche der Konsument:innen von Medien und die Fakten aus der Wissenschaft sind zu berücksichtigen. "Österreich wird oft als Umwelt- und Klima-Musterland dargestellt. Allerdings sind die Treibhausgasemissionen hierzulande heute genauso hoch wie im Jahr 1990. Zwei Drittel des Energieverbrauchs stammen aus fossilen Energieträgern, und im Climate Change Performance Index 2023 liegt Österreich auf Platz 32 von 63", so Daniel Huppmann, Klima-und Energieforscher am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg über die derzeitige Situation.

Die Auswirkungen der Erderhitzung und die Probleme dadurch sind nicht morgen, sondern schon jetzt in Österreich zu sehen. "Im Burgenland ist der Zicksee ausgetrocknet, und in Wien sind im heurigen Hitzesommer deutlich mehr Todesfälle bei älteren Personen verzeichnet worden", meint Huppmann. Die Wissenschaft könne Szenarien für den Ausstieg errechnen, aber nichts fordern. Dazu seien Verhandlungen auf einer anderen Ebene, der politischen, notwendig. Sehr wohl mehr Initiativen sollte es in der Wissensvermittlung geben. "Dafür existieren leider keine Strukturen im Wissenschaftsbetrieb. Man hat keine Zeit für diesen Bereich. Eine dauerhafte Anstellung bekommt, wer viel forscht und publiziert."

"Es ist im aktuellen Wissenschaftssystem nicht vorgesehen, dass man in die Gesellschaft geht", bestätigt Uhl-Hädick, und das obwohl Expertise an genau solchen Stellen überaus wichtig wäre . "Wissenschaftskommunikation ist reine Privatangelegenheit" ist auch die Einschätzung von Johannes Stangl, einem der aktiven Umseter des Klimadashboard. "In meiner Ausbildung gab es keinen einzigen Kurs zu Öffentlichkeitsarbeit. Die Universitäten sind stark gefragt, die Nutzbarmachung von Wissen in den Vordergrund zu stellen", sagt Stangl, der am Complexity Science Hub (CSH) Vienna forscht, Fridays for Future in Wien mitbegründet und wissenschaftliche Fakten in einem Klima-Dashboard aufbereitet hat. Mehr Kooperation zwischen Wissenschaft und Medien sei notwendig.

Medien müssten viel Zeit und Ressourcen aufwenden, um Einblick zu geben, wie Wissenschaft funktioniert und wie Fakten zustande kommen, "aber das Thema sollte uns das wert sein", betonte Verena Mischitz (Der Standard). Mischitz ist Sprecherin der medienübergreifenden Initiative "Netzwerk Klimajournalismus Österreich", die kürzlich einen Entwurf für einen Klima-Kodex formuliert hat. Dabei geht es unter anderem um eine akkurate Wortwahl und Bebilderung, die Abgrenzung vom Aktivismus und die Unterscheidung von Meinung und wissenschaftlichen Fakten sowie die Bereitstellung entsprechender Ressourcen und Strukturen in Medienhäusern.

"Wichtig ist, Klimaschutz bei jedem einzelnen Thema und in jedem Ressort mitzudenken, weil er alle Bereich unserer Gesellschaft betrifft", so Mischitz. Noch seien kaum Visionen sichtbar, wie eine nachhaltige, gerechte Zukunft aussehen könnte. Dieses Bild werde in der Öffentlichkeit zu wenig gezeigt.

Viele Menschen wären bereit, Umwälzungen mitzutragen, "wenn man ehrlich mit ihnen umgeht", so Stangl. Derzeit würden aber Apathie oder Verzweiflung vorherrschen, weil die Politik von Partikularinteressen getrieben sei. Das Thema Macht werde zu wenig thematisiert. "Wenn es um die Wärmewende geht, haben Betreiber von Gasnetzen kein Interesse aus Gas auszusteigen. Wir müssen einen Schritt zurück machen und aufzeigen, welche Interessen dahinter verborgen sind. Sonst stehen sich manche Aussagen gleichwertig gegenüber", schloss Stangl im Zuge der Diskussion.




Quelle: APA SCIENCE


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /