© FridaysForFuture Wien / Klimastreik mit tausenden Menschen
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Attac an zukünftige Regierung: Klimaschutz erfordert neue Wirtschaftspolitik

Die Weichen für eine sozial-ökologische Wirtschaft müssen jetzt gestellt werden.

Kurz nach Weihnachten präsentiert das globalisierungskritische Netzwerk Attac Forderungen an eine zukünftige Regierung. „Die Klimaerhitzung erfordert in den nächsten fünf Jahren eine grundlegende Änderung der Art und Weise wie wir produzieren und konsumieren. Die künftige Regierung muss daher so rasch wie möglich die Weichen für einen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft stellen. Das betrifft unsere Energie-, Verkehrs- und Verteilungssysteme, unsere Landwirtschaft und die Produktion“, erklärt Alexandra Strickner von Attac Österreich.

Öffentliche Investitionen für mehr Klimaschutz – Liberalisierungsagenda stoppen

Eine sozial-ökologische Wirtschaft benötigt zum einen große öffentliche Zukunftsinvestitionen in erneuerbare Energien, thermische Sanierung sowie in öffentlichen Verkehr, Betreuung und Daseinsvorsorge. Zum anderen braucht es Rahmenbedingungen die sicherstellen, dass diese Bereiche öffentlich, im Interesse des Gemeinwohls und ohne Profitdruck erbracht werden können. Liberalisierungen im EU-Binnenmarkt in sozial-ökologisch relevanten Infrastrukturen (Bahn, öffentlicher Nahverkehr, Energieversorgung, Wohnen), die primär der Maximierung von Konzerngewinnen dienen, müssen daher rückgängig gemacht werden. Die Regierung muss sich dafür auf EU Ebene einsetzen.

Steuergerechtigkeit für sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft

Auch eine generelle Senkung der Abgabenquote und eine Schuldenbremse gefährden die dringend notwendigen Investitionen.

• Um den sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft zu finanzieren müssen große Vermögen und Erbschaften ab einer Million sowie Kapital- und Unternehmensgewinne progressiv besteuert werden. Die Regierung muss das ruinöse Dumping bei den Konzernsteuern beenden anstatt es durch eine generelle Senkung der Unternehmenssteuer zu verschärfen.

• Höhere Steuern auf Energie und Rohstoffe - gekoppelt mit einem Ökobonus für Haushalte mit niedrigem Einkommen - helfen den Energieverbrauch zu reduzieren. Subventionen im fossilen Bereich müssen gestoppt werden.

Neustart für sozial-ökologische Handelspolitik - Klimakiller EU-Mercosur stoppen

Das gegenwärtige globale Handelsregime ist für rund ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Viele geplante EU-Handelsabkommen wie der EU-Mercosur-Pakt würden dieses Problem verschärfen.

• Die Regierung muss das vom Parlament beschlossene Nein zum EU-Mercosur-Abkommen im EU-Rat bedingungslos umsetzen. Handelsabkommen mit ähnlichen Inhalten darf kein Verhandlungsmandat erteilt werden.

• Die Regierung muss sich für ein Aussetzen aller laufenden Handelsgespräche einsetzen. Dazu zählt auch TTIP 2.0 mit den aus dem Klimaabkommen ausgestiegenen USA. (1)
• Die Regierung muss sich für neue EU-Leitlinien einsetzen, in denen die Handelspolitik effektiven Klimaschutz sowie hohe Umwelt- und Sozialstandards garantiert und den Welthandel auf ein ökologisch tragfähiges Maß reduziert.

Klimakiller Sonderklagerechte abschaffen

Aktuelle Fälle zeigen, dass Sonderklagerechte für Konzerne auch neue Gesetze für mehr Klimaschutz gefährden. So haben beispielsweise in den Niederlanden die Energiekonzerne UNIPER, RWE und Vattenfall angekündigt, gegen den von der Regierung beschlossenen Kohleausstieg zu klagen. (2)

• Die Regierung muss daher den Energiecharta-Vertrag kündigen, auf dessen Basis Konzerne gegen Klimaschutzmaßnahmen klagen können. (3)

• Sie muss alle Investitionsabkommen beenden, die Sonderklagerechte für Konzerne enthalten und sich auf EU-Ebene für ein Aus dieser Paralleljustiz in jeder Form (ISDS, ICS, MIC) einsetzen

Agro-ökologisches Lebensmittelsystem ausbauen

Das globale Lebensmittelsystem ist in Summe für rund 44 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. (4) „Statt mehr Agroindustrie brauchen wir daher ein ökologisches Lebensmittelsystem mit kurzen Transportwegen, leistbaren Lebensmitteln und fairen Arbeitsbedingungen“, erklärt Strickner.

• Agrarförderungen in Österreich dürfen nur mehr für sozial-gerechte und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelsysteme vergeben werden. Dazu zählen Projekte, die regionale Wirtschaftskreisläufe fördern wie solidarische Landwirtschaft oder regionale Lebensmittelvertriebssysteme.

• Die Regierung muss sich auch auf EU-Ebene für eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik einsetzen, die den Umbau der Lebensmittelsysteme in der EU in diese Richtung sicherstellt.

Abschaffung des Emissionshandels

• Die Regierung muss sich auch für eine Abschaffung des EU-Emissionshandels einsetzen. Die Erfahrungen seit 2005 zeigen, dass das System zu keiner Reduktion der Emissionen führt - im Gegenteil: Der Emissionshandel untergräbt Maßnahmen gegen die strukturellen Ursachen der Klimaerhitzung. Es subventioniert nachweislich die größten Umweltverschmutzer und kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Milliarden. (5)
„Unser Ziel ist ein gutes Leben für alle - heute und in Zukunft lebenden - Menschen. Wie bisher messen wir auch jede kommende Regierung daran, wie sehr ihre konkrete Politik dazu beiträgt dieses Ziel zu verwirklichen“, erklärt Strickner.

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(1) Siehe https://www.attac.at/kampagnen/konzernabkommen-stoppen/ttip-20
(2) Der deutsche Energiekonzern Uniper bekämpft den Plan der niederländischen Regierung bis 2030 aus Kohlestrom auszusteigen. Uniper müsste ein Kohlekraftwerk schließen und sieht sich dadurch enteignet. Der britische Öl- und Gaskonzern Rockhopper verklagte 2017 Italien, weil das italienische Parlament alle Offshore-Bohrungen nach Öl und Gas in der Adria stoppte. Grund waren großer Widerstand in der Bevölkerung, Umweltschutzbedenken und das hohe Erdbebenrisiko. Rockhopper fordert 40 bis 50 Mio. US-Dollar Entschädigung für getätigte Investitionen sowie 200 bis 300 Mio. US-Dollar Entschädigung für „entgangene zukünftige Gewinne“. Der Fall ist noch nicht entschieden.
(3) Weiter Infos siehe: Ein Vertrag, sie alle zu knechten. Der sich stetig ausdehnende Energiecharta-Vertrag gibt Konzernen die Macht, die Energiewende zu blockieren. http://bit.ly/2sRLGz2
(4) Siehe: https://www.grain.org/article/entries/5102-food-sovereignty-five-steps-to-cool-the-planet-and-feed-its-people
(5) Siehe: EU emissions trading: 5 reasons to scrap the ETS: https://corporateeurope.org/en/environment/2015/10/eu-emissions-trading-5-reasons-scrap-ets


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /