© photo-graphe pixabay.com/ Vollmond
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Mondfühligkeit – Realität oder Fiktion?

Der Mond fasziniert den Menschen seit Jahr und Tag.

Er regt die Fantasie sowie ein wenig auch die dunkle Seite des Menschen an und kann bei Kindern ein gewisses Schaudern auslösen. Dass der Mond als spürbare Realität auf dem Planeten den Menschen in seiner evolutionären Entwicklung beeinflusst hat, klingt plausibel, zumal es sogar Tierarten wie die Palolo-Würmer auf der Südsee gibt, die ihre Eiablage mit dem Mond synchronisiert haben. Sie legen ihre Eier alle zur selben Zeit in einer Vollmondnacht ab. Der Fortpflanzungsvorteil: Durch das Überangebot an Beute überleben die meisten Jungtiere die Angriffswellen.

Vor allem steht der Vollmond im Verdacht, bestimmten Menschen den Schlaf zu rauben. In der Psychologie werden solche Menschen als mondfühlig bezeichnet. Doch ist an dem Mythos auch etwas dran?

Was sagen die Studien?

Mediziner aus Basel wollten dies genauer wissen und kamen nach einem gemeinsam verlebten Abend ausgerechnet in einer Vollmondnacht auf die Idee, die Daten einer bereits abgelaufenen Studie zum Schlafverhalten unter dem Aspekt der Mondfühligkeit neu auszuwerten. Der Nachteil der Studie liegt in der geringen Anzahl an Probanden von nur 33. Als Vorteil steht hingegen zu Buche, dass aufgrund der nachträglichen Bearbeitung der Studie weder Probanden noch Professoren vorher wussten, um was es geht. Dies schließt den berüchtigten Placebo-Effekt aus, der durch die doppelte Verblindung in wissenschaftlichen Studien nur reduziert wird, aber nicht gänzlich eliminiert werden kann.

In der Folge maßen die Baseler Mediziner, dass ihre Probanden in den Vollmondnächten durchschnittlich fünf Minuten länger zum Einschlafen benötigten und insgesamt 20 Minuten weniger lang schliefen als an anderen Nächten. Zudem seien die Tiefschlafphasen um 30 % reduziert gewesen. Doch keine Studie ohne Gegenstudie, denn das Max-Planck-Institut organisierte eine eigene Vollmondstudie mit 1265 Probanden, bei der kein signifikanter Vollmondeffekt in Bezug auf das menschliche Schlafverhalten ermittelt werden konnte. Hingegen gab eine Folgestudie im Jahr 2014 mit 319 Probanden den Baselern Recht. Aufgrund der widersprüchlichen Ergebnisse tappen die Menschen also weiter im Dunkeln und sind so schlau wie vorher.

Alles nur eine Frage des Glaubens?

Eindeutiger als in den Studien sind die Menschen selbst bei Befragungen dazu. So gaben im Rahmen einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach 39 % aller Befragten an, bei Vollmond schlechter schlafen zu können. Dies könnte den psychologischen Effekt einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung mit sich bringen, denn wer denkt, er könne bei Vollmond schlechter schlafen, schläft im Endeffekt auch schlechter.

Das Schlafhormon Melatonin

Eventuell könnte das Schlafhormon Melatonin bei Vollmond das Schlafverhalten negativ beeinflussen. Das Schlafhormon reagiert nämlich getreu der evolutionären Vorbestimmung des Menschen auf zunehmendes und abnehmendes Licht. Wird es heller, wird die Bildung von Melatonin in der Zwirbeldrüse gehemmt, während die Bildung des Schlafhormons bei Dunkelheit angeregt wird.

Dem gegenüber steht allerdings, dass selbst der Vollmond mit 0,2 Lux eine Lichtintensität aufweist, die um den Faktor 50 bis 100 gegenüber einer einfachen Straßenlaterne reduziert ist. Außerdem wäre es bei dieser Größenordnung nicht plausibel, warum in dieser Hinsicht ein solch mikroskopischer Unterschied zwischen einem Vollmond und dem Mond nur einen Tag vorher oder nachher einen solch dramatischen Effekt auf das menschliche Schlafverhalten hätte.

Ausblick: Es bleibt kompliziert

Ein weiteres Problem bei der Frage, ob, und wenn ja, in einem welchen Maße, etwas an der Mondfühligkeit bestimmter Menschen dran sei, besteht darin, dass Studien solcherart kaum von medizinischem Interesse sind wie dies beispielsweise bei medizinischen Studie zu verschiedenen Krankheiten der Fall wäre. Studien in Bezug auf die Mondfühligkeit werden in manchen Kreisen innerhalb der Medizin als esoterisch mit Geringschätzung beachtet. Auf jeden Fall fällt es schwer, Finanzierungshilfen für solche Studien zu gewinnen. Vielleicht ist es aber ganz gut, dass die Wissenschaften noch nicht alle offenen Fragen aufgedeckt haben, denn wo kein Geheimnis, ist auch kein Raum für Mystik mehr.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /