© Franz Spreitz
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Autarkes Wohnhaus - 20 Jahre Photovoltaik-Stromversorgung ohne Netzanschluss

Franz Spreitz berichtet von seinem zukunftsweisenden Haus

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Wie alles begann?

Bereits während meiner Ausbildung zum Elektrotechniker hat die Photovoltaik-Technologie mein Interesse geweckt. Im Zuge der Planung des neuen Wohnhauses für mich und meine Familie habe ich mir die Frage gestellt, ob eine autarke und nachhaltige Stromversorgung mit der Kombination von Photovoltaik, Kleinwindgenerator und effizienten Verbrauchern möglich wäre. Nach umfangreichen Berechnungen kam ich zu einem erfreulichen Ergebnis: Das kann funktionieren!

Und warum das alles?

Die Hauptgründe für diese heute noch ungewöhnliche Lösung war mein Wunsch nach einer nachhaltigen Energieversorgung und meine Begeisterung für die damals noch kaum verbreitete PV-Technologie, und nicht zuletzt das gute Gefühl, dadurch ein Stück mehr Unabhängigkeit zu erlangen. Weiters bin ich mit der Energiepolitik der Stromkonzerne in vielen Fragen nicht einverstanden (z.B. Stromproduktion mit fossilen Brennstoffen, Zukauf von Atomstrom, riesige Mengen ungenützter Abwärme aus thermischen Kraftwerken).

Das Anlagenkonzept

Die Stromversorgung besteht aus einer Photovoltaikanlage (1,3 kW) mit Laderegler, einem Kleinwindgenerator (350 W), einem 12V-Bleiakku (750 Ah) und einem Insel-Wechselrichter.
Im Haus wurde ein eigener Gleichstromkreis verlegt, um Beleuchtung (LED) und diverse elektronische Geräte zu versorgen. Der Wechselrichter wird daher nur für die größeren Verbraucher benötigt.
Bei der Planung und Installation der Anlage wurde auf eine möglichst einfache und übersichtliche Konzeption sowie auf hohe Betriebssicherheit besonderer Wert gelegt.

Energieeffizienz praktisch betrachtet

Um den Stromverbrauch in unserem Haushalt niedrig zu halten, habe ich mir folgende Fragen gestellt:
1. Welche ist die ‘passende’ Energieform für eine bestimmte Aufgabe?
2. Gibt es für eine bestimmte Aufgabe besonders effiziente Geräte?
Einige Beispiele:
- Warmwasser steht aus der thermischen Solaranlage bzw. im Winter aus der Holzheizung ausreichend zur Verfügung, daher wird die Waschmaschine direkt mit Warmwasser versorgt.
- Gespeicherte Kälte (=Eis) gibt es im Winter draußen zum Nulltarif, daher wird der Kühlschrank mit Eisflaschen gekühlt und verbraucht in den Wintermonaten keinen Strom.
- Viele Elektrogeräte ohne Netzschalter verbrauchen Strom auch wenn sie nicht in Betrieb sind – ohne den geringsten Nutzen für den Anwender. Abhilfe schaffen schaltbare Steckdosen.
- Für manche Anwendungen sind bereits sehr effiziente Geräte am Markt erhältlich (z.B. Umwälzpumpen, Haushaltsgeräte, Computer, LED-Beleuchtung), in anderen Bereichen ist noch sehr viel Entwicklungspotential vorhanden (z.B. Staubsauger, Lüftungsanlagen, Elektrowerkzeuge).
Energieeffizienz bedeutet für mich weder Sparen noch Verzicht, sondern gezielter und effizienter Einsatz der passenden Energieform für eine bestimmte Aufgabe.

Erfahrungen

Den Hauptertrag liefert die PV-Anlage, die so dimensioniert ist, dass auch in den Wintermonaten der durchschnittliche Tagesbedarf gedeckt wird. Der Windgenerator liefert besonders in den Wintermonaten gute Erträge, obwohl der Standort nicht optimal geeignet ist. In Kombination mit dem Akku kann so etwa 95% des jährlichen Strombedarfs (etwa 400 kWh) gedeckt werden.

In winterlichen Nebelzeiten, in denen manchmal wochenlang weder Wind noch ausreichend Tageslicht für die Stromproduktion zur Verfügung stehen, reicht der Energiespeicher zur Überbrückung nicht völlig aus. Pro Jahr müssen daher 20-30 kWh mit einem kleinen Benzingenerator erzeugt werden, um den Akku nachzuladen.

Erklärtes Ziel ist es, diesen Benzingenerator noch durch eine nachhaltige Lösung zu ersetzen: Umrüstung auf Ethanolbetrieb, Saisonspeicher, Thermovoltaik, Blockheizkraftwerk, Brennstoffzelle. Mögliche Ansätze gibt es dafür viele, die zur bestehenden Anlage passende einfache und auch kostengünstige Lösung habe ich bisher noch nicht gefunden. Über zweckdienliche Hinweise freue ich mich sehr!

Ein Plädoyer für den Gleichstrom

PV-Module liefern Gleichstrom, Akkus speichern Gleichstrom, elektronische Geräte und viele andere Verbraucher arbeiten mit Gleichstrom – ist die Umwandlung in Wechselstrom noch sinnvoll?

Leider sind viele Haushaltsgeräte, Elektrowerkzeuge usw. nur in Wechselstrom-Ausführung erhältlich. Für die Beleuchtung sind 12V-LED-Lampen in sehr guter Qualität am Markt, diverse 12V-Adapter und Ladegeräte für elektronische Geräte sind im Kfz-Bereich verfügbar.

Die direkte Versorgung mit Gleichstrom spart gleich doppelt Energie: Viele Gleichstrom-Verbraucher sind aus physikalischen Gründen effizienter als Wechselstrom-Geräte und die Verluste durch Energieumwandlung und Eigenverbrauch des Wechselrichters fallen weg.

Frequently Asked Questions

Rechnet sich das?
Für die Umwelt auf jeden Fall!

Und für den Betreiber? Es ist nicht möglich, alle Vorteile dieser Art der Stromversorgung mit Geldbeträgen zu bewerten: Wie viel ist Unabhängigkeit wert? Oder Nachhaltigkeit, höchste Versorgungssicherheit, Erkenntnisgewinn?

Finanziell betrachtet waren die Anlagenpreise vor 20 Jahren viel zu hoch, um mit dem Strompreis aus dem öffentlichen Netz zu konkurrieren. In den 2 Jahrzehnten sind die Preise für PV-Module aber auf ungefähr 1/6 (!!) gefallen, der Haushaltsstrompreis ist im selben Zeitraum um ca. 50% gestiegen. Die Kosten für 1kWh aus PV-Modulen beträgt heute nur mehr etwa 5ct! Die zurzeit großen Anstrengungen bei der Entwicklung von Energiespeichern (‘Elektromobilität’) werden auch hier zu weiter sinkenden Preisen führen.
Je nach Auslegung einer derartigen autarken Anlage ist es schon heute möglich, den Strompreis des öffentlichen Netzes deutlich zu unterbieten!

Würdest du das heute wieder so machen?
Auf jeden Fall, heute mehr denn je! Ich denke, dass diese Art der Stromversorgung noch stark unterschätzt wird und in Zukunft sehr an Bedeutung gewinnen wird.

Ausblick

Strom aus PV-Modulen ist schon heute viel günstiger als Strom aus dem öffentlichen Netz. Weiter sinkende Anlagenpreise, geringer Ressourcenverbrauch, zusätzlicher Strombedarf für Elektromobilität und steigendes Bewusstsein für Umweltschutz und Eigenverantwortung in der Bevölkerung werden die Verbreitung derartiger Anlagen begünstigen.

Fragen oder Kommentare bitte an: Franz Spreitz:


Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /