© Schachinger Logistik / große Freude bei den Projektpartnern über die guten Erfahrungen mit dem gekühlten E-Fahrzeug
© Schachinger Logistik / große Freude bei den Projektpartnern über die guten Erfahrungen mit dem gekühlten E-Fahrzeug

Emissionsfreie Zustellung von Biokisten: Forschungsallianz reduziert CO2 in Kühlfahrzeugen

Zustellung von Achleitner-Biokisten ist emissionsfrei möglich

Hörsching, Eferding, Korneuburg – Wie bei anderen erfolgreichen Betriebsgründungen spielte auch bei Biohof Achleitner der Zufall eine tragende Rolle: Ein Vorsorgemediziner fragte 1998 beim kleinen Hofladen Achleitner an, ob es möglich sei, Patient*innen per Hauszustellung mit hochwertigen Bio-Produkten beliefern zu lassen. Der Bio-Pionier machte es möglich und stellt heute täglich 2.000 Haushalten, Firmen, Kindergärten und Schulen Kisten mit Obst, Gemüse und anderen Bio-Lebensmitteln zu.

Mit aktivem Interesse an nachhaltigen, zukunftsfähigen Lösungen für die Lebensmittellogistik ist der Biohof seit Oktober 2019 Teil des Projektes „Zero Logistics“. Das von iLog Integrated Logistics, einem Tochterunternehmen von Schachinger Logistik, initiierte und geführte Projekt, verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Die gesamte Auslieferung der Biokisten emissionsfrei zu gestalten. Weil es keine CO2-neutrale Kühleinheit für E-Vans gibt, unterstützt der Klima- und Energiefonds das Projekt. Neben iLog und dem Biohof Achleitner sind daran auch Energie Ingenieure Consulting, Productbloks, Consistix, Voltia, die Johannes-Kepler- Universität und das Austrian Institute of Technology beteiligt. Jetzt liegen erste, höchst erfreuliche Zwischenergebnisse vor.

„Wir setzen in unserem Unternehmen auf Nachhaltigkeit und Ökologie. Nun wollen wir auch in der Auslieferung emissionsfrei werden und komplett auf E-Mobilität umstellen“, begründet Günter Achleitner die Teilnahme des von ihm und seiner Frau Ilse gegründeten und geführten Bio-Pioniers am Projekt „Zero Logistics“. „Weil wir aber bei der Liefertreue keine Kompromisse eingehen können, haben wir sämtliche Rahmenbedingungen und technischen Komponenten einem Demonstrationsbetrieb unter Realbedingungen unterzogen.“ Dafür ist seit Anfang März 2021 in der Auslieferung der Biokisten auch ein Nissan EVN 200 unterwegs. Rund 100 bis 150 Kilometer legt er dabei täglich zurück. Zum Teil liefert dieser direkt an Kund*innen im näheren Umkreis von 50 km rund um den Unternehmensstandort in Eferding. In Linz werden außerdem die gelieferten Biokisten von einem Lasten-E-Bike weiter verteilt und an Privatkund*innen in der Linzer Innenstadt zugestellt.

Was für den reinen Pakettransport mittlerweile eine Routineaufgabe wäre, stellt einen Kühltransporter vor eine große Herausforderung. „Laut ersten Einschätzungen sind wir bei einer Kühlung der Lebensmittel auf sechs Grad Celsius von Reichweiteneinbußen bis zu einem Viertel ausgegangen. Vermessungen haben jedoch gezeigt, dass die aktuelle Kombination von Fahrzeug und Kälteaggregat wesentlich effizienter betrieben werden kann“, erklärt Nikolaus Skarabela, Projektleiter von „Zero Logistics“ sowie CSR – Effizienz- und Mobilitätsbeauftragter bei Schachinger Logistik. Klimaneutrale Logistik ist, so unterstreicht auch Klima- und Energiefonds- Geschäftsführerin Theresia Vogel, eine der drängendsten Fragen für urbane Zentren. „Zulieferer, die lautlos und ohne Abgase die Städte versorgen, insbesondere im Bereich der Kühllogisitik sind eine besondere Herausforderung. Das Projekt ist eine Pionierleistung und mit sehr spezifischem Lösungsansatz. Mit Zero Logistics kommen wir dem Ziel Klimaneutralität 2040 wieder ein Stück näher.“

Weltpremiere im Kühltransport?

Weil die Kühlung die Reichweite deutlich reduzieren kann und marktübliche Kühlanlagen mit den umweltbelastenden fluorierten Treibhausgasen betrieben werden, wurde nach Alternativen gesucht.

„Mit Productbloks haben wir einen Partner im Projekt, der mit Propan (R290) auf ein natürliches Kältemittel setzt“, erklärt Nikolaus Skarabela. Außerdem dürfte das Projekt „Zero Logistics“ auch für eine Weltpremiere im Kühltransport sorgen. „Wir kennen kein zweites, aktiv gekühltes Fahrzeug, das keine CO2 Emissionen im laufenden Betrieb verursacht, weder durch das Fahrzeug selbst noch durch Kältemittelleckagen der Kühlaggregate.“, sagt Skarabela. Da das Aggregat direkt an die Traktionsbatterie angeschlossen ist, konnte zusätzlich das Gewicht einer eigenen Batterie für die Kühlung eingespart werden. Auch die Anbindung an die Motorsteuerung sei für einen zuverlässigen Auslieferungsprozess unverzichtbar, betont Productbloks-CTO Dominik Radler. “Standardmäßig wird jeder Nebenverbrauch beendet, wenn der E-Van abgestellt ist.“ Das Kühlaggregat müsse aber während des Be- und Entladens unbedingt weiterlaufen. „Gerade beim Entladen steigt der Energiebedarf durch das ständige Öffnen der Türen rasant an“, präzisiert Radler.

Zugriff auf das „Herzstück“ des E-Fahrzeuges

Der erlaubte Zugriff auf die Traktionsbatterie durch den Elektromobilitätsbetreiber Voltia ermöglichte es Productbloks sowie dem Austrian Institute of Technology diese innovative technische Lösung umzusetzen. Zusätzlich kann rund um die Uhr die Temperatur im Laderaum, der Energieverbrauch und die Kilometerleistung in Echtzeit verfolgt werden. Dazu wurden insgesamt acht Temperatursensoren im gekühlten Laderaum verbaut. Die bisher gesammelten Daten und Simulationen für die Sommermonate liefern wichtige – aber auch durchaus überraschende – Informationen. „Wir sehen, dass das Ladevolumen eher geringe, das Öffnen der Türen aber große Auswirkungen auf den Energieverbrauch hat. Die Dauer und Anzahl der Türöffnungen im Betrieb haben uns dabei besonders überrascht.“, sagt Radler. „Das kann im Zustelldienst schnell 30 bis 50 Kilometer Reichweite kosten.“ Großes Potenzial sieht Radler übrigens auch noch in der Verbesserung der Isolierung. Diese fällt mit etwa 170 Kilogramm ordentlich ins Gewicht. Ein Leichtgewicht ist hingegen das „CoolBox“ genannte Kühlaggregat von Productbloks. „Mit rund 35 Kilogramm ist es halb so schwer wie andere Aggregate mit gleicher Leistung und damit perfekt an die Anforderung der batterieelektrischen Mobilität angepasst.“, sagt Radler. Lediglich 150 Gramm Propan erzeugen darin die nötige Kälte für den Transport der Biokisten.

Hoffnungsträger Propan

Propan ist ein natürliches Kältemittel, das ausfallsicher ist, einen vernachlässigbar kleinen Treibhauseffekt hat und auch in geringsten Mengen sehr effizient arbeitet. Weil es als hochentzündlich eingestuft ist, wird es von Productbloks in einem hermetischen Kältekreis außerhalb des Fahrzeuges geführt. Beim E-Van am Biohof Achleitner ist die „CoolBox“ auf dem Dach angebracht. Die Verbindung von geringem Gewicht und hocheffizienter Kühlung bringt im Vergleich mit anderen Systemen einen Reichweitengewinn von 25 Prozent sowie 20 Prozent mehr Ladekapazität. Obwohl während des gesamten Projektes nur zertifizierte Komponenten verbaut wurden, habe sich die Zulassung des Fahrzeuges als ernstzunehmender Zeitfaktor erwiesen, erinnert sich Projektleiter Nikolaus Skarabela.

Wichtige Lehren für Routinebetrieb

Eine wesentliche Erkenntnis aus dem Demonstrationsbetrieb mit dem Biohof Achleitner ist, dass sowohl der Laderaum als auch die Batteriekapazität des Nissan EVN 200 für die Anforderungen der aktuellen Biokistenauslieferung zu gering dimensioniert sind. In den nächsten Monaten kommen jedoch Fahrzeuge auf den Markt, die für den Einsatz besser geeignet sind, da sie zum einen mehr Laderaum und Zuladung und zum anderen eine größere Batteriekapazität aufweisen. „Wir haben mit „Zero Logistics“ gezeigt, dass emissionsfreie Kühllogistik schon jetzt technologisch und wirtschaftlich möglich ist“, zieht Skarabela dennoch zufrieden Zwischenbilanz. Für den Biohof Achleitner wird der sukzessive Umstieg auf emissionsfreie Zustellung mit Anpassungen in der Tourenplanung, der Einrichtung von City-Hubs sowie dem Ausbau und der Integration der eigenen Photovoltaik- Kapazitäten schon jetzt schrittweise im Rahmen des Projekts umgesetzt.

„Wenn sich die E-Mobilität technologisch weiterhin so rasant entwickelt, werden wir bald auch realistische Szenarien für die Pharma- und Tiefkühllogistik entwerfen können“, ist Skarabela optimistisch.

Das Projekt „Zero Logistics“ lief von Oktober 2019 bis Ende Mai 2021. Von den rund 1,7 Millionen Euro Gesamtkosten des Projektes förderte der Klima- und Energiefonds eine knappe Million, dotiert aus Mitteln des Klimaschutzministeriums. Den Rest tragen die Projektpartner*innen.

Das Projekt ist zwar offiziell zu Ende, das Fahrzeug wird aber bei anderen potentiellen Kunden weitergetestet - Anfragen dazu gibt es mehrere.

www.klimafonds.gv.at/themen/mobilitaetswende/serviceseiten/zem


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /