© Machado / pixabay.com
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EU rügt Islands Walfang

Mit einer Demarche löst sich die EU aus diplomatischer Warteschleife – die Schweiz unterzeichnet die Demarche nicht

ädenswil/München/Portoroz - OceanCare und Pro Wildlife begrüssen eine gemeinsame Demarche der 28 EU-Mitgliedsstaaten sowie Australien, Brasilien, Israel, Monaco, Neuseeland und den USA, die Islands kommerziellen Walfang und den Export von tausenden Tonnen Walfleisch nach Japan verurteilt: ‘Fünf lange Jahre hat die EU zu Islands Walfang geschwiegen, endlich findet sie scharfe Worte’, so Dr. Sandra Altherr, Sprecherin der Artenschutzorganisation Pro Wildlife. ‘Eine Demarche ist wichtig, aber für die heute in Slowenien beginnende Tagung der Internationalen Walfangkommission hätte es auch eine Resolution gebraucht’. Mehr als 1.000 Finn- und Zwergwale hat Island seit 2003 getötet, eine offizielle Stellungnahme durch die IWC als der zuständigen Konvention steht seither jedoch aus. Die Demarche wird von der Schweiz nicht mitgetragen.

Islands eskalierender Walfang
Aus Angst vor internationalen Boykottaktionen setzte Island zwischen 1990 und 2002 den Walfang aus. Seit 2003 betreibt Island ganz offiziell wieder Waljagd, die eigenmächtig gesetzte Jahresquote beträgt aktuell 154 Finn- und 229 Zwergwale. Seither wurden 5.000 Tonnen Walfleisch nach Japan exportiert. Damit untergräbt Island sowohl das Moratorium der Internationalen Walfangkommission (IWC) als auch das weltweite Handelsverbot durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (engl. CITES). ‘Über 100 bedrohte Finnwale wurden seit Anfang Juni in Island getötet – und die Saison ist noch nicht zu Ende’, berichtet die Pro Wildlife Sprecherin. ‘Finnwale sind auf der Internationalen Roten Liste als bedroht eingestuft, die Jagd auf diese Tiere ist ein Skandal.’

Die Demarche ist gut, aber nicht genug
Mit Blick auf die schleppenden EU-Beitrittsverhandlungen verzichtete die EU seit Jahren auf diplomatische Schritte gegen Island – trotz der steigenden Fangzahlen und der Rekordexporte. ‘Da Wale in EU-Gewässern streng geschützt sind, hätte ein EU-Beitritt den Walfang in Island wohl beendet. Erst nachdem Island die Beitrittsverhandlungen im Frühjahr 2014 stoppte, konnte man sich jetzt zu einer Demarche durchringen’, erläutert die Pro Wildlife Sprecherin. Altherr bezeichnet die aktuelle Demarche angesichts über 500 getöteter bedrohter Finnwale als wichtig und überfällig, betont jedoch gleichzeitig: ‘Weil für die heute beginnende Walfangtagung keine Resolution zu Island eingereicht wurde, ist Islands Jagd auch kein offizieller Agenda-Punkt – und somit scheut sich die IWC als das zuständige internationale Gremium seit nunmehr elf Jahren vor einer offiziellen Verurteilung.’ Auch Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare, zeigt sich enttäuscht, dass Islands Walfang an der IWC kein Thema zu sein scheint: ‘Es ist enttäuschend, dass die Schweiz die Demarche nicht mitunterzeichnet hat, weil ein diplomatisches Zeichen gegen Islands Walfang gerade jetzt sehr wichtig gewesen wäre.’

Ein einziger Mann steht hinter der Jagd auf Finnwale
Während Islands Regierung die Zwergwaljagd als Nebenerwerb für Fischer genehmigt, hält der Millionär und politisch einflussreiche Geschäftsmann Kristján Loftsson das Monopol für die Finnwaljagd inne. Seine Firma Hvalur hf ist Inhaber der vier einzigen Walfangschiffe, er selbst ist nicht nur Islands einziger Finnwaljäger, sondern auch Fischereiunternehmer und offizielles Mitglied der isländischen Delegation auf der Walfangtagung. ‘Es ist eine Schande, wie sich der Inselstaat für die Interessen eines einzelnen Mannes ins politische Abseits stellt – zumal die Jagd mit dem in Island boomenden Waltourismus kollidiert’, so Altherr. Einer aktuellen Studie zu Islands Tourismus zufolge nutzt jeder dritte Islandbesucher im Sommer die Gelegenheit, an einer Whale Watching Tour mitzumachen. Allein 2013 waren dies über 200.000 Menschen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /