© Weinviertel statt Gasviertel
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Sämtliche ÖVP EU-Abgeordnete wie Christian Sagartz stimmten für den Bau neuer fossiler Gasprojekte im EU-Parlament

Inklusive Projekte zum Import von verflüssigtem Fracking-Gas aus den USA

Trotz der Notwendigkeiten, die sich aus internationalen Klimaschutzverpflichtungen und den Zielen zur Energiewende ergeben, stimmten alle ÖVP EU-Abgeordnete wie Christian Sagartz gegen die Ablehnung einer EU Prioritätsliste mit über 55 fossilen Gasprojekten. Die Entscheidung wurde, so ein Schreiben aus dem Europabüro von Christian Sagartz, damit erklärt, dass die vorgelegte Liste „30 Prozent weniger geförderte Gasprojekte als bisher“ enthielte. „Eine überhastete Abweisung der 4. Liste würde eine Weiterführung der bisherigen 3. Liste bedeuten, welche einen weitaus höheren Anteil an Gasprojekten beinhaltet und folglich einen höheren CO2-Ausstoß verursacht hätte.“

„Die neue Liste der prioritären Energieprojekte (PCI) ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines funktionierenden Energiebinnenmarkts hin zu einer sicheren, sauberen sowie leistbaren Energieversorgung und Energiewende. Da es sich hierbei um ein Umsetzungsgesetz handelt, kann das Europäische Parlament entweder ausschließlich die ganze Liste ablehnen oder der Liste als Ganzes zustimmen. Eine Abwahl einzelner Projekte ist nicht möglich.“

„Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, die Energie-Unabhängigkeit der Union sowie die Energiearmut in Teilen Europas, ist Gas eine notwendige Brückentechnologie auf dem Weg zur CO2-Neutralität.“

Korrekt ist aber, ….

Die Behauptung aus dem Büro von Christian Sagartz, dass durch eine Ablehnung die 3. Liste weiter geführt wird, ist faktisch falsch. Die 3. Prioritätenliste würde nur temporär(!) in Kraft bleiben bis die Kommission – und dazu ist sie verpflichtet – eine neue Liste auf Basis der Ablehnung präsentiert. Dies hätte sie, bei kooperativem Verhalten, in wenigen Monaten tun können, da sie über alle nötigen Daten (incl. eines Rankings der Projekte) bereits verfügt. Des Weiteren sind die „Gasprojekte“ auf der 3. Liste, auf die sich das Büro von Christian Sagartz bezieht, größtenteils entweder ohnehin fertiggestellt oder politisch tot bzw. von den Energie-Regulatoren abgelehnt etc. Ein schwedisches Terminal zum Import von Flüssigerdgas, ehemals auf der Prioritätenliste, wurde zum Beispiel von der Regierung abgelehnt: Aufgrund von Bedenken bezüglich Klimawandel darf das Terminal nicht an das Schwedische Gasnetz angeschlossen werden.

US-amerikanisches Schiefergas

Die kürzlich vom EU Parlament abgesegnete Prioritätenliste, die sogenannte PCI Liste, enthält aber fünf weitere solcher Importterminals. Diese Projekte zeigen großteils direkte Verknüpfungen zu US-amerikanischem Schiefergas. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind jedoch eindeutig und weisen nachdrücklich daraufhin, dass fossiles Fracking-Gas massiv zur Klimaerwärmung beiträgt und die Klimabilanz im gesamten Lebenszyklus sogar meist schlechter wie die von Kohle ist. Dennoch, das Abstimmungsverhalten der ÖVP Delegation im EU Parlament weist klar darauf hin, dass fossiles Gas weiterhin Unterstützung mit EU Geldern bekommen soll. Behauptungen, dass die PCI Liste zum Transport „grüner“ Gase verwendet werden kann, sind nicht garantiert, zumal dezidierte Infrastruktur für e.g. Wasserstoff oder Biogas NICHT dazu berechtigt sind, auf der Prioritätenliste aufgenommen zu werden.

Keine neue Gasinfrastruktur notwendig

Eine aktuelle Studie zur vierten PCI-Liste verdeutlicht, dass Europa keine neue Gasinfrastruktur braucht, um die Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Bericht warnt eindringlich vor dem berechtigten Risiko, dass bis zu 29 Milliarden Euro für die unnötigen Gasprojekte auf der aktuellen Liste verschwendet werden könnten. [1] Trotzdem die Gas-Versorgungssicherheit in ganz Europa leicht durch Sektorkupplung oder Gebäudedämmung gewährleistet werden kann, sind in der EU sogar Gasinfrastrukturprojekte im Wert von 117 Milliarden Euro geplant! [2] Dieses Geld würde, wenn für eine faire Transition zu Erneuerbaren verwendet, EU BürgerInnen um ein Vielfaches mehr zugute kommen.

Die Förderung des Ausbaus bzw. des Neubaus von Gasinfrastruktur mit einer Lebenszeit von 30 – 50 Jahren mit öffentlichen Mitteln bzw. rechtliche Ausnahmen zur Reduzierung oder Befreiung von der Steuerlast riskiert das Kreieren von Lock-In-Effekten über Zeitpunkt der vollständig benötigten Dekarbonisierung hinaus bzw. generiert „Investitionsruinen“ mit der möglichen Folge einer neuen Finanzkrise. Der Ausbau von zusätzlichen Infrastrukturen für Gas (wie z.B. Pipelines oder LNG-Terminals) und den Gebrauch von Gas als Rohstoff für die petrochemische Industrie muss verhindert werden, um das Entstehen von Lock-In-Effekten bei der Nutzung fossiler Energieträger zu vermeiden und eine faire Energiewende nicht gefährlich zu bremsen.

Schritte, um das Ruder noch in Richtung Erreichung der Klimaschutzziele herumzureißen

Im Rahmen der Schaffung der rechtlichen Grundlagen, wie z.B. in der Vergangenheit im Rahmen der Erneuerbaren Energie-Richtlinie für die Nutzung von Biomassekraftstoffen, gilt es nun ökologische Kriterien für die Nutzung von Erdgas in der gesamten Kette zu definieren und einen Plan zum raschen Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen, einschließlich Erdgas, umzusetzen. Dies muss die energetische und stoffliche Nutzung mit einschließen, denn es gibt bereits Firmen in der EU, die Fracking-Gas importieren, um daraus Kunststoffe produzieren.


Wenn die österreichische Regierung vor Oktober "Nein" zu Gasprojekten auf österreichischem Territorium gesagt hätte, wären solche Gasprojekte nicht auf die EU-PCI-Liste gekommen. Das gleiche gilt selbstverständlich für alle anderen Mitgliedsstaaten. Ganz klar müssen alle engagierten Personen auch die nationalen Regierung auffordern aktiv zu werden!!

[1] https://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/milliardenausgaben-fuer-unnoetige-gasprojekte/ 19.02.2020
[2] https://globalenergymonitor.org/wp-content/uploads/2020/01/Gas_at_a_Crossroads_EU.pdf 20.02.2020

Frida Kieninger, Food & Water Action Europe & Rene Wabl, oekonews


Artikel Online geschaltet von: / wabel /