© Burak Aslan auf pixabay
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Klimaflucht: Klimawandel lässt Migration steigen

Eine Metastudie mit Beteiligung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zeigt einen Zusammenhang zwischen Umweltveränderungen, wie sie auch durch den Klimawandel bewirkt werden, und Migration.

Ob Menschen aufgrund von Dürren, Stürmen oder Flutkatastrophen flüchten, hängt aber auch vom Wohlstandsniveau eines Landes sowie sozio-politischen Faktoren ab, wie die Forscher/innen in „Nature Climate Change“ berichten.

In den vergangenen Jahren hat die Forschung verstärkt die Auswirkungen von Umweltveränderungen, wie sie auch durch den Klimawandel bewirkt werden, auf Migration in verschiedenen Ländern untersucht. Breiter angelegte Studien, die einen Überblick über den so gesammelten Wissensstand bieten, sind bisher aber selten. Wissenschaftler/innen um Roman Hoffmann vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) haben nun in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ eine Metastudie vorgelegt, die das komplexe Zusammenspiel zwischen Umweltveränderungen, sozio-politischen Faktoren und Migration auf Basis von 30 verschiedenen Länderstudien untersucht.

Wohlstand eines Landes als wichtiger Migrationsfaktor

Die Auswertung der Forscher/innen zeigt, dass ein großer Teil der Länderstudien einen Zusammenhang zwischen Umweltveränderungen und Migration bestätigt. “Wir haben unsere Analyse absichtlich breit aufgestellt und uns nicht nur auf Studien zum Einfluss von langfristigen Klimaveränderungen, sondern auch von kurzfristigen Extremwetterereignissen wie schweren Stürmen konzentriert. Auch hier zeigt sich ein Zusammenhang”, sagt Hoffmann, der Erstautor der Publikation ist.

Trivial sind diese Wechselwirkungen allerdings nicht. Denn die Metaanalyse zeigt auch, dass der Einfluss von Wetter und Klima stark von der wirtschaftlichen und politischen Situation eines Landes abhängt. So ist der Zusammenhang zwischen Umwelteinflüssen und Migration in Studien, die sich auf Länder mit mittlerem Wohlstandsniveau konzentrieren, besonders deutlich.

“Wenn wenig Wohlstand vorhanden ist, fehlen oft die Ressourcen, die für Migration, insbesondere über Ländergrenzen hinweg, notwendig sind“, erklärt Hoffmann. Neben dem Wohlstandsniveau spielen aber auch weitere Faktoren eine Rolle. „Zum Beispiel ist der Zusammenhang zwischen Umwelteinflüssen und Migration in Ländern stärker, in denen ein größerer Anteil der Bevölkerung von der Landwirtschaft und damit von der Umwelt abhängig ist“, so Hoffmann, der ergänzt: „Das betrifft besonders Regionen, die stark vom Klimawandel betroffen sind, wie Lateinamerika, Sub-Sahara-Afrika sowie Süd- und Südostasien.“

Migration oft regional begrenzt

Bevölkerungen in Ländern mit einem höheren durchschnittlichen Wohlstandsniveau haben oft bessere Möglichkeiten, sich vor den Konsequenzen von Umweltveränderungen zu schützen. Doch Umweltmigration ist auch in diesen Ländern zu beobachten, etwa in den USA, wo nach dem Hurrikan Katrina 2005 viele Menschen aus den betroffenen Gebieten weggezogen sind.

Katrina ist auch ein Beispiel dafür, dass durch Umweltveränderungen verursachte Wanderungsbewegungen oft regional begrenzt sind. Das heißt, dass die wegziehenden Menschen in ihren Ländern oder Regionen bleiben. “Umweltmigration ist in der Regel interne oder regionale Migration auf kurze Distanz. Auch ist diese häufig nur temporär, wobei die Migrantinnen und Migranten nach einiger Zeit an ihren Herkunftsort zurückkehren”, erklärt ÖAW-Forscher Hoffmann.

Anstieg von Umweltmigration zu erwarten

Wenn sich das Klima in den kommenden Jahrzehnten weiter verändern wird, wie es die Forschung prognostiziert, werden die daraus resultierenden Umweltveränderungen auch zukünftig ein wichtiger Faktor für Migration bleiben. “Die Berichte zum Klimawandel lassen einen Anstieg der Umweltmigration erwarten, vor allem in besonders stark betroffenen Regionen der Welt, in denen zum Teil eine Anpassung an die sich drastisch verschlechternden Bedingungen unmöglich sein wird. Es ist davon auszugehen, dass Menschen weiterhin hauptsächlich innerhalb von Ländergrenzen oder Regionen migrieren werden“, sagt Hofmann.

Für die Politik bedeutet das: „Es gilt, die Betroffenen durch geeignete politische Maßnahmen und eine Verbesserung der rechtlichen und politischen Situation zu schützen, auch durch bessere Rahmenbedingungen für Migrantinnen und Migranten“, so Hoffmann, der betont: „Der beste Weg, um Menschen vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, ist diesen heute zu verhindern.”

Neben Roman Hoffmann von der ÖAW und dem PIK waren an der Studie auch Forscher/innen des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) und der Wirtschaftsuniversität Wien beteiligt.


Publikation

“A Meta-Analysis of Country-Level Studies on Environmental Change and Migration”, Roman Hoffmann, Anna Dimitrova, Raya Muttarak, Jesus Crespo Cuaresma, Jonas Peisker, Nature Climate Change, 2020
DOI: www.nature.com/articles/s41558-020-0898-6

Quelle: Akademie der Wissenschaften


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /