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LEAK: Frankreich will grünes Label für nuklear erzeugten Wasserstoff

Französische Energieministerin Pannier-Runacher lobbyiert bei Energiekommissarin

Wie das Internet-Nachrichtenportal EURACTIV Frankreich mit Berufung auf ein ihm einsehbares Schreiben berichtet, will die französische Energieministerin Agnès Pannier-Runacher EU-Energiekommissarin Kadri Simson dazu bewegen, die Kernenergie in die Liste der Energiequellen für die Produktion von sogenanntem „grünen“ Wasserstoff aufzunehmen.

Vergangenen Mai hatte die Europäische Union ihr REPowerEU-Programm vorgestellt, um die Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen zu verringern und den grünen Wandel zu beschleunigen. Zu den Zielen des Programms gehören die Produktion von 10 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff bis 2030 und der Import von 10 Millionen Tonnen aus Drittländern, die gleichwertige Umwelt- und Technologiestandards einhalten. Nach Ansicht der französischen Ministerin lassen die derzeitigen Vorschriften für die Produktion von grünem Wasserstoff jedoch nur wenig Raum für die Erzeugung von „kohlenstoffarmem“ Strom, vor allem aus Kernkraft.

In Anbetracht der „absoluten Priorität, die Wasserstoff im nächsten Jahrzehnt eingeräumt wird, […] ist die einzige wichtige Frage der Kohlenstoffgehalt des erzeugten Wasserstoffs und nicht die Art und Weise der Erzeugung“, schrieb Pannier-Runacher an die EU-Kommissarin. Dies würde nach Ansicht Pannier-Runachers „das Erreichen unserer gemeinsamen Ziele gefährden“.

Pannier-Runacher nahm auch auf das sogenannte Zusätzlichkeitsprinzip Bezug, welches in RePowerEU enthalten ist und nach Gesprächen zwischen der Europäischen Kommission, dem EU-Parlament und den EU-Mitgliedsstaaten Ende des Jahres umgesetzt werden soll. Das Prinzip erlaubt es, Strommixe als „grün“ zu bezeichnen, solange sie mehr als 90 Prozent an erneuerbaren Energien enthalten. „Es gilt nicht für Länder mit einem bereits weitgehend dekarbonisierten Strommix, in denen die Stromversorgung durch das Netz der direkten Versorgung durch Verträge mit erneuerbaren Quellen gleichgestellt werden muss. Weitgehend dekarbonisierte Strommixe wie der französische, der aufgrund seiner starken Abhängigkeit von der Kernenergie nur 80g CO2/MWh erzeugt, sollten ebenfalls ausgenommen werden“, fordert Pannier-Runacher in ihrem Schreiben.

Eine weitere in dem Schreiben geäußerte Sorge ist die EU-Strategie für Wasserstoffimporte, die nach Ansicht der französischen Regierung die Gefahr eines technologischen Spill-over und von Wasserstoffimporten berge, die nicht den internen EU-Produktionsvorschriften entsprächen.

Die französischen Behörden sind besonders besorgt über die überarbeitete Richtlinie zur Entwicklung erneuerbarer Energien, bekannt als RED III, über die das EU-Parlament am 14. September abgestimmt hat. Obwohl der Gesetzesentwurf noch vom Rat, der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten im Trilog geprüft werden muss, ist Frankreich besorgt über die Bestimmungen, die besagen, dass die EU-Maßnahmen für Wasserstoffimporte „nur darauf abzielen, gleiche Wettbewerbsbedingungen“ zu fördern. Ein weiterer Streitpunkt ist die Tatsache, dass die Richtlinie besagt, dass öffentliche Gelder nicht zur Finanzierung der Stromerzeugung beitragen können.

Pannier-Runacher räumt ein, dass die Nichteinbeziehung von kohlenstoffarmem Wasserstoff in die Ziele der RED-III-Richtlinie für Frankreich „eine extrem schlechte Lösung“ wäre. Die französische Ministerin fordert Simson daher auf, es den Mitgliedstaaten zu überlassen, kohlenstoffarme Energien gleichberechtigt mit erneuerbaren Energien in den Mix aufzunehmen, sofern dies zur Reduzierung des fossilen Energieverbrauchs beiträgt.

Jorgo Chatzimarkakis: "Frankreich im Alleingang"

Jorgo Chatzimarkakis, Geschäftsführer von Hydrogen Europe, sieht in dem Brief einen Beweis dafür, dass Frankreich einen „Alleingang“ unternimmt und sich in eine „gefährliche Insellage“ begibt. Zudem kritisierte er, dass Frankreich „stur“ sei und sich nicht „frei für den Fluss von Wasserstoff, zum Beispiel von Spanien nach Deutschland“ mache. Hydrogen Europe vertritt die Interessen der Wasserstoffindustrie in 25 EU-Ländern und tritt unter anderem auch für die MidCat-Pipeline ein, die Frankreich und Spanien verbinden soll, jedoch seit 2019 auf Eis gelegt ist.

Branchenführer wie Chatzimarkakis sind unzufrieden über den derzeitigen Widerstand Frankreichs gegen die MidCat-Pipeline, die Frankreich und Spanien verbinden soll, aber seit 2019 auf Eis gelegt ist. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte kürzlich gesagt, dass er die Wiederaufnahme des Baus in Betracht ziehen würde, wenn er von der Nützlichkeit der Pipeline überzeugt wäre. Frankreich sei „im Moment nicht glaubwürdig“, fügte der CEO hinzu.



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Weitere Infos: EU Umweltbüro

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /