© Leitbetriebe Österreich/ Nachhaltige Bauwirtschaft im Fokus
© Leitbetriebe Österreich/ Nachhaltige Bauwirtschaft im Fokus

Leitbetriebe fordern neue Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit in der Bauwirtschaft

Mehr Augenmerk auf Ressourcen- und Energieverbrauch beim Bau - Innovative Konstruktionen ermöglichen flexible Nutzung, ressourcenschonenden Umbau und Recycling

Die Bauwirtschaft hat im Hinblick auf ökologische Nachhaltigkeit große Verbesserungen erreicht. Um weitere Potenziale zu nutzen, müssten aber auch die Rahmenbedingungen geändert werden, so der Tenor einer Fachveranstaltung der Leitbetriebe Austria am Standort Grawatschgasse des führenden österreichischen Baustoffhändlers Quester.

Experten aus Leitbetrieben der Branchen Bau, Baustoffe und Logistik referierten dabei zum Thema ‘Erfolgreich mit Nachhaltigkeit’. ‘Ökologische Nachhaltigkeit ist neben sozialer Verantwortung und unternehmerischem Erfolg ein Kernthema für die österreichischen Leitbetriebe’, so einleitend Leitbetriebe-Austria-Geschäftsführerin Monica Rintersbacher.

‘Kaum ein anderer Wirtschaftsbereich kann im Hinblick auf Energieeffizienz und Ressourcenschonung so viel zu einer gesamthaften Verbesserung in Österreich beitragen wie die Bauwirtschaft. Wir sind stolz, dass es uns gelingt, führende Vertreter dieser Branche zu vernetzen und dadurch weitere Innovationen zu inspirieren.’ Da die Bautätigkeit stark durch Flächenwidmung, Bauordnungen, Sicherheits- und Brandschutzvorschriften, Förderrichtlinien etc. geprägt ist, liegt der Schlüssel zu weiteren Fortschritten letztlich bei Politik und Behörden, erklärt Andreas Kovar, Geschäftsführer des Public-AffairsUnternehmen Kovar und Partner sowie Sprecher der Brancheninitiative ‘ProBau’: ‘Es gibt eine ganze Reihe von Innovationen, die wesentlich zur Ressourcenschonung beitragen könnten, die aber unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht zulässig oder wirtschaftlich nicht sinnvoll sind. Hier fehlt es der Politik oft an der notwendigen Praxisnähe, um die richtigen Impulse zu setzen. Das liegt sicher aber auch zum Teil an der Bauwirtschaft selbst, die sich aktiver in Entscheidungsprozesse einbringen muss.’

Christian Weinhapl, Geschäftsführer der Wienerberger Ziegelindustrie, sieht einen wesentlichen Hemmschuh in der einseitigen Fixierung auf den Heizwärmebedarf: ‘Im Bereich Gebäudehülle wurden bereits so massive Verbesserungen erzielt, dass der Heizwärmebedarf für die Gesamtenergiebilanz eines Gebäudes nur mehr eine untergeordnete Rolle spielt. Viel größeres Augenmerk sollte daher dem Gesamtenergiebedarf von Gebäuden, also inklusive Warmwasser, Haushaltsstrom oder zusätzlichen Ökoindikatoren, wie Bio Diversität, Ressourcenschonung oder Human Toxizität bei Gebäudebewertungen gewidmet werden. Hier haben ressourcenschonende, nachhaltige und langlebige Baustoffe wie z.B. Ziegel große Vorteile.’

Verbesserungsmöglichkeiten gibt es auch in der langfristigen Nutzbarkeit von Gebäuden, erklärt Sabine Hanke, Geschäftsführerin der Baufirma Voitl & Co. : ‘Um hohe Flexibilität zu ermöglichen, ist als erster Schritt die Trennung von tragender Konstruktion und nichttragenden Raumelementen erforderlich. Das macht eine nachträgliche Anpassung von Raumgrößen an den jeweiligen Bedarf der Nutzer möglich. Tragelemente sollen sich hauptsächlich an der Außenhülle und an den Grenzen zu den Erschließungsflächen finden. Die heutige Technik lässt Leichtkonstruktionen mit höchsten Schall-, Wärme- und Brandschutzanforderungen zu. Bei Umbau oder Abbruch können beispielsweise Gipskartonplatten oder -reste wieder in den Produktionsprozess rückgeführt werden.’ In weiterer Folge seien die haustechnische Ver- und Entsorgung sowie sicherheitstechnische Einrichtungen im Objekt so zu planen und zu dimensionieren, dass nicht nur die Größen der Nutzungseinheiten flexibel verändert werden können sondern auch verschiedene Nutzungskategorien (Leben, Betreuung, Arbeit, Verwaltung etc.) mit geringem Aufwand geschaffen werden können. Nachhaltig konzipierte Gebäude zeichnen sich für Hanke somit durch drei Qualitäten aus:
• die nachhaltige Fertigung
• die Möglichkeit der flexiblen Nutzung
• die räumliche Freiheit zur Schaffung der entsprechenden Nutzungseinheiten

Wegen der großen Materialmengen, die in der Bauwirtschaft transportiert werden müssen, kann auch die Optimierung der Logistik wesentlich zur Verkleinerung des ‘Ökologischen Fußabdrucks’ beitragen. Davor Sertic, Geschäftsführer der Spedition UnitCargo und als Gründer des ‘Forum Green Logistics 2030’ auch persönlich stark im Nachhaltigkeitsmanagement engagiert, verwies auf die umfassenden Möglichkeiten zur Reduktion des Energie- und Ressourcenverbrauchs durch optimierte Logistikabläufe. ‘Öko-Zertifizierungen wie etwa EMAS haben viel zur Qualitätsverbesserung beigetragen und sind für Kunden, die auf Nachhaltigkeit Wert legen, ein wichtiges Entscheidungskriterium.’

Verantwortung zu übernehmen ist auch für Gastgeber Andreas Vavra, Verkaufsleiter Quester Österreich, eine unverzichtbare Voraussetzung für die praktische Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens: ‘Wir können nicht von jedem Kunden erwarten, dass er sich detailliert mit ökologischen Vor- und Nachteilen von Materialien und Produkten auseinandersetzt. Vielmehr sehen wir das als unsere Aufgabe als Händler und haben daher unser ‘Grünes Q!’ entwickelt. Diese Kennzeichnung wird nach strengen Kriterien für einen Teil unseres Sortiments vergeben und unsere Kunden können sicher sein, mit diesen Produkten auch eine ökologisch verantwortungsbewusste Entscheidung zu treffen.’


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /