© Passivhausinstitut/ Internationale Passivhaustagung in Leipzig
© Passivhausinstitut/ Internationale Passivhaustagung in Leipzig

Durchdachtes Handeln im Gebäudesektor ist Teil der Energiewende

Internationale Passivhaustagung in Leipzig bringt immense Potenziale bei Neubau und Sanierung vor den Vorhang

Leipzig- Niemals war es einfacher, energieeffizientes zu bauen. Es gibt immer mehr geeignete Komponenten dafür am Markt. Die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich waren ein Schwerpunkt der Internationalen Passivhaustagung 2015 in Leipzig. Experten aus aller Welt zeigten die immensen Einsparpotenziale, beispieslweise durch zertifizierte Fenster, clevere Dämmsysteme oder Lüftungsanlagen. In den Vorträgen am 17. und 18. April wurde klar, wie wichtig durchdachtes und konsequentes Handeln im Gebäudesektor für die Energiewende ist.

"Die Investitionskosten für verbesserte Effizienz bei ohnehin benötigten Bauteilen sind heute außerordentlich gering, die Kostendifferenz wird über die eingesparten Energiekosten mehr als ausgeglichen", sagte Prof. Dr. Wolfgang Feist, Leiter des Passivhaus Instituts. Für den Nutzer sei die Verwendung von Passivhaus-Komponenten daher auch aus ökonomische Sicht ein Gewinn. Dank des breiter werdenden Angebots am Markt gebe es außerdem kaum noch Beschränkungen bei der planerischen und architektonischen Umsetzung. "Bei den Produkten, die für den Bau hoch energieeffizienter Gebäude erforderlich sind, gibt es unterschiedlichste Lösungen bezüglich Bauart, Funktionsumfang, Einsatzbereich und Gestaltung", sagte Feist.

Schirmherr der internationalen Konferenz war der deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel. "Die Energiewende gehört zu den zentralen Zukunftsprojekten Deutschlands. Sie wird aber nur gelingen, wenn wir neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien auch dem Thema Energieeffizienz einen hohen Stellenwert beimessen", erklärte der Minister in einem Vorwort zum Tagungsband. Energieeffizienz, insbesondere im Gebäudebereich beim Heizen und Kühlen oder für die Bereitstellung von Warmwasser und Beleuchtung, sei die zweite Säule der Energiewende.

Um diese Kombination von Effizienz und Erneuerbaren voranzutreiben, hat das Passivhaus Institut neue Klassen der Zertifizierung entwickelt – neben dem "Passivhaus Classic" gibt es ab sofort das "Passivhaus Plus" und das "Passivhaus Premium", bei denen jeweils auch die Energiegewinne am Gebäude, etwa durch Photovoltaik auf dem Dach, nach klar definierten Kriterien berücksichtigt werden. Grundlage der Berechnung ist ein System, das Verbrauch und Erzeugung von ‘Erneuerbarer Primärenergie’ (PER, Primary Energy Renewable) wertet. Eingeführt werden diese Passivhaus-Klassen mit der neuen Version des Planungstools PHPP
(Passivhaus-Projektierungspaket), das auf der Tagung in Leipzig vorgestellt wurde.

Zu den weiteren Schwerpunkten im Vortragsprogramm zählten bereits gebaute Projekte, die beispielhaft für die Möglichkeiten bei der Umsetzung stehen. Etliche Passivhäuser in Leipzig und Umgebung wurden im direkten Anschluss an die Tagung im Rahmen von Exkursionen auch besichtigt. Vertreter der Leipziger Stadtverwaltung berichteten dabei über ihre positiven Erfahrungen etwa mit dem Bau von Schulen und Kindergärten im Passivhaus-Standard.

Über Ansätze auf europäischer Ebene ging es in Workshops zu den beiden EU-Projekten EuroPHit (energetische Sanierungen in Einzelschritten) und PassREg (Passivhaus-Regionen mit erneuerbaren Energien). Philippe Moseley von der EU-Agentur EASME betonte vor allem die Bedeutung des bewährten Passivhaus-Standards als Basis für das in der Europäischen Gebäuderichtlinie ab 2020 geforderte ‘Nearly Zero-Energy Building’ (NZEB). Im Rahmen des
EuroPHit-Projekts wurde in Leipzig auch ein "Component Award" für hochwertige Fenster für die Gebäudesanierung vergeben. Die ausgezeichneten Produkte, ebenso wie viele weitere Passivhaus-Komponenten, wurden parallel in einer begleitenden Fach-Ausstellung präsentiert.

Zum Abschluss der Internationalen Passivhaustagung wurde dann noch ein weiterer Preis vergeben – für seine wegbereitende Arbeit im Bereich des energieeffizienten Bauens erhielt der Kanadier Harold Orr den "Pioneer Award".

Gemeinsam mit einem breit aufgestellten Team erprobte der Bauingenieur bereits Ende der 70er Jahre viele Methoden, die sich inzwischen in zehntausenden Gebäuden bewährt haben: Das "Saskatchewan Conservation House" in der Stadt Regina hatte bereits eine exzellente Wärmedämmung, eine luftdichte Gebäudehülle und als eines der ersten Häuser weltweit eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Die vom Passivhaus Institut organisierte Internationale Passivhaustagung findet seit 1997 an jährlich wechselnden Orten statt. Mitveranstalter im Jahr 2015 waren die Stadt Leipzig, die Architektenkammer Sachsen und die Universität Innsbruck. Veranstaltungsort im kommenden Jahr ist Darmstadt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /