© BMK APA-Fotoservice/Hörmandinger / v. l. n. r. Paul Lackner, Julia Riffelsberger. Walter Hutterer, Madeleine Stranzinger bei der Pressekonferenz
© BMK APA-Fotoservice/Hörmandinger / v. l. n. r. Paul Lackner, Julia Riffelsberger. Walter Hutterer, Madeleine Stranzinger bei der Pressekonferenz

Der Klimarat verändert die Menschen: 93 Empfehlungen an die Politik

Wir alle brauchen Veränderung - die Bürger und Bürgerinnen des Klimarats haben sie bewusst erlebt und empfehlen der Politik rasch zu handeln.

© Klimarat / Bürger und Bürgerinnen gestalten die Klima-Zukunft mit
© Klimarat / Bürger und Bürgerinnen gestalten die Klima-Zukunft mit

Der Klimarat der Bürgerinnen und Bürger präsentierte heute seine Ergebnisse. Am Nachmittag übergibt er diese an Klimaministerin Gewessler und Wirtschaftsminister Kocher als Vertreter der Bundesregierung sowie an Nationalratspräsident Sobotka.

93 Empfehlungen wurden seit Jänner an 6 Wochenenden von den Bürgern und Bürgerinnen ausgearbeitet, die Lösungen aufzeigen, wie Österreich sein Ziel, Klimaneutralität bis 2040, erreichen kann. Unterschiedliche Handlungsfelder standen am Programm: Ernährung und Landnutzung, Mobilität, Energie, Wohnen, Konsum und Produktion. Manches wurde heiß diskutiert, erst in Kleingruppen und dann im Plenum, bis man sich weitestgehend einig war.

Die Bürger und Bürgerinnen des Klimarats repräsentieren eine Art Mini-Österreich, statisch ausgewählt, nach verschiedenen Kriterien, wie Alter, Beruf, Wohnort usw.

Julia Riffelsberger, Maturantin aus Wels, ist eine der jüngsten Teilnehmerinnen. Sie war bereits im Vorfeld eher informiert zum Thema Klimawandel, kommt aus einem Elternhaus, in dem die Notwendigkeit zum Handeln schon erkannt wurde und setzt schon einiges bewusst um. Sie appelliert an die Politik, auf die Lösungen zu reagieren: „Ich will wissen, wie die Politik mit den Ergebnissen umgeht und begründete Entscheidungen hören. Ich habe den Klimarat als sehr schöne Zeit erlebt und bin unglaublich dankbar, dass ich mitmachen durfte. Dass Menschen sich einsetzen – vor allem bei einem Thema, das oft hoffnungslos erscheint – gibt mir viel Hoffnung.“

Madeleine Stranzinger, Bürgerin des Klimarates, die sich zuvor nie mit der Dramatik der Klimaveränderungen bewusst beschäftigt hat und "wirklich keine Ahnung hatte, wie dramatisch es bereits heute ist", meint: "Es war ein Lottofünfer, um wirklich zu erleben und zu erfassen, was in der Welt durch den Klimawandel notwendig ist. Wir pflastern Österreich zu und schauen, dass wir soviel wie möglich bauen. Das wird sich mit unserem Verbrauch an Fläche nicht ausgehen!" Sie weist auf eine Leerstandsabgabe hin, die in den Empfehlungen enthalten ist und meint: "Viele Maßnahmen die es bereits gibt, werden durch unsere Ergebnisse noch unterstreichen. Wir müssen diese Agenda auf die Nummer eins setzen. für ganz Österreich."

Paul Lackner, Schüler an einer HTL in der Steiermark, erklärt: "Ich wusste bereits viel, habe aber trotzdem einiges mehr gelernt." Ein Ergebnis des Klimarats ist z.B. Betriebsküchen oder Restaurants dazu zu bringen, auch kleinere und mittlere Portionen anzubieten, als eine Maßnahme aus dem Paket gegen Lebensmittelverschwendung, wie er erzählt. Im Bereich Landwirtschaft hat er wertvolle Informationen aus der Praxis in den Klimarat eingebracht, weil er mit seiner Familie auf einem Bauernhof lebt. Klimafreundliche Mobilität ist für ihn besonders wichtig, denn jeder braucht einen gewissen Grad Mobilität, und diese muss klimafreundlich für jeden möglich sein, auch ohne eigenes Auto.

Walter Hutterer, 73 Jahre alt, wohnt am Rand der Stopfenreuther Au und ist dadurch schon vorbelastet, wie er feststellt. Er war am Anfang sehr skeptisch, ob das funktionieren kann, mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu Lösungen zu kommen. Er erklärt: "Ich habe große Freude über den Respekt und das Klima, das im Klimarat zwischen den Menschen geherrscht hat. Es war möglich über ein Altersgefälle über 60 Jahren mit unterschiedlichsten Menschen, zu diskutieren und zu guten Lösungen zu kommen." Kalt über den Rücken gelaufen ist es ihm beim ersten Vortrag von Wissenschaftler Georg Kaser. "Seit 50 Jahren tun wir herum. Desto länger wir warten, desto schwieriger wird es. Es liegt alles seit Jahren am Tisch, wir müssen es nur endlich tun! Wir müssen endlich vom Florianiprizip wegkommen, diese Probleme annehmen und uns darum kümmern. Wir müssen umsetzen. Wir sollten uns mit der Politik auseinandersetzen und einen nationalen Schulterschlusses angehen." Österreich ist zwar klein, kann aber ein Vorbild sein. Und wenn wir nicht handeln, dann tun es andere auch nicht.

Die Bürger und Bürgerinnen des Klimarats haben einen Verein gegründet, mit dem sie ihre Arbeit fortsetzen wollen und die Umsetzung ihrer Vorschläge überprüfen. "Wenn wir 50 % unserer Vorschläge ambitioniert umsetzen, dann erreichen wir die Ziele," ist Hutterer überzeugt.

Umfassende Informationen für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Klimarats kamen aus einem Wissenschaftsteam, dessen Leiter Klimawissenschaftler Georg Kaser ist. Er sagt: "Wir sind bereits in eine Krise geschlittert und sind ganz knapp davor, dass das Problem verdammt groß wird. Es ist dramatisch, denn es ist bald 3300 x so energiereich wie die Atombombe, die Hiroshima zerstört hat. Bereits 2030 haben wir unser Budget verbraucht, wenn wir so weitermachen wie bisher."

"Unsere Zusammenarbeit mit den BürgerInnen hat uns einen neuen Weg gezeigt, wie wir mit zu neuen gemeinsamen Wegen kommen. Die Bürger und Bürgerinnen können ganz klar Verantwortung übernehmen. Sie gehen viel viel weiter als die Politik."

Einig sind sich alle darüber, dass nun auch die Hilfe der Medien notwendig ist, um allen die Chance zu geben, sich zu informieren. Die Klimaziele müssen erreicht werden, die Entscheidungsträger sind am Zug, die Empfehlungen umzusetzen, soviel scheint fix." Es geht um unsere gemeinsame Zukunft, ohne wenn und aber. Es ist ein klarer Auftrag, tut das!" so Kaser.

Walter Hutterer meint: "Die Erde ist krank und liegt im Krankenhaus, wir haben die Entscheidung zu treffen, schicken wir sie auf die Intensivstation und behandeln sie weiter, mit Aussicht auf Verbesserung, oder lassen wir sie zum Sterben nachhause gehen."


Die Empfehlungen sind umfangreich, wie einige Beispiele aufzeigen:

Im Handlungsfeld Konsum und Produktion sind ein Vernichtungsverbot von Neuwaren enthalten und die Forderung nach entsprechend vergünstigten Krediten für klimawirksame Projekte. Die BürgerInnen wollen auch die Reparierbarkeit von Produkten verpflichtend machen und Klimaschutz in Lehr- und Studienplänen sowie in der Erwachsenenbildung verankern.

Im Energiebereich fordern die Bürger und Bürgerinnen einen Umstieg auf 100% erneuerbarer Energien, die Abschaffung alle Subventionen für fossile Energie, genauso wie eine effektiven CO2-Bepreisung. Sie wollen auch eine räumliche Energieplanung mit Bürger:innenbeteiligung verpflichtend einführen.

Zum Thema Ernährung und Landnutzung enthalten die Empfehlungen z.B. ein Wegwerfverbot für noch genießbare Lebensmittel, sowie eine klimafreundliche Preisgestaltung.

Beim Thema Wohnen wird eine sofortige Offensive zur Sanierungsförderung empfohlen sowie mehrere Vorschläge zum Stopp der Bodenversiegelung. Die BürgerInnen wollen außerdem die verpflichtende Installation von Photovoltaik und die Energieautarkie von Gebäuden ab 2040.

Im Bereich Mobilität will der Klimarat eine klimaneutrale Mobilitätsgarantie einführen: Mobilität soll als gesellschaftliches Grundbedürfnis anerkannt werden. Innerhalb von 15 Minuten Gehzeit soll ein Mobilitätsangebot zur Verfügung stehen, 24 Stunden pro Tag und sieben Tage pro Woche. Öffentlicher Verkehr soll forciert werden. Ab 2027 soll es keine Neuzulassung von Verbrennungsmotoren mehr geben.

Mehr über den Klimarat

100 nach unterschiedlichen Kriterien statistisch nach Zufallsprinzip ausgewählte Menschen haben seit Jänner sechs Wochenende lang Maßnahmen erarbeitet, mit denen Klimaneutralität bis 2040 erreicht werden kann. Dabei wurden sie von 15 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und einem Moderationsteam begleitetet. Gespräche gab es auch mit Stakeholdern aus unterschiedlichen Interessensvertretungen, wie z.B. IV, WKO, LK, AK, Umweltorganisationen und mit VertreterInnen aus der Politik.

Empfehlungen des Klimarats


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /