© CIPRA Michael Gams / Transit am Brenner
© CIPRA Michael Gams / Transit am Brenner

Allein über Brenner im Vorjahr 3 Mal so viele schwere Lkw wie über alle Schweizer Alpenpässe

VCÖ: Nach enttäuschender Wegekostenrichtlinie verstärkte Maßnahmen in Österreich umsetzen

Wien - Der Lkw-Verkehr über den Brenner hat im Vorjahr beinahe die Höchstwerte im Vor-Corona-Jahr 2019 erreicht: 2,45 Millionen Sattelschlepper und Lkw mit Anhänger fuhren im Jahr 2021 über den Brenner, um 140.000 mehr als im Jahr 2020 und sogar um 600.000 mehr als im Jahr 2010, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Allein über den Brenner waren dreimal so viele schwere Lkw unterwegs wie über alle vier Schweizer Alpenübergänge. Mit rund 0,81 Millionen fuhren im Vorjahr um rund 260.000 Lkw weniger über die Schweizer Alpen als im Jahr 2010.

"Das Ergebnis zur EU-Wegekostenrichtlinie ist enttäuschend und steht im krassen Widerspruch zu den Klimazielen der EU. Das Prinzip des freien Warenverkehr muss in Einklang mit den Klimazielen und der Gesundheit der Bevölkerung gestellt werden. Derzeit wird es als Recht missinterpretiert, dass Lkw zu Dumpingpreise ohne Einschränkung die Straßen als rollende Lagerhallen missbrauchen dürfen", stellt VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest. Die Erfahrungen der Schweiz zeigen, dass neben dem Ausbau der Schiene eine verursachergerechte Besteuerung des Lkw-Verkehrs zentral ist, um die Belastungen durch den Lkw-Verkehr reduzieren zu können.

In der Schweiz gibt es seit dem Jahr 2001 eine Lkw-Maut, in der auch die vom Lkw verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden verursachergerecht inkludiert sind. Die Lkw-Maut gilt zudem nicht nur auf Autobahnen, sondern am gesamten Straßennetz. Und Diesel, der Treibstoff der Lkw, wird in der Schweiz nicht steuerlich begünstigt. Zudem gibt es in der Schweiz - ebenfalls im Unterschied zu Österreich - de facto keine Toleranzgrenze beim Überschreiten von Tempolimits.

Ein wesentlicher Grund für die massive Zunahme des Lkw-Transits sind die niedrigeren Kosten für Lkw über den Brenner. Die Transit-Lkw werden auch durch den in Österreich deutlich billigeren Diesel angelockt: In der Schweiz kostet ein Liter Diesel umgerechnet um rund 40 Cent mehr, in Italien um 25 Cent und in Deutschland um 21 Cent. Beim Tankvolumen von Lkw ersparen sich diese in Österreich mehrere hundert Euro. Laut einer Studie des Landes Tirol nehmen unter anderem deswegen rund 545.000 Transit-Lkw über den Brenner einen Umweg von mehr als 120 Kilometer in Kauf.

Der Lkw-Verkehr nimmt österreichweit stark zu. Österreich kann die Klimaziele nur erreichen kann, wenn es verstärkte Maßnahmen im Güterverkehr setzt. So ist die Toleranzgrenze beim Überschreiten von Tempolimits wie in der Schweiz auf die Messtoleranz zu reduzieren. Das bestehende Tempolimit für Lkw von 80 Km/h auf Autobahnen und Schnellstraßen wird hierzulande laufend deutlich überschritten. Manche reduzieren die Transportkosten, indem die technische Vorgaben sowie arbeitsrechtliche Bestimmungen, wie etwa Ruhezeiten, missachtet werden. Deshalb braucht es verstärkte Lkw-Kontrollen, auch damit jene Frächter, die sich an die Regeln halten, keine Wettbewerbsnachteile haben. Eine wesentliche Maßnahme sind zudem betriebliche Gleisanschlüsse, um Waren direkt vom produzierenden Betrieb auf die Schiene zu bringen. Von den knapp mehr als 1.000 Anschlussbahnen sind nur die Hälfte, nämlich 547 in Betrieb, macht der VCÖ aufmerksam. Im Jahr 2010 gab es noch 840 aktive Anschlussbahnen.

Darüber hinaus ist das Bewusstsein für ein nachhaltigeres Konsumverhalten zu schärfen. Langlebige Produkte statt Wegwerfware reduzieren ebenso die Verkehrsbelastung wie regionale Waren.

VCÖ: Über Brenner nimmt Zahl der schweren Lkw massiv zu, in der Schweiz geht sie zurück

(Anzahl Lkw über den Brenner, in Klammer über die 4 Schweizer Alpenübergänge (Gotthard, San Bernardino, Simplon, Gr. St. Bernhard))

Jahr 2021: 2,45 Millionen (0,81 Millionen - Prognose BAV)

Jahr 2020: 2,31 Millionen (0,77 Millionen)

Jahr 2019: 2,47 Millionen (0,81 Millionen)

Jahr 2018: 2,42 Millionen (0,85 Millionen)

Jahr 2017: 2,26 Millionen (0,86 Millionen)

Jahr 2016: 2,09 Millionen (0,88 Millionen)

Jahr 2015: 1,93 Millionen (0,90 Millionen)

Jahr 2014: 1,86 Millionen (0,94 Millionen)

Jahr 2013: 1,76 Millionen (0,94 Millionen)

Jahr 2012: 1,97 Millionen (1,03 Millionen)

Jahr 2011: 1,89 Millionen (1,08 Millionen)

Jahr 2010: 1,85 Millionen (1,07 Millionen)

Quelle: BAV, VCÖ 2022


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /