© Adrian Almasan | Binder Grösswang - Wirtschaftsfaktor und Klimapolitik im Zentrum der Diskussion
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Wirtschaftsstandort und Klimapolitik im Fokus

Binder Grösswang lud zum Podiumsgespräch mit Elisabeth Köstinger, Wolfgang Anzengruber, Herbert Eibensteiner und Christian Reisinger

Anlässlich des Jahresauftakts und des Starts der neune Bundesregierung lud die Wirtschaftskanzlei Binder Grösswang, am Mittwoch zur Podiumsdiskussion ein.

Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Wolfgang Anzengruber, Vorstandvorsitzender der Verbund AG, Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG und Christian Reisinger, Aufsichtsratsvorsitzender der Rosenbauer AG diskutieren über "Wirtschaftsstandort und Klimapolitik - Chancen und Herausforderungen für Unternehmen". Moderiert wurde von Kurier Chefredakteurin Martina Salomon.

Der Managing Partner und Sprecher der Kanzlei, Michael Kutschera zeigte in seiner Begrüßung auf, dass die Reduktion klimaschädlicher Emissionen, vor allem CO2, in unseren Breiten als zentrales Ziel kaum in Frage gestellt wird. Dennoch zeigen sich bei näherer Betrachtung noch Fragen, beispielsweise: "Wie geht ein kleines, hochindustrialisiertes Land, dessen Wirtschaft aufgrund ihres sehr hohen technischen Standards im Vergleich zu manchem internationalen Mitbewerber wenig, in absoluten Zahlen aber vielleicht doch nicht so wenig Treibhausgase emittiert, mit dieser Anforderung um?"

Umweltschutz versus Klimaschutz - oder passen sie zusammen?

Christian Reisinger, Aufsichtsratsvorsitzender der Rosenbauer AG und langjähriger Vorstand der Lenzing AG wies darauf hin, dass Umwelt- und Klimapolitik Ziele haben, die "gar nicht selten widersprüchlich sind."

Österreich gilt als Vorzeigeland im Bereich Umweltschutz und hat eine Vorreiterrolle in Bereichen Mülltrennung und -entsorgung, Landschafts- und Kulturpflege sowie in der Emissionspolitik des Verkehrswesens und im Industriebereich.

Ende der 90-er jahre stand die Nachhaltigkeit im Mittelpunkt, nun ist es die Klimaschutzdebatte, die im industriellen Umfeld mit der Einführung des Europäischen Emissionshandelssystems (ETS) als Resultat des Kyotoprotokolls 2005 gestartet hat. Nach dem Klimaschutz-Übereinkommen in Paris 2015 drang die Debatte in die Öffentlichkeit.

Reisinger stellte fest:"In Österreich setzt eine gewisse Desillusionierung ob der Tatsache ein, dass wir im Umweltschutz eine führende Nation sind, aber im Klimaschutz abgeschlagen gelistet werden. Die Treibhausgase sind seit den neunziger Jahren auf ähnlichem Niveau und der CO2-Ausstoß pro Kopf liegt bestenfalls im europäischen Mittelfeld."

Grüner Wirtschaftsstandort - Richtige Entscheidungen für Investitionen

Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betont, dass Entscheidungen im Sinne des Wirtschaftsstandortes getroffen werden müssten.

"Im Regierungsprogramm wurde verankert, dass es wichtig ist, die richtigen Entscheidungen für den Standort zu treffen. Es würde niemandem nützen, wenn Industriebetriebe in Österreich keine Zukunft sehen und womöglich anderswo produzieren lassen. Das hilft weder dem Klima noch dem Standort."

Sie fordert Europa auf, mehr Mut zu beweisen. "Ich glaube Europa muss sich - nicht nur im Energiebereich - mehr trauen. "Kunststoff ist beispielsweise ein wertvoller Werkstoff, aber er darf kein Wegwerfprodukt sein. Die Kreislaufwirtschaft stellt eine riesengroße Chance für Europa dar. Wir müssen der Plastikverschmutzung entgegenwirken und hier könnten wir auch Innovationstreiber sein", ist Ministerin Köstinger überzeugt.

Überlegungen rund um einen europäischen Green New Deal hält sie für zielführender als nationale Alleingänge. Wenn von der Europäischen Union klare Regeln kommen, fördert das den Wettbewerb. Die Ministerin betonte auch die guten Voraussetzungen, die Österreich in Bezug auf grünen Wasserstoff habe: "Wasserstoff wird in Zukunft ein wichtiges Speichermedium sein. Temporäre Überschüsse aus Sonnen- oder Windstrom können so gespeichert werden."

Erfolgsmodell in Europa

Wolfgang Anzengruber, Vorstandvorsitzender der Verbund AG ist davon überzeugt, dass wir vor einer grünen technologischen Revolution stehen und ruft dazu auf, Österreich abermals zu einem Vorzeigemodell in Europa zu machen. "Verstehen wir Klimaschutz als ein modernes Innovations- und Wirtschaftsprogramm, das Chancen für den Standort bietet und ein Erfolgsmodell in Europa werden kann! Wir haben das Wissen, die finanziellen Ressourcen und die technischen Möglichkeiten dazu - mehr noch: Wir haben die Verpflichtung, jetzt das Richtige für nachfolgende Generationen zu tun!"

Ausgleich für Mehrkosten

Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG betonte, dass sich die voestalpine klar zu den globalen Klimazielen bekennt. "Wir investieren laufend in bestehende Technologien und konnten in den vergangenen drei Jahrzehnten den CO2-Ausstoß pro Tonne Rohstahl um mehr als zwanzig Prozent senken. Wir haben aus heutiger Sicht alle technischen Möglichkeiten der bestehenden Technologie ausgeschöpft. Aus diesem Grund arbeiten wir mit Hochdruck an technischen Szenarien, wie wir die Dekarbonisierung der Stahlproduktion vorantreiben können und gehen hier auch weltweit neue Wege. Derzeit prüfen wir eine teilweise Umwandlung der bestehenden Hochofenroute in eine Hybrid-Elektrostahlroute."

Das wäre im Vergleich zur heute im Einsatz befindlichen Technologie ein massiver Schritt und könne rund drei bis vier Millionen Tonnen CO2-Emissionen in Österreich vermeiden. Gleichzeitig verfolge die voestalpine auch den längerfristigen Ansatz, den Anteil von Wasserstoff sukzessive zu steigern, um bis 2050 die CO2-Emissionen um mehr als 80 Prozent reduzieren zu können. "Allerdings ist für diese Transformation die ausreichende Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom zu wirtschaftlichen Konditionen notwendig. Die heutige Netzinfrastruktur ist dafür nicht ausreichend und muss dringend verstärkt werden. Entscheidend wird die wirtschaftliche Darstellbarkeit der Prozesse sein, um die globale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Dafür muss es einen Ausgleich für die aus der Transformation entstehenden Mehrkosten geben", fordert er.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /