© Paksi / AKW Paks
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Atomkraftwerk PAKS II – Vollends unrentabel und tödlich für die Donau

Bisher geheim gehaltene Gutachten bezweifeln die Wirtschaftlichkeit der Erweiterung des ungarischen Atomkraftwerks Paks II und prognostizieren eine gefährliche Erwärmung der Donau.

Die Grünen fordern die Berücksichtigung der neuen Informationen im laufenden UVP-Verfahren und fordern die burgenländische Landesregierung sowie alle BurgenländerInnen zur Stellungnahme auf.

In den Jahren 1982-87 wurden in Paks, südlich von Budapest – nur knapp 200 Kilometer von der burgenländischen Grenze entfernt – 4 Reaktorblöcke (Paks I) errichtet und in Betrieb genommen, damit werden bis zu 40% des Strombedarfs des Landes gedeckt. Nun will Ungarn – finanziert durch Russland – zwei weitere Blöcke (Paks II) errichten.

Die ESPOO-Konvention der Vereinten Nationen sieht vor, dass benachbarte Staaten, Fragen und Bedenken an den Standort-Staat richten können und diese auch beantwortet werden müssen. Nun wurde einerseits die Frist für die Abgabe von Stellungnahmen zur laufenden UVP bis 23. September 2015 verlängert. Andererseits wurden äußerst brisante Unterlagen, die der Geheimhaltung unterlagen, veröffentlicht. Darin sind zahlreiche Fakten per Gesetz aus Gründen der Staatssicherheit verschwiegen worden, die einen ‘sicheren’, sinnvollen und ökologisch vertretbaren Ausbau völlig unmöglich machen.

GEHEIME AKTEN VERÖFFENTLICHT

Der Abgeordnete von ‘Dialog für Ungarn’, Benedek Jávor, veröffentlichte kürzlich auf seiner Webseite (http://javorbenedek.blog.hu/2015/06/22/vannak_tanulmanyok_paks2-rol_de_nem_veletlenul_titkosak) Studien, die eigentlich für 30 Jahre geheim gehalten werden sollten.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

* Wichtige Grundlagen für die Machbarkeitsstudie wurden aufgrund veralteter Daten bewertet, in einer internen Studie heißt es, ‘man kann nicht davon ausgehen, dass die verwendeten Daten aus den Jahren 2007 und 2008 gültig sind’. Auch die herangezogenen Preisprognosen werden als unrealistisch eingeschätzt.

* Es muss davon ausgegangen werden, dass Paks I nach Inbetriebnahme von Paks II nur noch um ein Drittel reduziert betrieben und somit offenbar gar nicht mehr wirtschaftlich laufen kann.

* Es ist nicht geklärt, ob das ungarische Stromnetz die zusätzlichen Stromkapazitäten überhaupt aufnehmen kann. Von einem Ausbau der Stromnetze ist nichts bekannt. Es geht immerhin um eine Verdoppelung der erzeugten Strommenge.

* Die Kühlung der Reaktoranlagen soll mittels Donauwasser erfolgen. Dies hätte eine beträchtliche Erwärmung der Donau zur Folge, der durch den Klimawandel ohnehin eine Erwärmung um etwa 1° Celsius prognostiziert wird. Diese Erwärmung birgt einerseits ein ökologisches Problem, andererseits ein Sicherheitstechnisches.

* Laut Berechnungen der ‘geheimen’ Studie würde sich die Donau bis zur Südgrenze in den Sommermonaten auf bis zu 30° C erwärmen. Ab 28° C ist mit einem Sauerstoffmangel zu rechnen, der ein Sterben von Fischen und anderen Donaubewohnern verursachen würde. Weiters ist mit erhöhtem Algenwachstum und der Ausbreitung von Epidemien und Seuchen bei Tieren zu rechnen. Die Gefahr der Ausbreitung nicht heimischer Tier-und Pflanzenarten und dadurch bedingt die Verdrängung heimischer ist wesentlich größer. Bereits jetzt müssen AKW in Deutschland in heißen Sommern gedrosselt werden, wenn sich die Fluss-Temperatur 28°C nähert, da sodann keine ausreichende Kühlung mehr gewährleistet ist. In der Studie werden auch dadurch bedingte Notabschaltungen erwähnt.

Brisant sind diese Informationen auch aus politischer Sicht. ‘Für Orban steht viel am Spiel, daher gilt für seine gesamte Partei ‚Wer das Projekt angreift, greift das ganze Land an’, wie in einer Aussendung zu lesen ist’, so Spitzmüller. Die bisher streng geheimen Daten seien aus Staatsschutzgründen unter Verschluss gehalten worden. Dazu zählen auch die genauen Finanzierungs- und Ausschreibungsdetails, wobei es gar keine Ausschreibungen gibt. ‘Somit wurde bereits hier gegen EU-Recht verstoßen’, stellt Spitzmüller fest. ‘Außerdem wird durch unerlaubte staatliche Förderungen vermutlich das EU-Wettbewerbsrecht verletzt.’

Darüber hinaus wird damit gerechnet, dass ab dem Jahr 2021, in dem das AKW in Betrieb geht, zur Rückfinanzierung und für den Kostenaufwand des laufenden Betriebes der Strompreis verdoppelt werden muss. Dies geht aus einer internen Berechnung der Betreiberfirma hervor.

GRÜNE FORDERN UNTERBRECHUNG DES UVP-VERFAHRENS

‘Es wurden nicht nur Dokumente geheim gehalten, wichtige Unterlagen fehlen überhaupt wie etwa Machbarkeitsstudien, die alle Kosten, die Auswirkungen von Paks II auf den Strommarkt und auch von Alternativen bewerten’, kritisiert die Grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner. ‘Alternativen wurden bisher überhaupt nicht geprüft, obwohl auch das die ESPOO-Konvention vorschreibt.’

‘Wie sollen wir alle nötigen Fragen stellen, wenn wir nicht einmal alle Dokumente kennen?’, kritisiert Nationalratsabgeordnete Christiane Brunner. ‘Bei Projekten mit grenzüberschreitender Wirkung ist es besonders wichtig, dass es Vertrauen über die Faktenlage und den Umgang miteinander gibt – auch wenn die Auffassungen bezüglich Atomkraftwerken zwischen Österreich und Ungarn völlig konträr sind. Die Geheimhaltung wichtiger Dokumente ist nicht besonders vertrauensbildend!’

‘Die Burgenländische Landesregierung und die österreichische Bundesregierung muss dies gegenüber Ungarn klar stellen und einfordern, dass das UVP-Verfahren gestoppt wird, zumindest so lange, bis alle Dokumente am Tisch liegen, fordern Brunner und Spitzmüller unisono.

Wiederholt plädieren sie an die Ungarische Regierung, ihre Energieversorgung schrittweise von Atomkraft auf Erneuerbare umzustellen. Abgesehen von den verheerenden Umweltauswirkungen eines Atomkraftwerks wird Paks II gravierende Auswirkungen auf den Strommarkt haben, wodurch auch unsere Energiewende beeinflusst werde. Laut einer Untersuchung der von Energia Group (einer anerkannten Energie-NGO) wird sich Paks nur rechnen, wenn der Strompreis in Ungarn um bis zu 75% erhöht werden würde. Brunner: ‘Das heißt: ein wirtschaftlicher Super-Gau ist bereits vorprogrammiert oder es braucht massive staatliche Zuschüsse. Für uns Grüne ist klar, dass dies ähnlich wie beim britischen Atomkraftwerk Hinkley Point zu einer weiteren Verzerrung des Strommarktes führen würde und damit eine unerlaubte Beihilfe darstellt. Wir haben die Bundesregierung bereits dazu aufgefordert auch hier Klage zu erheben, das wurde bis jetzt abgelehnt."


Neben der offiziellen Stellungnahme der Landesregierung bitten Spitzmüller und Brunner auch alle BurgenländerInnen, eine Stellungnahme an die burgenländische Landesregierung zu schicken, die dann die gesammelten Stellungnahmen nach Budapest schickt. Eine Musterstellungnahme bieten die Grünen zum Download an unter: https://burgenland.gruene.at/paks-stellungnahme.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /