© hexenküche/pixabay.com
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Mission impossible - Wenn guter Wille am Recht scheitert

Stiftungsrecht: Jugend Eine Welt fordert Gesetzesänderung

Wien- Die nach der Finanzkrise verschärften Regulierungsmaßnahmen für den Finanzsektor erschweren bis verunmöglichen Projekte im Sektor des ethisches Investments.

Reinhard Heiserer, Vorsitzender des internationalen Kinder- und Jugendhilfswerks "Jugend Eine Welt" ist ob dieser Entwicklung in Sorge: ‘Hier nimmt die Regulierung überhand und hemmt das Engagement sozial orientierter Anleger. Gerade jetzt, wo wir einen Gesinnungswandel bei Menschen erleben, die nicht nur auf die Rendite schauen, ist so eine Entwicklung kontraproduktiv. Das zarte Pflänzchen soziales Investment könnte noch viel mehr Potenzial entfalten. Es zum Blühen zu bringen ist eine politische Aufgabe, die dringend eingefordert werden muss." Aktueller Anlass ist die geplante Neuauflage der 2015 auslaufenden 3,7/8% Anleihe der Don Bosco Finance GmbH. Sie entpuppte sich als attraktives Investment für institutionelle Anleger. Mit einer Stückelung zu 100.000 Euro wurden im Jahr 2012 insgesamt 6,3 Mio. Euro gezeichnet. Mit diesem Betrag wurden drei Standorte der Universidad Politécnica Salesiana (UPS) der Salesianer Don Boscos in Ecuador in Quito, Cuenca und Guayaquil ausgebaut. Eine Bildungseinrichtung für die, die weniger haben. Der Erfolg des Don Bosco Social Impact Bonds lässt sich in beeindruckenden Zahlen belegen. So stieg die Zahl der Inskribenten der UPS von 15.897 im Studienjahr 2009/2010 um mehr als 39% auf 22.113 im Zeitraum 2013/2014.

Eine wachsende Zahl nachhaltig orientierter Anleger wollen neben der ökonomischen Rendite auch einen sozialen Mehrwert erzielen, bestätigt Klaus Gabriel, Geschäftsführer von CRIC (Corporate Responsibility Interface Center, Frankfurt), der größten Plattform für ethische Investoren im deutschsprachigen Raum. ‘Don Bosco in Ecuador ist soziales Unternehmertum par excellence. Der weitere Ausbau der Universität basiert auf ökonomisch gesunden Zahlen. Die populäre Bildungseinrichtung schreibt Gewinne, doch die Darlehenszinsen in Ecuador sind hoch. Die günstige Anleihe aus Österreich war ein Meilenstein, weil die örtlichen Banken aufgrund der Konkurrenz ihre Zinssätze gesenkt haben. Eine Neuauflage der Anleihe wäre ökonomisch wie sozial sinnvoll. Doch die derzeitige Rechtslage in Österreich verunsichert die Finanzakteure. Die Gesetze werden unterschiedlich ausgelegt. Die Rechtsunsicherheit ist ein Hemmnis für ethische Finanzvorhaben wie die Don Bosco Anleihe.’

Finanzbedarf
Don Bosco sucht für den Bau und tlw. Ausstattung eines neuen, zusätzlichen Universitätsgebäudes in Ecuador mit Klassenräumen und Werkstätten auf dem bestehenden Uni-Campus in Quito Süd 5 Mio. Euro Kapital und ist dafür bereit, Investoren 1-2% Rendite bei einer Laufzeit von 5 Jahren anzubieten. Link zur Universität: www.ups.edu.ec.

Hoffnung gemeinnützige Stiftungen

Heiserer setzt große Hoffnung auf die gemeinnützigen Stiftungen als Garantiegeber, denn die österreichischen Banken wurden bei Privatfinanzierungen zögerlicher. Die derzeitigen juristischen Vorgaben beschreibt Heiserer als kaum erfüllbar: ‘Eine Bank, die eine Privatplatzierung begleitet und abwickelt, muss über jede die Bonität beeinflussende Aktivität des Emittenten immer und unmittelbar Bescheid wissen und darüber berichten können. Das ist aber in der Praxis oft nicht einmal für österreichische Unternehmen möglich und bei Auslandsprojekten noch schwieriger. Nach der Alpine-Pleite stiegen die Auflagen für uns und die Kosten. Damit wird der Nutzen den wir generieren wollten, von den Kosten aufgefressen. Wäre es Stiftungen erlaubt Garantien zu geben, kämen die Banken mit an Bord, da bin ich mir sicher.’

Stiftung als Mission Investment

Gemeinnützigen Stiftungen sollte es erlaubt sein Risiko zu tragen, so wie das in anderen Ländern schon möglich ist, fordert Heiserer. ‘Eine Stiftung sollte als ethischer Investor bereits bei der Anlage den sozialen Hebel berücksichtigen können. Ein günstiges Darlehen aus Österreich ist so ein Hebel. Manchmal ist ein Darlehen besser als eine Schenkung, weil es den Mut der Menschen unterstützt und sie auf der Ebene gleichrangiger Geschäftspartner anspricht und nicht als Beschenkte. Kurzum: Wir wollen nicht Geld schenken, wo Darlehen gefragt sind. Für unsere Investoren steht nicht der Gewinn im Vordergrund, ihnen geht es um faire Renditen, vor allem aber um mehr Chancen für die Menschen in Ecuador. Es kann doch nicht im Interesse des Gesetzgebers liegen, Impact Investments nur über ausländische Firmen oder Genossenschaften finanzieren zu müssen. Ich möchte in Österreich mit Österreichern etwas finanzieren. Transparent und einfach.’

Privatstiftungen sind keine Spendenweltmeister

Heiserer rückt auch das österreichische Selbstbild der Spender und Wohltäter zurecht, denn es beschönigt die Realität. Österreichische Privatstiftungen verwalten rund 80 bis 100 Milliarden Euro in Unternehmensbeteiligungen, Immobilien, Wertpapieren und flüssigem Kapital. Die Ausschüttungen dieser Stiftungen für wohltätige Zwecke fallen vergleichsweise mager aus. Gerade einmal 25 Millionen Euro, oder umgerechnet drei Euro pro Einwohner und Jahr werden von den Privatstiftungen ausgeschüttet. Im Gegensatz dazu spenden Privatpersonen rund 60 Euro pro Jahr und sind damit für den Großteil des Spendenaufkommens von 510 Millionen Euro in Österreich verantwortlich. Eine Unverhältnismäßigkeit, die Heiserer, kritisiert: ‘Österreich bezeichnet sich gerne als Spendenweltmeister, doch in Bezug auf Stiftungen kann dies nicht behauptet werden.’

Untersuchungen der Abteilung für Non-Profit-Management an der WU Wien zeigen, dass Stiftungen in Deutschland rund 168 Euro pro Einwohner ausschütten und damit weitaus großzügiger sind als Österreichs Stiftungen. Auch in der Schweiz liegt das Spendenaufkommen der Stiftungen mit 148 Euro weit über dem österreichischen Schnitt. Fairerweise muss gesagt werden, dass das österreichische Privatstiftungsgesetz nicht geschaffen wurde, um wohltätige Projekte zu unterstützen. Deshalb drängt Heiserer auf eine Gesetzesänderung, die philanthropischen und sozialen Zwecken mehr Raum im Stiftungswesen gibt.

Novellierung gefordert

Konkrete Forderungen an die Politik, ein zeitgemäßes, gemeinnütziges Stiftungsrecht zu schaffen, erhebt auch der Fundraising Verband Austria. Man wolle den gemeinnützigen Stiftungsstandort stärken und das gesellschaftliche Engagement der Stifter unterstützen. Die geforderten Maßnahmen bauen auf das Bundesstiftungs- und Fondsgesetz, dem Vorschlag für ein Europäisches Stiftungsrecht sowie dem Privatstiftungsgesetz auf. Um die spezielle Rolle gemeinnütziger Stiftungen zu stärken, sollten diese – analog zu den nicht gemeinnützigen Stiftungen – KESt-befreit sein. Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen sollten bis zur Höhe von zwei Mio. Euro – analog der Spendenabsetzbarkeit – über bis zu zehn Jahre verteilt absetzbar (frei wählbar) sein. Das Unmittelbarkeitserfordernis der Bundesabgabenordung (34ff BAO) entfiele bei Ausschüttungen an spendenbegünstigte Organisationen.

95% aller Privatstiftungen sind derzeit nicht gemeinnützig. Um ihnen analog zu Unternehmen und Privatpersonen Steuervorteile beim Spenden zu gewähren, sollte bei Ausschüttungen an spendenbegünstigte Einrichtungen nach § 4a Abs. 3 bis 6 EStG jene KESt, die auf die Ausschüttung an spendenbegünstige Organisationen entfallen würde, von der Zwischensteuer abgezogen werden können.

Links:
- http://www.jugendeinewelt.at/pk-usp-ecuador-dez-2014.0.html

- http://www.jugendeinewelt.at/fairesgeld.0.html


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /