© Gerd Altmann pixabay.com
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Umweltorganisationen: EU-Klimaziel ist zuwenig

WWF: EU gibt Vorreiterrolle im Klimaschutz endgültig ab - Greenpeace: Erreichung des 1,5 Grad-Ziels rückt in weite Ferne

Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich sieht in der Einigung auf das neue EU-Klimaziel einen "faulen Kompromiss auf Kosten des Planeten". Die Europäische Kommission sowie der Europäische Rat hätten sich gegen das Parlament auf ganzer Linie durchgesetzt - zum Leidwesen kommender Generationen. "Die Europäische Union hat mit dem heutigen Tag ihre Klima-Vorreiterrolle endgültig abgegeben. Um dem Pariser Klimavertrag gerecht zu werden, müssen die CO2-Emissionen bis 2030 um zumindest 65 Prozent sinken - und das ohne Tricks und Schlupflöcher", sagt WWF-Klimaschutz-Expertin Lisa Plattner. Das Europäische Parlament hatte in den Verhandlungen mit Rat und Kommission zumindest eine Reduktion von 60 Prozent bis 2030 verlangt, geworden sind es nominell eben jene 55 Prozent, mit denen Rat und Kommission in die Verhandlungen gestartet waren. "Das ist viel zu wenig und entspricht tatsächlich nur 52,8 Prozent, weil zum Beispiel CO2-Einsparungen aus so genannten "Senken" wie Wäldern und Böden gegengerechnet werden können", kritisiert Plattner.

Mitverantwortlich für das schwache Ergebnis ist für den WWF auch die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz, der Österreich in Brüssel entgegen dem türkis-grünen Regierungsprogramm und entgegen einem Parlamentsbeschluss nicht als Klimaschutz-Vorreiter positioniert hatte. "Als öko-innovatives Land profitiert Österreich von ambitionierten EU-Klimazielen besonders stark. Wer hier zögert und zaudert, schadet der Natur, dem Klima und der Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft", sagt Lisa Plattner.

Umso mehr ist die Bundesregierung jetzt gefordert, ihre Hausaufgaben zu machen. "Wir brauchen eine große Energiespar-Offensive, eine Mobilitätswende und eine komplette Ökologisierung des Steuersystems. Parallel dazu muss der Schutz der Natur auf allen Ebenen verbessert werden, um wertvolle CO2-Speicher zu bewahren", fordert Plattner.

Greenpeace: EU-Einigung auf Klimaziel stoppt Klimakrise nicht

Die heutige Einigung von EU-Staaten und EU-Parlament zum Klimaziel für die EU stößt auch bei Greenpeace auf herbe Kritik, denn eine Begrenzung der globalen Erhitzung auf 1,5 Grad und damit die Abwendung der Klimakatastrophe ist damit nicht möglich. Damit hat die EU am Tag vor dem von US Präsident Biden einberufenen Klimagipfel nicht ansatzweise die für die Einhaltung des Pariser Klimaziels nötige Ambition bewiesen. Besonders schwerwiegend ist, dass die Europäische Union damit ein schwaches Signal in die Welt sendet und die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens in weite Ferne rückt.

"Das neue EU-Klimaziel wird nicht ausreichen, um die Klimakrise aufzuhalten. Um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen und damit die Stabilisierung des Klimas sicherzustellen, sind laut Wissenschaft minus 65% bis 2030 nötig", stellt Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich klar. "Mit dem Klima verhandelt man nicht. Wenn wir es nicht schaffen, die Treibhausgasemissionen radikal zu senken, riskieren wir eine dramatische Klimaveränderung, die den Verlauf der Menschheitsgeschichte in den nächsten tausenden von Jahren katastrophal verändern wird."

Die Einbeziehung von Senken wie Wäldern, Pflanzen und Böden müssten laut der Umweltschutzorganisation außerdem zusätzlich angerechnet werden und dürften nicht als Teil des tatsächlichen Reduktionsziels gelten, um dieses aufzuweichen. "Die Einbeziehung von sogenannten Negativ-Emissionen in das Klimaziel mit Wäldern, Pflanzen und Böden ist eine Mogelpackung und schwächt das Klimaziel weiter ab. Für ein echtes paris-konformes Ziel braucht es höhere Emissionsreduktionen, und Hintertüren durch Senken wie Wälder müssen ausgeschlossen werden", so Duregger. "Das EU-Parlament hat mit der heutigen Einigung eine schwerwiegende Entscheidung getroffen, die viel schärfer hätte ausfallen müssen. Das Einknicken des Parlaments ist ein Armutszeugnis für die Klimabewegung und zeigt, wie wenig ambitioniert die EU im Klimaschutz vorzugehen bereit ist.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /