© Gerd Altmann / pixabay.com
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Spanien: Ein klares Zeichen gegen Atomkraft

Erfolgreiche Demo in Caceres für die Schließung des Kernkraftwerkes Almaraz

Am 11. Juni nahmen über 1.500 Menschen an einer Demonstration teil, die von mehr als 45 Organisationen zusammengerufen worden waren und die zur Schließung des AKWs Almaraz in Cáceres aufrief, einer Stadt im Südwesten Spaniens unweit von Portugal. Die teilnehmenden Gruppen kamen sowohl aus Portugal als auch aus Spanien und setzten sich aus sozialen, Umwelt- und politischen Organisationen zusammen.

Der Aufruf kam von der erst kürzlich gegründeten Bewegung ‘Movimiento Ibérico Antinuclear’ (Iberische Antiatomkraft-Bewegung), welche es sich zum Ziel gesetzt hat, spanische und portugiesische Aktivisten zusammenzubringen, die sich gegen die spanischen Atomkraftwerke stellen, welche beide Länder gefährden und um Uranabbauprojekte an der gemeinsamen Grenze zu stoppen. .

Die Demonstration war bunt und festlich – es wurde getanzt, Musik gemacht, Theater gespielt; auch gab es Flashmobs und vieles andere. Der Höhepunkt des Tages war ein Protestmarsch mit Kundgebung.

Ziel dieser Demo war es, zu einer Schließung von Almaraz aufzurufen, wenn seine derzeitige Betriebsgenehmigung im Jahr 2020 endet. Wir riefen auch zu einer endgültigen Schließung des Kernkraftwerkes Garoňa auf. Garona ist seit Dezember 2012 abgeschaltet - als ältestes spanisches AKW aber noch nicht definitiv außer Betrieb. Des Weiteren ging es um die Schließung aller spanischen Kraftwerke nach dem Auslaufen ihrer derzeitigen Betriebsgenehmigung; das heißt, spätestens im Jahr 2024.

Das AKW Almaraz besteht aus zwei Druckwasserreaktoren mit einer Gesamtkapazität von etwa 2,100 MW. Es bezieht sein Kühlwasser aus dem Arrocampo-Damm am Tajo Fluss. Der erste Reaktor wurde 1981 in Betrieb genommen, der zweite 1983; also sind sie jetzt 35 und 33 Jahre alt. Es gibt in Almaraz eine lange Liste von aufgetretenen Störfällen, einschließlich zweier Lecks mit Austritt von radioaktivem Wasser und Korrosionen bei den sechs Dampfgeneratoren, die in den 90er Jahren ausgewechselt werden mussten. Die neuen Dampfgeneratoren sollen korrosionssicher sein; man hat allerdings schon erste Anzeichen von neuerlichen Korrosionen an ihnen festgestellt. In Almaraz trat mehrere Male extrem heißes Wasser aus und gelangte in die Umwelt. Dadurch starben viele Fische, was die Qualität des Flusswassers verschlechterte.

Der jüngste und ernsteste Vorfall hängt mit wichtigen Wasserpumpen (Essential Service Water – ESW) zusammen. Das ESW System ist ein wesentlicher Bestandteil für den sicheren Betrieb eines Kernkraftwerkes. Neben anderen Funktionen stellt das System sicher, dass die Reaktorkühlung gewährleistet ist, denn die Pumpen für den Primärwasserkreislauf werden von diesem E-S-Wasser gekühlt.

Die Anlage hat vier identische ESW-Pumpen, welche das notwendige Wasser aus dem Arrocampo Damm entnehmen und zuleiten, plus eine Extra-Pumpe. Es wurde in allen fünf Pumpen ein gemeinsames Problem entdeckt: ein Werkteil, welches das Austreten von Öl verhindern kann, kann brechen, was wiederum zu einem Versagen der Pumpen führen kann. Dies geschah dann auch im September 2015 und im Januar 2016, als zwei Pumpen ihren Dienst versagten. Das Kraftwerk wurden nicht außer Betrieb gesetzt, sondern man entschied sich, die Reaktoren bei voller Leistung weiterarbeiten zu lassen und die ESW Pumpen schön hintereinander bei laufendem Betrieb zu reparieren. Diese Entscheidung wurde auf Basis eines Berichts von Areva getroffen, der nach einem Skandal wegen gefälschter Sicherheitsprotokolle verfasst wurde. Sie wurde von der spanischen Regulierungsbehörde, dem Consejo de Seguridad Nuclear (CSN), gutgeheißen.

Zu allem Überfluss veranlasste die CSN den Betreiber nicht, die Schleusentore an den Reaktoren zu reparieren. Diese Tore sind nicht in der Lage, die Kernstücke beider Reaktoren zu schützen, falls der entsprechende Damm brechen sollte. Die Besitzer von Almaraz wollen die Anlage weiter betreiben, denn sie bringt auf dem spanischen Elektrizitätsmarkt, der Atomkraftwerke favorisiert, über 1 Million Euro pro Tag ein.

All diese Vorfälle haben die portugiesischen Bürger und Politiker beunruhigt, denn ein Unfall in diesem spanischen AKW würde auch Portugal in Mitleidenschaft ziehen: radioaktive Isotope können sich in der Luft ausbreiten als auch im Tajo-Fluss ins Land gelangen. Das portugiesische Parlament beschloss - wie auch die Stadtvertretung von Lissabon - einmütig eine Forderung nach Schließung des AKW Almaraz.

Nach Garoňa ist Almaraz das älteste Kernkraftwerk Spaniens. Im Jahr 2020 wird darüber entschieden werden, wie lange die Anlage noch in Betrieb bleiben soll. Es gab eine politische Auseinandersetzung darüber, wie lange Atomkraftwerke im Allgemeinen betrieben werden dürfen. Die konservative Volkspartei Spaniens will die Lebensspanne eines Kraftwerkes auf bis zu 60 Jahre verlängern; die spanische sozialistische Arbeiterpartei dagegen will eine Beschränkung auf 40 Jahre. Die Position der Bürgerpartei (Ciudadanos) ist nicht eindeutig, aber sie ist nicht gegen die Nutzung der Atomkraft und nimmt in dieser Problematik vermutlich eine ähnliche Position ein wie die Volkspartei.

Das Movimiento Iberico Antinuclear ist gegen jedwede Verlängerung der Betriebsdauer bei Kernkraftwerken. Das würde die Schließung von Almaraz 1+2 im Jahr 2020 bedeuten und das Betriebsende des letzten spanischen Atomkraftwerkes bis 2024. Unidos Podemos – ein linkes Wahlbündnis – unterstützt diesen Vorschlag. Die Ergebnisse der jüngsten Wahl in Spanien machen es aber schwer, diese Kernkraftwerke sofort zu schließen: die Volkspartei verstärkte ihre Parlamentspräsenz, wohingegen die Arbeiterpartei und Unidos Podemos nicht so gut abschnitten.

Dennoch werden wir, die iberischen Antiatomkraft-Aktivisten, weiterhin Bürger und Politiker davon zu überzeugen versuchen, dass es ein gefährlicher Fehler wäre, die AKWs weiterlaufen zu lassen.

movimientoibericoantinuclear.wordpress.com/2015/11/25/la-tenebrosa-historia-de-almaraz

Im englischen Original erschienen im Nuclear Monitor Nr. 826 vom 6.7.2016
Autor; Francisco Castejón – Ecologistas en Acción (http://www.ecologistasenaccion.org
Bearbeitung und Übersetzung ins Deutsche: Ina Conneally, Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu

GastautorIn: Francisco Castejón – Ecologistas en Acción (http://www.ecologistasenaccion.org für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /