© Jörg Faryis / Alexander Schiebel
© Jörg Faryis / Alexander Schiebel

Sarah Wiener: "SLAPP-Klage in Südtirol will Pestizidkritiker zum Schweigen bringen"

Pestizidkritiker stehen am 28. Mai in Südtirol erneut vor Gericht. Sarah Wiener beobachtet Strafprozess vor Ort

Die Südtiroler Prozesse gegen Pestizidkritiker aus Österreich und Deutschland werden am Freitag, dem 28. Mai um 9.30 Uhr auf dem Landesgericht Bozen fortgesetzt. Angeklagt sind der Umweltaktivist Karl Bär sowie der Autor und Dokumentarfilmer Alexander Schiebel. Beide haben den hohen Pestizideinsatz in den Südtiroler Apfelplantagen öffentlich kritisiert und wurden daraufhin vom Südtiroler Landesrat Arnold Schuler verklagt. Dieser Anzeige haben sich 1376 Bauern und Bäuerinnen angeschlossen. Gestern Abend, am 26.5. haben Schuler sowie zwei Obleute der Südtiroler Obstgenossenschaften ihre Nebenklägerschaft zurückgezogen. Die Anzeigen seitens der Bäuerinnen und Bauern sind weiterhin aufrecht.

Die österreichische EU-Abgeordnete Sarah Wiener beobachtet den Gerichtsprozess um Karl Bär und Alexander Schiebel in Bozen. "Hier werden engagierte Menschen, die den Status quo zurecht kritisieren, eingeschüchtert, psychisch belastet und finanziell unter Druck gesetzt", sagt Sarah Wiener und führt fort: "Karl Bär und den restlichen Angeklagten drohen nicht nur enorme Kosten bis zur Existenzvernichtung, sondern auch jahrelange psychische Belastung und das für etwas, dass uns allen zugutekommt: Aufklärung und Information. Sie haben den immens hohen Pestizid-Einsatz in den Südtiroler Apfelplantagen öffentlich thematisiert. Dafür möchte ich mich bei ihnen bedanken und betonen: ich stehe an ihrer Seite wie zahllose andere Menschen aus der Gesellschaft."

Auf über 18.000 Hektar Anbaufläche wachsen in Südtirol rund zehn Prozent der Äpfel Europas. Jährlich werden dort etwa 950.000 Tonnen des beliebtesten Obstes geerntet. Die Bäume werden dafür oft mehr als zwanzig Mal pro Jahr gespritzt. Die Gifte reduzieren nicht nur die Artenvielfalt - Bienen, Hummeln und Schmetterlinge leiden darunter -, sondern gefährden auch die Gesundheit der Menschen. Unter den Mitteln, die in Südtirol ausgebracht werden, sind einige, bei denen Wissenschaftler*innen und Behörden es für wahrscheinlich halten, dass sie Krebs auslösen, die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, die Entwicklung von Föten stören, ins menschliche Hormonsystem eingreifen oder das Erbgut schädigen.

Die Fälle Bär und Schiebel sind nur zwei Fälle von immer häufiger auftretenden SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuit Against Public Participation), die Kritiker und Kritikerinnen mundtot machen sollen. Das Europäische Parlament hat das Thema bereits im Visier. "Wir brauchen eine Gesetzgebung, die kritische Journalist*innen, Aktivist*innen, Medien und NGOs vor SLAPP-Klagen schützt. Richter müssen darin geschult werden SLAPP-Klagen rasch als solche zu erkennen und Angeklagten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, möglichst früh eine Klageabweisung beantragen zu können. Denn Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter unserer Demokratie, die es zu wahren gilt", sagt die EU-Abgeordnete Sarah Wiener.

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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /