© Wolfgang Beisswenger  auf pixabay.com
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EU-Kommission will Klimakiller Mercosur am Nationalrat vorbei schummeln

Breite Kritik aus Europa und Lateinamerika an Aufteilung von Handelsabkommen - AK Anderl: "Wirtschaftsminister muss demokratisches Vorgehen einmahnen!"

EU-Kommission will Österreichs Veto bei EU-Mercosur aushebeln

Die EU-Kommission will den Widerstand Österreichs und anderer EU-Staaten gegen das Handelsabkommen EU-Mercosur aushebeln. Sie plant, das Abkommen in ein politisches und ein wirtschaftliches Kapitel zu teilen ("Splitting"). Der wirtschaftliche Teil soll dabei möglichst rasch ohne Mitsprache der nationalen Parlamente beschlossen werden können - dafür sollen bereits eine qualifizierte Mehrheit im EU-Rat und eine einfache Mehrheit im EU-Parlament genügen. Auch bei den Abkommen EU-Mexiko und EU-Chile will die EU-Kommission so vorgehen.

Demokratische Mitsprache der Parlamente sicherstellen

Am kommenden Freitag, 25.11., findet das erste Treffen der EU-Handelsminister*innen seit der Wahl in Brasilien statt. Aus diesem Anlass fordern 200 Organisationen aus der EU und Lateinamerika die demokratische Mitsprache ihrer Parlamente sicherzustellen und die Aufteilung der Abkommen zu verhindern. Denn seit der Wahl Lulas in Brasilien verstärken Befürworter*innen des Mercosur-Abkommens den Druck. Das "Splitting" von Abkommen ist dabei eine intransparente und undemokratische Vorgangsweise, die einzig darauf abzielt, den Widerstand von EU-Mitgliedsländern auszuhebeln.

Österreichs Veto wäre zu wenig

Die österreichische Plattform Anders Handeln fordert dabei vor allem Wirtschaftsminister Martin Kocher auf, sich klar gegen dieses Vorhaben zu positionieren. "Das österreichische Parlament hat die Regierung an ein Nein zum Mercosur-Abkommen gebunden. Doch mit den veränderten Abstimmungsregeln wäre dieses Veto im Handels-Minister*innen Rat zu wenig. Wirtschaftsminister Kocher darf daher nicht zulassen, dass das berechtigte Nein des Parlaments durch einen Verfahrenstrick außer Kraft gesetzt wird", betont die Plattform Anders Handeln.

Negative Folgen für Menschenrechte, Arbeitnehmer*innenrechte, Klimaschutz

Laut einer juristischen Analyse hätte die Abspaltung des wirtschaftlichen Teils des EU-Mercosur Abkommens schwerwiegende negative Folgen für die ohnehin unzureichende Durchsetzbarkeit von Menschenrechten, Arbeitnehmer*innenrechten und Klimaschutz, kritisiert Anders Handeln.

"Klimaschutz und Menschenrechte müssen in allen politischen Entscheidungen verankert werden, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Dafür braucht es eine radikale Kehrtwende in der Handelspolitik. Doch für die EU-Kommission sind Klimaschutz und Menschenrechte weiter nachrangig, wenn es um die Export- und Profitinteressen großer EU-Konzerne geht", kritisiert die Plattform Anders Handeln, ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen aus dem landwirtschaftlichen, kulturellen, gewerkschaftlichen, kirchlichen, feministischen, umwelt-, entwicklungs- und handelspolitischen Bereich.

Österreich muss sich auf EU-Ebene gegen das umstrittene Abkommen einsetzen

Das Assoziierungsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten ist weder mit den Anforderungen an eine gerechte und nachhaltige Weltwirtschaft, noch mit den Klimazielen der EU vereinbar. Anlässlich des Treffens der EU-Handelsminister:innen am Freitag fordert auch AK Präsidentin Renate Anderl Wirtschaftsminister Martin Kocher auf, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Europäische Kommission Abstand vom umstrittenen EU-Mercosur-Abkommen inklusiver einer im Raum stehenden Zusatzvereinbarung nimmt. Denn die EU-Kommission arbeitet daran, berechtigte Widerstände gegen das Abkommen zu umgehen. So plant sie, das umfassende EU-Assoziierungsabkommen zu zerteilen. Damit würde beim umstrittenen Handelsteil die Einstimmigkeit im Rat der EU und die Notwendigkeit der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten fallen. Infolge dessen würde auch der österreichische Nationalrat in einer derart weitreichenden Angelegenheit seine Entscheidungsrechte verlieren. Dieser hat sich bereits 2019 gegen das Abkommen positioniert. Das Vorhaben der Kommission kann nur als Angriff auf die Demokratie verstanden werden und ist daher vehement abzulehnen. AK Präsidentin Anderl: "Wirtschaftsminister Martin Kocher muss hier ein demokratisches Vorgehen einmahnen!"

Der ausverhandelte Vertrag bietet jedenfalls nicht die notwendigen Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit, sondern stellt sowohl für das Weltklima als auch für Beschäftigte eine Gefahr dar. So stehen massive Beschäftigungsverluste in der Industrie im Mercosur ebenso im Raum wie die noch stärkere Abholzung des Amazonas-Regenwaldes. Damit sich das Abkommen für die südamerikanischen Staaten lohnt, müssten sie noch mehr landwirtschaftliche Produkte in die EU exportieren. Dies wäre aber nur möglich, wenn weitere landwirtschaftliche Anbauflächen durch die Rodung des Amazonas gewonnen werden. Umso unverständlicher ist es, dass die Europäische Kommission nach wie vor an dem schädlichen Abkommen festhält. Anstelle rückwärtsgewandter EU-Handelsabkommen braucht es rasch umfassende internationale Kooperation, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Anderl fordert Kocher daher auf, die Europäische Kommission in die Pflicht zu nehmen, ihre Ressourcen für weltweiten Klimaschutz und gegen weltweites Lohn- und Sozialdumping einzusetzen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /