© GLOBAL 2000 / Christopher Glanzl /   AKW  Mochovce
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Neue Whistleblower: AKW Mochovce 3 - Kontrollverlust der Atom-Aufsicht

GLOBAL 2000 konfrontiert UJD-Chefin bei Regulatoren-Konferenz in Brüssel - Umweltministerin Patek und Kanzlerin Bierlein gefordert

Beim jährlichen Treffen der europäischen Atomaufsichten der European Nuclear Safety Regulators Group in Brüssel konfrontierten GLOBAL 2000-CampaignerInnen Patricia Lorenz und Reinhard Uhrig die Chefin der slowakischen Atomaufsicht UJD, Marta Žiaková, mit neuen Foto- und Video-Beweisen zum Zustand der Mochovce-Baustelle und zum Kontrollverlust ihrer Behörde.

"Mittlerweile haben sich vier Whistleblower an uns gewendet, Ingenieure und ehemalige Manager des Projekts mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bau und Betrieb von Atom-Reaktoren, die nicht gegen Atomkraft als solche sind, aber große Sorgen über den Zustand der Baustelle haben", so Reinhard Uhrig, Anti-Atom-Sprecher von GLOBAL 2000. "Wir fordern den sofortigen Baustopp von Mochovce 3, bis eine unabhängige internationale Prüfung durchgeführt wird. Diese Prüfung muss umfassend, gründlich, transparent und unter Einbeziehung von kritischen IngenieurInnen durchgeführt werden, um diesmal das Unter-den-Teppich-Kehren von großen Problemen zu verhindern."

Der Atomreaktor Mochovce 3 ist - mit Unterbrechung - seit 34 Jahren in Bau, das Sicherheits-Konzept aus den 1970er Jahren ist z. Bsp. für den Terror- oder Flugzeugabsturz-Schutz nicht akzeptabel für einen Betriebsbeginn im 21. Jahrhundert.

Schlimmer noch ist der Weiterbau des Projekts seit Jahren außer Kontrolle: Im April 2019 veröffentlichten Kronen Zeitung und GLOBAL 2000 Berichte und Fotos von mehreren Maschinenbau- und Statik-Ingenieuren über chaotische Zustände auf der Baustelle sowie Zweifel über die statische Integrität der "hermetischen Kammern" rund um den Reaktordruckbehälter, die durch tausende blinden Kernbohrungen geschwächt sein könnte.

UJD und die Betreibergesellschaft Slovenské elektrárne hatten die Enthüllungen abgetan als vergangene Probleme, die mittlerweile gelöst seinen, bzw. als durch Dichtheitstests entkräftet (die Dichtheit war durch den Statik-Ingenieur gar nicht bezweifelt worden, sehr wohl aber die Sicherheit der Statik).

Neue Belege von weiteren Informanten Aufgrund der Diskussion und Medienberichterstattung, auch in der Slowakei, haben sich mehrere weitere Manager und Ingenieure des Projekts an GLOBAL 2000 gewandt.

Die neuen Informationen und Foto-Belege betreffen den aktuellen Zustand des Projekts (Jänner/März 2019), sowohl den weiterhin ungenügenden Zustand der Bauleitung, die die verschiedenen Gewerke der Baustelle nicht unter Kontrolle hat (Fotos von Rissen und verformten Trägern), als auch schwerwiegende Probleme bei den aktuellen Inbetriebnahme-Tests von Reaktor 3, die in dieser Phase nicht auftreten dürften: So brachen Ventile im Primärkreislauf, die auf dem Papier zwar erneuert worden waren, vermutlich aber alte, unerneuerte Bauteile waren.

"Wir verlangen Transparenz: Die volle Dokumentation muss offengelegt werden. Berechnungen und Tests müssen durchgeführt werden um sicherzustellen, dass die Widerstandsfähigkeit der hermetischen Kammern nicht durch die baulichen Veränderungen beeinträchtigt wurde", so Uhrig abschließend. "Bundeskanzlerin Bierlein und Umweltministerin Patek müssen dort weitermachen, wo die letzte österreichische Bundesregierung in einem nationalen Schulterschluss aufgehört hat: bei der Durchsetzung einer wirklich unabhängigen und gründlichen Prüfung. Dann ist das der Anfang vom Ende des Chaos - und der nächste Schritt zur Aufgabe des katastrophalsten Atom-Projekts des 21. Jahrhunderts."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /