© PVA / Hans Kronberger - Photovoltaic Austria
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Kronberger: „Für mich ist Energienutzung eine Intelligenzfrage“

COP 21: Es muss auch realpolitisch entschlossen gehandelt werden

Am 30. November 2015 startet in Paris die 21. Weltklimakonferenz (COP 21). Die Konferenzen der letzten Jahre waren weit davon entfernt, zufriedenstellende Ergebnisse zu bringen, welche zu einem Einbremsen der globalen Erwärmung auf +2°C gegenüber dem vorindustriellen Stand beitragen könnten. Nun muss nicht nur endlich ein klares Zeichen gesetzt, sondern im Anschluss auch realpolitisch entschlossen gehandelt werden.

Hans Kronberger, Geschäftsführer von Photovoltaic Austria, spricht im Interview über notwendige Ziele und realistische Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energie.

Sind die Ziele, welche sich Österreich bzw. die Europäische Union im Bereich Klimaschutz gesetzt haben, ausreichend?

Grundsätzlich ist bei den Zielen die Vorgehensweise so, als ob man beim Hochsprung bei Latte auf 50 cm legt und sich dann auf die Schulter klopft, wenn man sie überwunden hat. Durch die Festlegung von so niedrigen Zielen werden diese natürlich auch leichter erreicht. Ich bin ohnehin der Meinung, dass Klimakonferenzen durch Weltenergiefortschrittskonferenzen ersetzt werden sollten, oder dass man solche zumindest zusätzlich abhalten sollte. Will man eine echte Energiewende, kann man nicht über Zwischenziele feilschen, man braucht Endergebnisse. Bis jetzt passieren aber zu viele Alibiaktionen.

Sehen Sie die Entwicklung im österreichischen Energiesektor als ausreichend angesichts der Ziele des Kyoto-Protokolls?

Nein. Das ökologische Problem ist so groß, dass man danach trachten muss, das fossil-atomare Energiesystem vollständig zu überwinden. Die bisherigen Klimakonferenzen lassen sehr viel zu wünschen übrig. In Paris muss man beweisen, dass man einen Schritt weitergekommen ist. Zur bisherigen Politik in diesem Bereich fällt mir ein Zitat von Goethe ein, das ich vor Kurzem gelesen habe: ‘Worte, Worte, keine Taten, viel Gemüse und kein Braten’. Man darf in Paris auch die Frage nicht ausblenden, wo liegen die Ursachen und Wurzeln der Terrorweltkrise, vom Irakkrieg der USA bis hin zur Terrorfinanzierung durch die Ölstaaten am Golf.

Sind die von der EU beziehungsweise Österreich vorgegebenen Ziele im Bereich des Anteils an erneuerbarer Energie und der Energieeffizienz ausreichend? Welche Zielvorgaben würden Sie sich wünschen?

Die Energiewende – sie muss so schnell wie möglich durchgeführt werden. Leider gibt es starke Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Energielieferländern und Energieverbraucherländern. Auch wenn der Ölpreis jetzt wieder gesunken ist, halte ich das nur für eine Momentaufnahme. Bei Photovoltaik hingegen gab es in den letzten Jahren eine sehr starke Preisreduktion, sie ist am besten Weg zur Marktfähigkeit. Im Prinzip sind auch nicht die Ziele entscheidend. Ich bin ein fester Gegner von festgeschriebenen Langzeitzielen, weil das Problem durch diese nur weitergegeben und auf eine spätere Lösung gehofft wird. Wenn Ziele, dann stark und zeitnah.

Sind die politischen Rahmenbedingungen im Bereich der Energieerzeugung förderlich für eine möglichst große Steigerung des Anteils von erneuerbarer Energie?

Man muss Energietechniken wie Photovoltaik gerecht werden, indem man Fördersysteme kurzfristig anpasst. Die Tarifförderung etwa ist für die Photovoltaik obsolet, die Investmentförderung hingegen zielführend, denn hier gibt es einen Zuschuss zur Errichtung der Anlagen. Damit würde die Erreichung der Marktfähigkeit beschleunigt werden.

Welche Optimierungspotenziale sehen Sie vonseiten der gesetzlichen und marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen?

Die Rahmenbedingungen müssen flexibel gestaltet werden, um das Optimum zu erreichen. Anlagen zur Produktion von erneuerbarer Energie sollten auch nicht in erster Linie Renditeobjekte sein, sondern Anlagen zur Stromproduktion. Die alten Strukturen sind nicht zu halten. Wir müssen neue Systeme schaffen und nicht die alten beibehalten.

Sehen Sie Ungleichbehandlungen im Vergleich mit anderen Arten der Stromerzeugung, insbesondere solchen, die auf fossilen Energieträgern basieren, die ein Hemmnis für Photovoltaik darstellen?

Die fossilen werden wesentlich stärker gefördert als die erneuerbaren Energien. Man muss endlich die Kostenwahrheit einführen, also die Internalisierung externer Kosten vorantreiben. Die Folgekosten der Energieproduktion, wie etwa Luftverschmutzung, müssen in den Preis mitaufgenommen werden. Auch Atomkraft ist für mich keine Alternative. Ich halte gerade die neuen Atomkraftwerke für gefährlicher als jene mit der alten Technologie. Atomkraft ist für mich eine tote Technik und um ein Vielfaches teurer als moderne Photovoltaik.

Welche Maßnahmen würden Sie sich von der Politik wünschen, um der Photovoltaik zu ermöglichen, einen möglichst großen Beitrag zum Energiemix Österreichs zu liefern?

Man muss sich mit Politik und Wirtschaft zusammensetzen und ein Konzept entwickeln, wie man die erneuerbaren Energien zur Marktreife führen kann. Die derzeitigen bürokratischen Hemmnisse sind ein Wahnsinn. Wenn ich da nur an die geplante Steuer auf Eigenverbrauch, die wir als Radieschensteuer bezeichnet haben, denke. Das ist, als ob man im eigenen Garten Radieschen anbaut, sie selbst verbraucht, aber Steuern dafür bezahlen muss. Auch wenn das Schlimmste vor einem Jahr abgewendet werden konnte, brauch wir weitere Impulse.

Sehen Sie eine Krise der erneuerbaren Energie?

Ich sehe überhaupt keine Krise. Die erneuerbare Energie kommt vielleicht mit Verzögerung in den Köpfen der Menschen an, ist aber nicht aufzuhalten. Als Primärenergie ist Solarenergie, wie auch Wasserkraft oder Windkraft kostenlos – und damit preislich auf Dauer nicht zu schlagen. Für mich ist Energienutzung deshalb eine Intelligenzfrage. Zum Wort Krise fällt mir ein Zitat von Antonio Gramsci ein: ‘Eine Krise ist, wenn das Alte stirbt und das Neue nicht geboren werden kann.’ Wir müssen Geburtshelfer für das neue System sein.

Was genau meinen Sie mit folgendem Zitat auf Ihrer Website?
‘Erneuerbare Energien haben nur einen einzigen Feind: Die Unwissenheit über die fantastischen Möglichkeiten, die sie uns bieten.’



Es gibt verschiedene Methoden in diesem Bereich: Eine davon ist, die fossilen Energien bekämpfen zu wollen. Das finde ich als keine zielführende Strategie. Die Erzeuger von erneuerbarer Energie müssen stattdessen vorrangig daran arbeiten, selbst so gut zu werden, dass sich die Frage ob erneuerbar oder fossil gar nicht mehr stellt.

GastautorIn: Manuel Grebenjak für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /