© oekonews / Doris Holler-Bruckner
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Unsere Demokratie lebt noch

Ein Einblick in das Thema Bürger*innenrat- eine Form von Demokratie, die gute Lösungen voranbringen kann.

"„Unsere Demokratie lebt doch noch“…das schreibt eine Teilnehmerin des Bürgerrats "Deutschlands Rolle in der Welt" rückblickend auf die sechs Wochen des Rats. Ein kleiner, aber starker Satz, der zeigt, was ein Bürgerrat bewirken kann,", so die NGO "Mehr Demokratie e.V." in ihrem Newsletter.

Und das ist nicht die Stimme eines Menschen, der sich aktiv schon immer eingebracht hat, nicht jemand, der wie manche, die hier lesen, schon lange mit Umwelt- oder Energiethemen zu tun hatte. Es ist eine "Zufallsbürger*in", so können wir sie nennen, denn sie hat sich nicht als Teilnehmerin beworben, sondern wurde nach dem Zufallsprinzip ausgewählt.

Zufallsbürger*innen? Was ist denn das, fragen Sie sich? Diese Bürger*innen werden in Zufallsstichprobenverfahren aus der Bevölkerung ausgewählt. Meistens geht es zuerst in räumliche Bereiche (z.B. Bundesländer, Bezirke, Städte) , wo durch Zufallsstichproben die Auswahl erfolgt. Danach erfolgt die Wahl aus dem jeweiligen Melderegister, wieder nach Zufall. Diese Auswahl soll im Normalfall die gleichen sozioökonomischen Eigenschaften wie die Grundgesamtheiten der Bevölkerung haben. Etwas, das Statistikern aus Zensuserhebungen bekannt ist. Diese "Zufallsbürger*innen" können als repräsentativ für die gesamte Bevölkerung angesehen werden, aus der sie gezogen worden sind, z.B. bei uns als eine Art "Mini-Österreich".

Eine fixe Vorgabe, wie ein BürgerInnenrat sein muss, gibt es nicht, einige Punkte zu:

* Wie schon erwähnt, erfolgt die Auswahl eines repräsentativen Teils der Bevölkerung, meist nach dem Zufallsprinzip.

* Die ausgewählten Bürger und Bürgerinnen arbeiten dann gemeinsam an einem festgelegten Thema.

* Auch der Zeitraum wird davor fixiert, meist sind es mehrere Wochenenden.

* Bei den Treffen werden ExpertInnen zum Thema eingeladen, sie tragen nicht nur vor, sondern es wird offen mit ihnen diskutiert. Es darf nachgefragt werden, nicht jeder hat ja den gleichen Wissensstand. Diese Fachleute kommen aus unterschiedlichen Bereichen, z.B. Interessensvertreter*innen, Wissenschaftler*innen, Vertreter aus der Wirtschaft, usw . Im Anschluss bilden sich die Bürger*innen gemeinsam ihre Meinung und einigen sich, meist sogar mit ganz großen Mehrheiten, auf ihr Ergebnis, ihre Vorschläge usw.

* Zum Abschluss wird das Ergebnis der Politik vorgelegt

Die Weisheit der Vielen

„Ich bin überrascht und erfreut. Diese ausgeloste Versammlung von Bürger*innen hat viele gute Vorschläge erarbeitet und eine überaus freundliche und friedliche Diskussionskultur entwickelt“, so ein weiterer Teilnehmer des deutschen BürgerInnenrats, noch dazu einer, der am Anfang ziemlich skeptisch war und sich in der Vorbereitungsphase „gegängelt“ gefühlt hat, wie die deutschen Kollegen schreiben.

"Wir vertrauen der kollektiven Weisheit der Menschen und glauben, dass Menschen, die die Möglichkeit erhalten, gemeinsam zu lernen und miteinander zu sprechen, echte Lösungen für unsere schwierigsten Probleme finden können, so bringen es "Peoples Voice on Climate", die sich in den USA für KlimabürgerInnenräte einsetzen, auf den Punkt. Die "Weisheit der Vielen" ist die große Chance, die "richtigen" Lösungen zu erarbeiten, die auch ganz viele Menschen mittragen können.


Wo gab es bereits Bürger*innenräte zum Thema Klima?

In Irland, Großbritannien, Dänemark, Frankreich fanden nationale Bürger*innenräte statt. Weitere sind in vielen anderen Ländern geplant, da die Ergebnisse nach bisherigen Erfahrungen sehr positiv sind. Bürger*innen entscheiden mit Menschenverstand.

„Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass die Teilnehmenden eines Bürgerrats die Verantwortung sehr ernst nehmen. Der Austausch mit andersdenkenden Menschen bereichert die Debatte und bereitet den Boden für Empfehlungen, die wissenschaftlich fundiert und gesellschaftlich fair sind”, bringen es die Initiatoren der Petition "Klima-Mitbestimmung.JETZT", die 2020 eine von fast 70.000 Menschen unterstützte Petition für einen bundesweiten Klima-Bürger*innenrat beim deutschen Bundestag eingereicht haben. “Während sich in anderen Formen der Bürgerbeteiligung oftmals nur bestimmte Bevölkerungsgruppen einbringen - z.B. jene, die sich das Engagement zeitlich und finanziell leisten können - spiegelt ein Bürgerrat durch die Zufallsauswahl die Vielfalt unserer Gesellschaft wider. Das steigert die Anerkennung, die ein solches Gremium in der Gesamtbevölkerung genießt. Und wenn Politiker die Breite der Gesellschaft in ihrem Rücken wissen, fühlen sie sich ermutigt, langfristige, zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen.”

Schon lange setze ich mich in unterschiedlichsten Bereichen für Umwelt und Klima ein. Als eine der Gründerinnen von "WirentscheidenKlima" und als Teil einer Allianz aus "FridaysForFuture", "mehrDemokratie", "ExtinctionRebellion" und "WirentscheidenKlima", die sich ebenfalls für einen Bürger*innenrat zum Klima engagiert, freue ich mich besonders, dass in Österreich bald ein "KLIMARAT" der Bürger*innen umgesetzt werden soll.

Vertrauen wir gemeinsam auf die Kraft der Vielen! Diese Kraft habe ich schon bei zahlreichen mit meinen Kollegen und Kolleginnen umgesetzten Projekten erlebt - und sie ist nicht aufzuhalten, davon bin ich überzeugt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /